Ratzeburg. Fünf Tage werden Autokraft und Co. kommende Woche in Schleswig-Holstein bestreikt. Der Ton im Tarifkonflikt wird immer rauer.
Für die kommende Woche ruft die Gewerkschaft Ver.di alle Angestellten privater Busunternehmen in Schleswig-Holstein zu einem neuen Warnstreik auf – von Montagmorgen bis Freitag zum Betriebsschluss. Dazu zählt auch die Autokraft, Tochter der Deutschen Bahn AG, nicht aber die VHH. Neben der Weigerung des Omnibusverbandes Nord (OVN), auf Ver.di-Forderungen nach Arbeitszeitverkürzungen für Schichtarbeiter und Lohnerhöhungen adäquat zu reagieren, haben Äußerungen von OVN-Geschäftsführer Joachim Schack für zusätzliche Brisanz gesorgt. Etwa die, für Inflationsausgleich böten die langfristigen Verträge der Busunternehmen keinerlei Spielraum. Unterdessen stellt der Kreis Herzogtum Lauenburg während des Streiks die Zahlungen an die Busunternehmen ein.
Schack hat mit seinen Äußerungen Öl ins Feuer gegossen. Mit seiner Forderung, Ver.di solle nicht reflexartig alte Positionen wiederholen, ebenso wie mit der Äußerung, die Gewerkschaft solle erkennen, dass sie mit ihren Streiks immer die Falschen treffe, vor allem Berufspendler sowie Schülerinnen und Schüler. Der Ärger der Streikenden wird immer größer: „Wenn wir nur fordern, was uns Unternehmen und Auftraggeber freiwillig zugestehen wollen, müssen wir Busfahrer bald alle zum Sozialamt“, so jüngst ein wütender Fahrer in Hamburg.
Busfahrer streiken – Kreis stellt Zahlung an Unternehmen ein
Wachsender Ärger wie auch die Erkenntnis, dass der Druck auf die Busunternehmen bislang nicht reicht, ein Umdenken zu erzwingen, hat Ver.di veranlasst, eine neue Forderung zu erheben. Nicht an die Unternehmen – sondern an Kreise und Städte als Auftraggeber für öffentlichen Busverkehr.
Die sollen, so die Forderung, für die Streikwoche die Buslinien bei den jeweils bestreikten Unternehmen abbestellen. Und die Zahlungen dafür einstellen. Um zu verhindern, dass die Firmen vom Streik sogar profitierten. „Bislang machen die Arbeitgeber an den Tagen Gewinne – zu Lasten der Fahrgäste und der Steuerzahler. Für die Unternehmen fallen am Streiktag die Vergütungszahlungen und Betriebskosten aus,“ so Ver.di Nord auf seiner Homepage.
Ver.di fordert im Tarifkonflikt der Busfahrer: Eskalation der Arbeitgeber stoppen
„Die Arbeitgeber haben sich und die Fahrgäste erst mit einem disqualifizierenden Angebot und dann mit Äußerungen in der Öffentlichkeit in diese prekäre Lage gebracht“, kritisiert Frank Schischefsky, Sprecher von Ver.di Nord. „Jetzt sitzen sie die Situation gemütlich mit den Zahlungen der Kreise und Kommunen aus. Wer derart eskaliert, riskiert nicht nur die Verkehrswende im Land, sondern setzt auf Eskalation und muss gestoppt werden.“
So verständlich der Ärger der Gewerkschafter vielen scheinen wird, in einem zentralen Punkt liegt Ver.di falsch. „Was die Gewerkschaft fordert, ist bei uns längst gängige Praxis, auch im Streikfall“, sagt Fabian Habrecht, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg.
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Weder die Frage, ob Streik nicht als höhere Gewalt gewertet werden müsse, noch eine Kündigung des Beförderungsvertrags sei das Thema. „Wenn vereinbarte Leistungen nicht erbracht werden, werden sie nicht bezahlt, das sind öffentliche Gelder“, stellt Habrecht klar. Dazu sei eine Kündigung nicht nötig: „Das geschieht einfach bei der Abrechnung der erbrachten Leistungen.“ Der öffentliche Busverkehr schlägt allein im Haushalt 2024 des Kreises Herzogtum Lauenburg mit rund 26,5 Millionen Euro zu Buche.