Lauenburg. Seit dem Einbau sind die absenkbaren Sperren ständig kaputt. Die Kosten wachsen der Stadt über den Kopf. Gibt es eine Alternative?

Wat den einen sin Uhl is den annern sin Nachtigall, sagt der Volksmund. So etwa könnte man die Stimmung der Lauenburger Altstadtbewohner zusammenfassen, als im September 2014 die beiden versenkbaren Poller in der Elbstraße installiert wurden. Zwischen Ruferplatz und Elbschifffahrtsmuseum werden diese für weniger Autoverkehr und somit eine attraktivere Altstadt sorgen, sagten die einen. Der Einbau schrecke Kunden ab und schade somit den Geschäftsleuten entlang der Elbstraße, meinten die anderen.

Was damals beide Seiten nicht ahnten: Eine Pannenserie sorgt von Anfang an dafür, dass selten beide Poller gleichzeitig über einen längeren Zeitraum in Betrieb sind. Die Technik ist so empfindlich, dass die Reparaturkosten mittlerweile den Preis für die Anschaffung der Anlage bei Weitem übersteigen. Abgesehen davon, dass die Elbstraße jedes Mal für mehrere Stunden gesperrt werden muss, wenn die Mechaniker anrücken.

Bauamtsleiter: „Die Poller sind keine Erfolgsstory“

2013 war Christian Asboe Teamleiter im Bauamt der Stadt und mitverantwortlich für die Umsetzung des politischen Beschlusses, die Poller in der Elbstraße zu installieren. Dem Einbau gingen lange Abstimmungsrunden mit dem Denkmalschutz und der Verkehrsbehörde des Kreises voraus, die schließlich den Einsatz der Poller anordnete. Diese Verfügung war zuvor von der Stadtvertretung beantragt worden – und zwar auf Initiative des Arbeitskreises Altstadt Lauenburg (AAL).

Zehn Jahre später muss Christian Asboe, mittlerweile Leiter des Bauamtes, resümieren: „Die Poller sind keine Erfolgsstory.“ Während der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses hatten Anwohner nachgefragt, was es mit den Gerüchten auf sich habe, die Poller würden ersatzlos abgebaut. Doch da konnte der Bauamtsleiter beruhigen. Die Stadt werde die Poller nicht entfernen, ohne eine Alternative gefunden zu haben. Außerdem würden die Altstadtbewohner in alle Überlegungen einbezogen, versicherte er.

Christian Asboe, damals Teamleiter der Bauverwaltung Lauenburg, mit der Bürgerinformation vom März 2013 zum bevorstehenden Einbau der Poller.
Christian Asboe, damals Teamleiter der Bauverwaltung Lauenburg, mit der Bürgerinformation vom März 2013 zum bevorstehenden Einbau der Poller. © Anne Passow

Anwohner sollen in Überlegungen einbezogen werden

Klar wurde allerdings auch: So wie in den vergangenen zehn Jahren kann es nicht weitergehen. Rund 60.000 Euro hatte der Einbau der Anlage insgesamt gekostet. Doch die Poller-Lösung kommt die Stadt vor allem im Nachhinein teuer zu stehen. „Wir müssen jährlich 5000 bis 10.000 Euro für die Reparatur ausgeben. Die Summe ist hoch genug, um über Alternativen nachzudenken“, sagt Asboe. Derzeit ist der Poller auf Höhe des Elbschifffahrtsmuseums sogar ganz ausgebaut. Im Haushaltsentwurf für dieses Jahr sind 20.000 Euro für die Ersatzbeschaffung veranschlagt.

Der Anspruch, die Anwohner in die Überlegungen einzubeziehen, spricht für den Willen der Verwaltung, eine für alle tragfähige Lösung zu finden. Es ist allerdings kaum anzunehmen, dass es inzwischen eine einheitliche Interessenlage in dieser Frage gibt. Im November 2012 beschloss die Stadtvertretung, den Durchgangsverkehr in der Elbstraße durch versenkbare Poller einzudämmen. Die Befürworter unter den Bewohnern jubelten, die Kritiker monierten, sie seien nicht gehört worden.

Im Februar 2008 demonstrierte der Arbeitskreis Altstadt Lauenburg (AAL) für eine Verkehrsberuhigung in der Altstadt.
Im Februar 2008 demonstrierte der Arbeitskreis Altstadt Lauenburg (AAL) für eine Verkehrsberuhigung in der Altstadt. © fotovzgbzgh

Pleiten, Pech und Pannen von Anfang an

Doch lange sollten sich die Befürworter der Poller nicht an ihrem Erfolg freuen können. Insbesondere am Anfang war die Anlage mehr defekt als in Betrieb. Die Pannenserie begann schon vor der Inbetriebnahme. Erst spielte das Wetter nicht mit, dann bremste das Hochwasser im Juni 2013 das Vorhaben aus, und schließlich verhinderte ein Arbeitsunfall den Fortgang der Arbeiten. Als die Poller dann endlich eingebaut waren, ließen sie sich manchmal nicht absenken. Sei es, weil der Fahrzeugführer keinen Transponder mit sich führte, sei es, dass die Technik versagte. Mal steckte der Altstadtbus fest, mal kam der Rettungsdienst nicht zu einer betagten Patientin, die lebensbedrohlich erkrankt war.

Poller-Start im September 2014 mit Anlaufschwierigkeiten: Der Bus kommt nicht weiter. Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung muss den Poller manuell absenken.
Poller-Start im September 2014 mit Anlaufschwierigkeiten: Der Bus kommt nicht weiter. Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung muss den Poller manuell absenken. © BGZ

Doch nicht immer ist die Technik schuld, wenn die Poller streiken. Bereits mehrmals wurden die Poller angefahren und so außer Gefecht gesetzt. So mancher „Spaßvogel“ versuchte in der Vergangenheit, sich auf dem Poller sitzend nach oben fahren zu lassen. Das ist regelmäßig zu viel für die empfindliche Technik. Die Verursacher solcher Defekte werden fast nie geschnappt, sodass die Stadt auch in diesen Fällen auf den Kosten sitzen bleibt.

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Absenkbare Poller fast überall ein Kostengrab

Nun könnte man meinen, dass sich in den vergangenen Jahren die Technik der absenkbaren Poller entscheidend weiterentwickelt hätte. Doch das ist offensichtlich nicht der Fall. Auch in Lauenburgs Nachbarstadt Geesthacht sorgen die absenkbaren Poller immer wieder für Ärger. Seit Kurzem ist die Anlage in der Hafencity defekt. Auch hier war eine der elektronischen Absperranlagen vermutlich angefahren worden. In Hamburg hat die versenkbare Pollersperre am Stadtpark innerhalb von acht Jahren 100.000 Euro Kosten für Wartung und Reparatur verursacht – und war mehr als die Hälfte der Zeit außer Betrieb. Die Poller im Hamburger Stadtpark haben es 2022 übrigens ins Schwarzbuch der Steuerzahler geschafft.

Die Entscheidung, sich in Lauenburg von den teuren Pollern zu trennen, wäre nur der erste Schritt. Die Suche nach einer Alternative aber der entscheidende. Im zuständigen Hamburger Bezirksamt denkt man mittlerweile darüber nach, die Poller am Stadtpark durch eine von Hand zu bedienende Schranke zu ersetzen. Das dürfte in der Lauenburger Altstadt wohl kaum auf Begeisterung bei den Denkmalschützern stoßen. In der Stadtverwaltung grübelt man daher über eine tragfähige Lösung nach.

„Wir sind noch lange nicht am Ende mit unseren Überlegungen. Daher ist aktuell auch nicht geplant, die Poller auszubauen“, versichert Bauamtsleiter Asboe. Möglicherweise kommt in diesem Zusammenhang ein Vorschlag der Pollergegner von vor zehn Jahren wieder auf den Tisch: Sie hatten vorgeschlagen, die Durchfahrt durch die Elbstraße mittels einer Ampel und einer langen Rotphase zu regeln.