Geesthacht. Hobby-Autor Thomas Clemens aus Geesthacht präsentiert historischen Krimi „Tod am Wasserturm“ – Nervenkitzel mit viel Lokalkolorit.
Thomas Clemens hat schon fünf Romane geschrieben, aber nun steht sein erster Krimi an. Sein Werk „Tod am Wasserturm“ führt zurück ins schillernde und gefährliche Leben der 1920-Jahre. Es liegt thematisch in der Nachbarschaft von Babylon Berlin, der hochgelobten verfilmten Romanreihe nach den Büchern von Volker Kutscher, nur spielt dieses Werk nicht in der Hauptstadt, sondern mitten in Geesthacht.
Die packenden Szenarien, die wechselnden Schauplätze in der Stadt, die bei ihm wieder lebendig werden, sind authentisch. Meistens jedenfalls. „Mein Buch ist kein Sachbuch. Es ist ein Roman, er soll die Leser mitnehmen in die 20er-Jahre, wie sie in Geesthacht waren“, sagt der Geesthachter Autor.
„Tod am Wasserturm“: Krimi-Debüt eines Geesthachter Autoren
So skizziert er lokale Bilder aus einer dramatischen Zeit: Die Sümpel-Gang aus der Hegebergstraße, die sich fortdauernd Scharmützel liefert mit den Leuten vom Katzberg, wilde Tanzvergnügen im Hotel Alte Post, ein faschistischer Ex-Offizier, der vom Staatsstreich träumt und einen Kriegsheimkehrer auf die Seite seiner umstürzlerischen Bewegung ziehen will. Und eine Leiche, die im Wonnemonat Mai schrecklich zugerichtet an einem Strick vom Wasserturm in Krümmel baumelt.
Leseprobe gefällig? „Schilde läuft über den Marktplatz vorbei zum alten Pastorat, welches die Gemeinde wenige Jahre zuvor von der Kirche übernommen hat. Jetzt befinden sich in dem schmucken Reetdachhaus das Polizeirevier und Teile der Gemeindeverwaltung. In der Wachstube hebt er sofort den Telefonhörer ans Ohr und dreht die Kurbel. ,Polizeiwache Geesthacht, leitender Oberwachtmeister Schilde!‘, brüllt er in den Hörer, als sich die Vermittlung meldet. ,Ich brauche eine Verbindung zur Dynamit-Aktien-Gesellschaft in Krümmel!‘“.
Heinrich Schilde will einen Mord melden. Die Schwierigkeiten bei den Ermittlungen damals: Krümmel ist preußisch, die Geesthachter Polizeiwache hamburgisch. Schließlich rauft sich ein Ermittlerduo länderübergreifend zusammen.
Klatschtante Ottilie weiß, wer der Mörder gewesen sein muss
Thomas Clemens stammt aus Geesthacht. „Ich bin 1961 im Schatten von St. Salvatoris aufgewachsen“, sagt er. Das Schreiben ist seit 2008 ein ambitioniertes Hobby, beruflich ist er Ingenieur. Als Mitglied im örtlichen Heimatbund und Geschichtsverein weiß er, was er zu Papier bringt. Seine Motivation beim Schreiben: eine lebendige, spannende Geschichte in eine zurückliegende, sorgfältig recherchierte Epoche einzubetten. So spielen seine Romane immer in der Vergangenheit, wie unter anderem der Roman „Glaszeit“ sowie seine Fortsetzung „Nobeler Zündstoff“, die die Jahre 1850 und 1866 in Geesthacht thematisieren.
Für reichlich Lokalkolorit sorgen originelle Typen wie Klatschtante Ottilie, die nur zu schnell weiß, wer der Mörder gewesen sein muss und auf Plattdeutsch schludert, sowie viele Details zum politischen Hintergrundgeschehen aus der damaligen Zeit. So spielt eine Rolle, dass das Dynamitwerk in Krümmel – das ist verbürgt – einen Auftrag bekommen hat zum Entschärfen von Minen aus der Nordsee. Das dabei anfallende Pulver will Romanfigur Alfred von Reichenberg in die Finger bekommen, um seine paramilitärische Einheit auszurüsten.
Auf den Tanzvergnügen im Hotel Zur Post ging es wild zu
Thomas Clemens hat sich für den Roman einen Stadtplan gezeichnet vom Geesthachter Ortskern, so wie der ausgesehen haben muss zur Zeit seines Romanes. Die Polizeiwache mit Oberwachtmeister Schilde – eine ausgedachte Figur – war damals dort, wo heute die blaue Torskulptur beim Stadtpark steht. Die Polizisten hatten damals noch Karabiner, sahen eher wie Soldaten aus.
Ihren Auftritt unter anderem haben das Café Lohmeyer mit seinem Klavier, die Waldschänke in der Großen Bergstraße, das Fährhaus Ziehl, wo Ausflügler an Land gehen, das Edmundsthal und auch die Gaststätte Zur Post mit den Tanzvergnügen, die alle nicht mehr existieren. „Hier ging es wohl wilder zu als woanders“, hat Thomas Clemens über die Tanzabende erfahren. Über die Musik der Tanzbands kann er nur spekulieren. Vermutlich Polka und Walzer.. Jazz oder auch der aufkommende Tango eher noch nicht.
Recherche im Polizeimuseum und mit alten Ansichtskarten
Die Informationen hat er aus verschiedenen Quellen, zusammengetragen von dem, was Ältere mündlich überliefert haben, aus Sachbüchern und Internet-Recherche. Thomas Clemens stattete dem Polizeimuseum in Hamburg einen Besuch ab und befragte andere Experten. Enorm wichtig waren die Ansichten der historischen Postkarten. Viele hohe Gebäude gab es nicht. Beim Blick von den Heidbergen fielen als Erstes die hohen Schornsteine der Fabriken auf und die Buntenskampschule.
So ist vieles authentisch, und da, wo er nicht weiterkam, manches auch Fiktion. Aber nicht komplett frei erfunden. Es ist eine Wirklichkeit so, wie sie gewesen sein könnte. Ob Direktor Roewer von der Dynamitfabrik wirklich einen kolossalen Mercedes-Benz 28/60 mit 7,2 Litern Hubraum als Dientswagen hatte, ist nicht verbürgt. „Den habe ich ihm angedichtet. Von seiner gesellschaftlichen Stellung her hätte er einen haben können“, meint Thomas Clemens.
Elektrizität nur für die großen Fabriken – in den Haushalten leuchteten Petroleumlampen
Als Ingenieur hat Thomas Clemens ein besonders Auge für die technischen Gegebenheiten. So ist ein Kommissar aus Hamburg ein früher Autoliebhaber, er fährt liebend gern im Opel vor. „Wenn mal ein Auto durch die Geesthachter Straßen fuhr, dürften alle hinterhergeschaut haben“, vermutet Thomas Clemens. Zum Ortsbild gehörten eher Pferdefuhrwerke.
Auch Elektrizität für alle gab es noch nicht im Jahr 1920. Nur die großen Fabriken hatten Werke für sich gebaut, der Strom wurde für die Produktion erzeugt. Ein Netz für die Haushalte gab es erst ab 1922. Bis dahin wurden die Straßen von Gaslaternen erleuchtet, in den Häusern brannten noch Petroleumlampen, der Herd wurde zum Teil mit Torf befeuert.
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Der Roman hat 211 Seiten, wird Ende April – auch als E-Book – im Tredition Verlag erscheinen. Der Preis steht noch nicht fest, er dürfte bei etwa 15 Euro liegen. Thomas Clemens strebt an, das Taschenbuch über Buchhandlungen vor Ort zu vertreiben. Die bisherigen Romane verkauften sich jeweils im dreistelligen Bereich.
Wer den Autor persönlich erleben möchte: Am Sonntag, 7. April, liest er in Tespe im Atelier M.M. (Alter Schützenplatz 34) aus seinem Romanerstling „Abgesprungen“. Beginn ist um 15 Uhr, der Eintritt ist frei.