Geesthacht/Mölln. Die Koalition führt vor allem die hohen Kosten an. Das kommt bei den Eltern nicht gut an – und fordern weiter Gleichbehandlung.

Die Eltern der beiden Förderschulen im Kreis Herzogtum Lauenburg kämpfen weiter für die Einführung einer Ferienbetreuung ihrer behinderten Kinder noch in diesen Sommerferien. Einen entsprechenden Antrag der Kreisverwaltung hatte die Ratzeburger Koalition aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen mit ihrer Stimmenmehrheit in den Haushaltsberatungen abgelehnt. Eine Gruppe Elternvertreter hatte ihrem Ärger darüber bei einem Besuch der Sitzung des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschusses des Kreises am 25. Januar Luft gemacht und einen umfassenden Fragenkatalog abgegeben. Nun ist die Ferienbetreuung an den Förderschulen wieder auf der Tagesordnung, wenn der Ausschuss am Donnerstag, 22. Februar, um 17.30 Uhr in der Kantine des Kreishauses erneut tagt (3. Obergeschoss, Barlachstraße 2, Ratzeburg).

Die Eltern führen eine extrem hohe Belastung durch die meist dauernd erforderliche Betreuung ihrer teilweise mehrfach und schwerst beeinträchtigten Kinder an. „Denjenigen Menschen, die ohnehin die schwere Last einer zum Teil lebenslangen Pflege eines behinderten Familienangehörigen tragen, erschweren Sie mit Ihrer politischen Entscheidung ohne eine Ferienbetreuung die Teilhabe am Alltagsleben und die Befriedigung von Grundbedürfnissen“, sagen die Elternvertreter Helmut Kraut (Hachede-Schule) und Ann-Kathrin Vahlbruch (Steinfeld-Schule).

Herzogtum Lauenburg: CDU und Grüne lehnen Ferienbetreuung an Förderschulen ab

So hatten Ellen Schönbeck und Marko Stoll seit der Einschulung ihres Sohnes Adrian (11) an der Hachede-Schule Geesthacht, der mit einem seltenen Gendefekt auf die Welt kam, weder laufen noch sprechen kann und an starker Epilepsie leidet, keinen gemeinsamen Urlaub mehr, weil sie ihren Jahresurlaub über die Schulferienzeit aufteilen müssen. Wie das Leben mit einem behinderten Kind ist, zeigte ein Bericht im Schleswig-Holstein-Magazin des NDR am Mittwoch, 21. Februar. Ein TV-Team hatte Familie Schönbeck begleitet.

Unterstützung bekommen die Eltern der Hachede-Schule und der Steinfeld-Schule Mölln von der Kreistagsopposition: SPD, Freie Wähler und die FDP haben jeweils einen eigenen Antrag zur Ferienbetreuung gestellt. Wie von den Eltern gewünscht, sprechen sich SPD und FDP zunächst für einen dreiwöchigen Zeitraum in den Sommerferien 2024 aus, die Freien Wähler wollen ein 14-tägiges Pilotprojekt. Der Elternbeitrag von zehn Euro pro Tag im SPD-Antrag ergibt sich aus den gleich hohen Tageskosten für die Ganztagsbetreuung an der Hachede-Schule Geesthacht.

SPD fordert gleichberechtigte Teilhabe

„Wir sind für eine Ferienbetreuung! Ihre Botschaft ist bei uns angekommen“, schreibt die SPD-Fraktion in ihrer Antwort auf die Einwohnerfragen der Eltern. An allen Schulen in Mölln und Geesthacht werde ebenfalls Ferienbetreuung angeboten, an der gegebenenfalls Geschwisterkinder teilnehmen. „Kinder an Förderzentren müssen die gleiche Möglichkeit haben. Es gilt eine gleichberechtigte Teilhabe“, so die SPD weiter.

Die Fahrtkosten für den Schülertransport seien laut SPD nach der Beratung im Ausschuss durch die Kreisverwaltung zu ermitteln. Die FDP legt die am 5. Oktober 2023 vorgestellte Kostenkalkulation von 115.000 Euro zugrunde. Hier waren 10.900 Euro Fahrtkosten angegeben worden. Hintergrund: Behinderte Kinder müssen wegen ihrer Einschränkungen in der Regel zur Schule gefahren werden. Zudem teilen sich die Hachede-Schule (185 Schüler) und die Steinfeld-Schule Mölln (133 Schüler) den ganzen Kreis Herzogtum Lauenburg als Einzugsgebiet auf.

Ganz wohl ist den Grünen mit ihrer Entscheidung nicht

CDU oder Grüne wollen derweil bei ihrem „Nein“ zu Ferienbetreuung ab Sommer 2024 bleiben. „Alle reden immer von ablehnender Haltung. Dabei haben wir im Gegenteil gesagt: Wir führen es ein, ein Jahr bevor der Rechtsanspruch gilt“, wundert sich Norbert Brackmann (CDU). Hintergrund: Alle ab 2026 eingeschulten Grundschüler haben einen Anspruch auf eine Ferienbetreuung. Die Kreistagskoalition hat derweil erklärt, ab Ostern 2025 eine Ferienbetreuung an Förderschulen einführen zu wollen. „Dabei bleibt es. Wir sehen die Nöte, aber es geht um ein Leiden von drei Wochen“, sagt der Grünen-Kreisfraktionsvorsitzende Marcus Worm.

Was weiter zum Ausdruck kommt: Ganz wohl ist den Grünen mit ihrer Entscheidung nicht. „Natürlich würden wir uns als Grüne alleine etwas Anderes wünschen. Aber wir haben eine Absprache zur Partnerschaft“, räumt Worm ein, den die Heftigkeit der Elternkritik überrascht („Ist in dieser Form noch nie so aufgetreten“).

Argument der Christdemokraten sind die Kosten

Das Hauptargument der Christdemokraten ist die schwierige Finanzlage des Kreises. „Gegenüber dem beschlossenen Haushalt für 2024 haben wir jetzt schon 3,6 Millionen Euro Mindereinnahmen. Die Idee der Verwaltung zur Ferienbetreuung an Förderschulen war nicht entscheidungsreif. Die Kosten für die Schülerbeförderung stehen bis heute nicht fest“, sagt Brackmann. Auch eine anteilige Kostenübernahme durch die Landesregierung sei unklar. Daher, so Brackmann: „Die Anträge lehnen wir ab. Sie sind Populismus. Wir wollen erst alles vorab klären. Der Ball liegt jetzt bei der Kreisverwaltung.“

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Brackmann führte aus, dass im Vorwege für die Fahrtkosten einmal 39.000 Euro und einmal 150.000 Euro genannt worden seien. Letztere Summe konnte Kreissprecher Fabian Harbrecht jedoch nicht bestätigen. Bei der Berechnung wären viele Variablen zu beachten (Anzahl und Wohnort der Schüler, Dauer des Angebots, Höhe des Beförderungssatzes). „Abhängig davon, welche Zahlen man ansetzt, kommt man zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Dabei wurden seitens der Verwaltung die bereits angesprochenen 39.000 Euro kalkuliert“, so Harbrecht. Allerdings stehe bereits fest, dass es hier zu Kostensteigerungen gekommen sei, die im Bildungsausschuss vorgestellt werden sollen.

„Die CDU zieht sich auf formale und wirtschaftliche Aspekte zurück und geht auf Familien in Not gar nicht ein. Im Bund klagt die CDU, dass Bürgeranliegen nicht gehört werden, genau das betreibt sie hier par excellence“, ist Elternvertreter Helmut Kraut verärgert. Seine Hoffnung: Dass zumindest noch ein paar Grüne-Kreispolitiker umdenken, sollte es nach den Ausschussberatungen erneut zur Abstimmung im Kreistag kommen. CDU und Grüne haben zusammen 34 von 60 Sitzen.