Geesthacht. Dampfschiffe und Ansichtskarten: Ausstellung über ein Jahrhundert Tourismus und was der Ort damals den Sommerfrischlern bot
Geesthacht ein Erholungs- und Luftkurort? Tatsächlich war die heutige Stadt zu Beginn des letzten Jahrhunderts ein beliebtes Ausflugs- und Reiseziel für Touristen aus dem Hamburger Raum.
Gemeinsam mit dem Stadt- und Kulturmanagement hat der Heimatbund eine Ausstellung zusammengestellt, die sich dem Thema widmet. „Hier ist es herrlich... Wald-Wasser-Heide-Berge. Über 100 Jahre Tourismus in Geesthacht“ ist von Freitag, 15. März, bis zum 18. Mai im Geesthacht-Museum im Krügerschen Haus zu sehen (Bergedorfer Straße 28) und gehört in die Veranstaltungsreihe zum 100-jährigen Stadtjubiläum, das Geesthacht in diesem Jahr feiert.
Tourismus: Als Geesthacht noch ein selbsternannter Luftkurort war
„Geesthacht ist ein hamburgisches Dorf mit 4000 Einwohnern. Glasfabrik. Korbmacherei. Prachtvolle Waldungen. Grossartige Heilanstalt für Lungenkranke, erbaut 1898. 2mal tägl. Omnibus-Verbindung [...] An der Landstrasse nach Lauenburg, dicht am Ort, liegt der „Runde Berg“, von welchem man eine Aussicht bis zu Thürmen Hamburgs hinüber hat. Lüneburg mit seinen Thürmen und die alte Feste Bardowick mit dem Dome sind deutlich erkennbar. Oestlich vom Orte sind Waldungen, zum Theil mit schönen Durchblicken nach dem Elbthal, durch welche man nach dem lauenburgischen Orte Krümmel (Dynamitfabrik) kommt, dann nach dem Dorfe Tesperhude (Gasthaus), hübsch gelegen in einer Schlucht.“
Diese nicht ganz aktuelle Beschreibung – der Runde Berg liegt inzwischen in der Stadt – ist ein Auszug einer Wanderung von Bergedorf über Geesthacht nach Lauenburg in „Richter‘s Hundert Ausflüge in Hamburgs Umgegend“. Herausgegeben wurde es bereits 1899 als 11. Auflage in der königlichen Hofbuchhandlung. Heute gehört es Hermann Scharping, dem Gründungs- und Ehrenmitglied der AG Geesthachter Eisenbahn, und stammt aus dem Nachlass seiner Großmutter Anna Behrens. Die wohnte in Hamburg-Rahlstedt und hat offenbar Tagesausflüge gemocht. Denn auch das fast ebenso alte „Hamburger Wanderbuch. Holstein–Lauenburg“ hat Hermann Scharping geerbt.
Tourismus: Geesthacht lockt Wochenendausflügler
Es zeigt den Stellenwert des Tourismus nach der einsetzenden Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts. „Mit der Industrialisierung und der deutschlandweiten Einführung der Versammlungsfreiheit wurde der arbeitenden Bevölkerung mehr Erholungszeit zugesprochen“, sagt Helmut Knust, der Vorsitzende vom Heimatbund und Geschichtsverein Geesthacht. Das, was wir heute als Freizeit kennen, war geboren. Geesthacht war dabei ein beliebtes Ausflugs- und Reiseziel.
Die meisten kommen mit dem Dampfschiff
Der überwiegende Teil der Besucher kam früher mit dem Dampfschiff von den Landungsbrücken bis Geesthacht oder das erst 1942 eingemeindete Tesperhude. „Das war ein richtiger Boom“, weiß Helmut Knust. Das ging soweit, dass Geesthacht auf Postkarten mit dem Titel „Luftkurort“ um Gäste warb. Heute ist dafür ein teures Gutachten nötig, um zu zeigen, dass Luft und Klima vor Ort für Erholung und Gesundheit förderlich sind.
Mit den Touristen entstanden in der Region auch große Ausflugslokale, die Restaurants mit Hotels verbanden. „Die Gäste kamen für einen Tagesausflug oder blieben auch für mehrere Tage“, so Helmut Knust. Ein weiteres Element, das den Tourismus in jener Zeit begünstigte, war das Aufkommen des neuen Massenmediums Ansichtskarte. Mehr als 3000 historische Ansichtskarten hat der Geesthachter Geschichtsverein in seinem Fundus. Aber auch Hermann Scharping hat einige bemerkenswerte Exemplare.
Der erste Raddampfer fuhr 1861
Der erste Lauenburger Dampfer der Reederei Gebr. Burmester fuhr am 30. Juli 1861 nach Hamburg. In den darauffolgenden Jahren entwickelte sich ein reger Verkehr. Sogenannte Sommerfrischler kamen in Scharen, um sich von der Arbeit in der Großstadt zu erholen. Genau ein Jahrhundert später fuhr der letzte Dampfer, und eine Ära ging zu Ende.
Damit Personen von außerhalb gerne anreisen, brauchte es derweil Info-Material über die Stadt und ihre nähere Umgebung. So werden in den „Hundert Ausflügen in Hamburgs Umgegend“ auch Aspekte aufgeführt, die in heutigen Reiseführern nicht fehlen dürfen: Entfernungen, Gasthöfe, Busverbindungen.
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Das „historische Geesthacht“ warb unter anderem mit Souvenirs wie mit Tellern, Ansteckern und Vasen. Sie sind in der Ausstellung zu sehen, genauso wie historische Flyer und Wanderkarten. Zudem können Ausstellungsbesucher sich auf 30 Informationstafeln, historische Filmaufnahmen und Ansichtskarten, Ölgemälde und Werbedias freuen.
Geöffnet ist das Geesthacht-Museum Montag, Donnerstag, Freitag und Sonnabend von 10 bis 12.30 Uhr sowie von 13.30 bis 16 Uhr. Sonntags sind Gäste von 11 bis 15 Uhr willkommen. Der Eintritt ist frei. Am Donnerstag, 11. April, hält Helmut Knust zudem noch einen Vortrag zum Thema „Tourismus in Geesthacht“.