Hamburg. Vom 19. April an werden die Schleusentore von Harburg aus bedient. Der geplante Probebetrieb stellt Wassersportbetriebe vor Probleme.

Die Zeit der Schleusenwärter wird in Tatenberg bald Geschichte sein: Hamburg Port Authority (HPA, ehemals Strom- und Hafenbau) will die Tatenberger Schleuse künftig von der Leitzentrale in Harburg aus fernbedienen – rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. Vor Beginn des 24/7-Betriebs am 19. April startet am Montag, 1. April, 8 Uhr, ein Probebetrieb. Doch der stellt Anlieger an der Dove-Elbe wie die BVH Bootsvermietung Hamburg vor Probleme.

Vom 19. April, 14 Uhr, an soll es feste Schleusenzeiten geben: zu jeder vollen Stunde in Richtung Stromelbe und zu jeder halben Stunde in Richtung Dove-Elbe. Sonderschleusungen sollen dann nicht mehr angeboten werden. „Dass es Tag und Nacht stündliche Schleusungen in jede Fahrtrichtung geben soll, finden wir Anlieger natürlich super“, sagt Andreas Gabriel (50), der mit seiner Frau Silke (45) die BVH Bootsvermietung Hamburg am Moorfleeter Deich 312 betreibt. „Es kommt immer mal vor, dass der Mieter eines Bootes ein Problem hat und wir dann durch die Schleuse zu ihm ausrücken müssen. Künftig können wir das dann jederzeit machen, ohne eine Sonderschleusung anmelden zu müssen“, sagt der 50-Jährige. Auch abendliche Fahrten zu Events wie dem Hafengeburtstag seien durch die Umstellung der Technik einfacher zu händeln.

Hafen Hamburg: Zeit der Schleusenwärter in Tatenberg ist Geschichte

Während des Probebetriebs sind noch Schleusenwärter vor Ort, um „um bei Bedarf zu unterstützen und direkt mit den Nutzern zu kommunizieren“, teilt HPA mit. Vom 19. April an wird das Schleusenwärterhäuschen dann nur noch selten besetzt sein. „Anlassbezogen werden auch im Sommer, wenn besonders viel Betrieb in der Schleuse ist, Schleusenwärter in Tatenberg im Einsatz sein“, sagt HPA-Sprecher Ullrich Kerz und fügt hinzu: „Schließlich sind ja nicht alle Nutzer der Schleuse erfahrene Skipper.“

Fachkräftemangel sei der Grund für die technische Umstellung, berichtet Kerz: „Die Schleusenwärter aus Tatenberg bleiben im Unternehmen. Sie werden künftig aber mehrere Schleusen gleichzeitig steuern, von den Leitzentralen aus.“ Von dort aus hätten sie das Geschehen in und vor den Schleusen per Videoüberwachung auf Monitoren im Blick. Sämtliche Schleusentore würden ferngesteuert geöffnet und geschlossen. Die Schleusenwärter bedienen auch weitere bewegliche Bauwerke von HPA, etwa Sperrwerke und Brücken.

Weit mehr als 1000 kleine und große Boote liegen an Ufern der Dove-Elbe

Eine Schleusung dauert, je nach Wasserstand und Anzahl der Boote, 15 bis 30 Minuten, berichtet das Ehepaar Gabriel, das 14 Motorboote und ein komfortables Tretboot zur Vermietung anbietet. Insgesamt liegen in den Häfen in der Dove-Elbe weit mehr als 100 kleine und große Boote.

Andreas und Silke Gabriel, Betreiber der BVH Bootsvermietung am Moorfleeter Deich 312, sehen ihr Unternehmen durch den Probebetrieb an der Schleuse eingeschränkt.
Andreas und Silke Gabriel, Betreiber der BVH Bootsvermietung am Moorfleeter Deich 312, sehen ihr Unternehmen durch den Probebetrieb an der Schleuse eingeschränkt. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Problematisch sei der knapp dreiwöchige Probebetrieb per Fernsteuerung, berichtet das Ehepaar Gabriel: Montags bis freitags sollte in diesem Zeitraum nur von 7 bis 14 Uhr geschleust werden, anders als es der Sommerfahrplan vorsah, der bisher ab dem 1. April galt und Schleusungen bis 19.30 Uhr ermöglichte. „Sofern Sonderschleusungen möglich sind, kostet jede Durchfahrt 24 Euro“, sagt Silke Gabriel. Weil die Gabriels und andere Anlieger – dort gibt es Bootservices, Vereine, Liegeplatzvermietungen und Werften – HPA auf ihre Probleme mit diesen Sonderregelungen hingewiesen haben, wurden die Schleusenzeiten für den Probebetrieb mehrfach aktualisiert – zuletzt am 27. März.

Durchgehende Nutzung der Schleuse an Werktagen auf 16 Uhr verlängert

HPA verlängerte die durchgehende Nutzung der Schleuse zur Freude der Anlieger auf 16 Uhr. Das Unternehmen bietet außerdem jeweils eine Bedarfsschleusung in beide Richtungen um 18 Uhr an und verlangt dafür kein Geld. Schleusungen in der Zeit nach 18 Uhr müssen spätestens bis 16 Uhr angemeldet werden – und sind kostenpflichtig. Zwischen 16 und 18 Uhr sind keine Sonderschleusungen möglich. Sonnabends, sonntags und feiertags ermöglichen Schleusenwärter während des Probebetriebs die Durchfahrt zwischen 8 und 18 Uhr.

Wenn die Gabriels Boote für einen Nachmittag oder Tag vermieten, kommen nun schnell 24 oder auch 48 Euro Gebühren hinzu. Die Mieter der Boote müssen das Entgelt per Handy von Bord aus zahlen. Barzahlungen an der Schleuse, wie es sie früher gab, sind nicht mehr möglich. „Der Freizeitskipper muss sich im Zweifelsfall darüber im Internet informieren. Das Infoschild oben an der Schleuse ist vom Boot aus nicht zu lesen“, sagt Andreas Gabriel.

Mieter abgeschreckt: Stornierungen bei gebuchten Charter-Terminen

„Das schreckt natürlich stark ab und führt nun bei den bereits gebuchten Charter-Terminen zu Stornierungen“, sagt Andreas Gabriel. Weil die Anmeldungen für Sonderschleusungen mindestens zwei Stunden Vorlauf brauchen, könne das Paar unter der Woche kurzfristige Buchungsanfragen nur noch bis etwa 11.30 Uhr annehmen. „Wer sich danach bei uns meldet, kann an dem Tag nicht mehr auf die Stromelbe fahren“, sagt Silke Gabriel.

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Ein weiteres Problem seien die Fahrstunden, die Kunden im Rahmen des Sportbootführerscheins nehmen, berichtet Andreas Gabriel: „Wir haben während des Probebetriebs an der Schleuse unter der Woche nachmittags viele Termine für Skippertrainings. Die Schleusung und die Fahrt durch den Hamburger Hafen sind ein wichtiger Teil der Ausbildung, deshalb kann nicht nur auf der Dove-Elbe trainiert werden.“ Auf den Mehrkosten, die nun durch die Gebühren für die Sonderschleusungen entstehen, bleibe das Ehepaar sitzen. „Viele Termine lassen sich nicht verschieben und sind schon vor Monaten abgesprochen worden. Den Kunden können wir nun nicht die Mehrkosten aufs Auge drücken.“

Seit mehr als 70 Jahren sind Schleusenwärter in Tatenberg im Einsatz

Zwischen 1950 und 1952 erfolgte die Abdämmung der Dove-Elbe mittels Schleusen-Neubau und Deichsiel. Seit dieser Zeit erfolgt der Betrieb der Tatenberger Schleuse mit Personal vor Ort. Als Zukunftsstrategie führt die HPA bereits seit mehreren Jahren die Fernbedienung von beweglichen Infrastrukturanlagen ein. Die Leitzentralen sind Tag und Nacht besetzt. Nach der Umrüstung der Schleuse in Tatenberg würden alle drei Stauschleusen der HPA zentral aus Harburg fernbedient, teilt das Unternehmen mit.