Geesthacht. Trotz Fördermittel: Die Dachbegrünung kommt nicht voran. Wie ein Angebot für mehr Bewuchs auf Carport und Co. sorgen soll.
Warum will in Geesthacht fast niemand grüne Dächer, obwohl die Stadt Geld dafür gibt? Das Rätsel trieb jetzt den Umweltausschuss um, weil das hoffnungsvoll vor zwei Jahren gestartete Projekt im März ausgelaufen wäre. Die Frage war, ob es angesichts der mageren Nachfrage eine Laufzeitverlängerung der Förderung geben sollte. Die Verwaltung strebte das an.
Die Hoffnung, dass Geesthacht „oben“ grüner wird, sie lebt weiter. Das Projekt wird nicht nur fortgesetzt – es gibt zudem mehr Fördergeld, um stärkere Anreize zu setzen. „Es wäre ein neuer Versuch, die Förderrichtlinie anzukurbeln“, sagt Jürgen Pflantz vom Fachdienst Umwelt der Stadtverwaltung. Vorgesehen sind für die nächste Förderperiode statt 50 jetzt 80 Euro pro Quadratmeter Fläche bei einer Deckelung auf maximal 4000 Euro.
Magere Nachfrage gibt Rätsel auf - neues Angebot soll für mehr Gründächer sorgen
Damit ergibt sich eine satte Steigerung der Fördersumme um 50 Euro pro Quadratmeter in nur zwei Jahren. Bereits zu Jahresbeginn 2023 war die Förderung erstmals von 30 Euro auf 50 Euro pro Quadratmeter erhöht worden. Die jetzige Laufzeitverlängerung gilt bis zum 30. April 2026.
Klingt nach reichlich Zeit, sich als Hauseigentümer die Sache zu überlegen, ist es aber nicht. Es gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wenn das Geld aus dem Fördertopf verbraucht ist, wird nicht mehr gefördert. „Wir hatten insgesamt 35.000 Euro geblockt“, berichtet Jürgen Pflantz. Allerdings ist dieses Geld nicht nur für Bepflanzung vorgesehen.
Gut auch bei Starkregen – Gründächer gelten als wichtiger Ökofaktor in Städten
Denn 20.000 Euro sind für die Förderung von PV-Anlagen angesetzt – und 15.000 Euro für die Gründächer. Aber die Grenze ist fließend. Sollte ein Topf leer sein und der andere nicht, können Gelder umgewidmet werden.
Dass es weitergehen müsse, stand für die Stadtpolitik außer Frage. Gründächer gelten als wichtiger Ökofaktor in Städten. Sie verbessern das Mikroklima, puffern Starkregen ab, sorgen für Nahrung für Insekten – und manchmal auch für die von Menschen. Die Geesthachter Naturschützer Bettina und Gerhard Boll züchten Kräuter wie Schnittlauch auf dem Dach.
In zwei Jahren gab es nur vier Förderanträge für Dachbegrünung
In den vergangenen beiden Jahren wurden nur vier Förderanträge gestellt, im Jahr 2023 wurde das Budget der Stadt mit gerade einmal 2221 Euro belastet. Zu den ersten Antragstellern gehörten Onno Graalmann und seine Frau. „Wir waren die dritten“, erzählt Onno Graalmann. Er ist Mitglied des Umweltbeirates.
Dass später mal ein Gründach den Carport bekrönen solle, sei bereits beim Bau des Hauses vor ein paar Jahren klar gewesen, so Onno Graalmann. Es wurde für eine höhere Tragfähigkeit hergerichtet. Seit 2022 ziert nun Bewuchs das Dach. Die Pflanzen tun nicht nur Insekten gut, sondern schmeicheln auch dem menschlichen Auge. Aus dem Arbeitszimmer fällt der Blick in der warmen Jahreszeit auf eine blühende Fläche – statt auf Kies oder Wellblech.
Geld gibt es nur, wenn eine Fachfirma beauftragt wird
Die beginnende Frühlingszeit ist eine ideale Pflanzzeit, um Carport oder Garage zu begrünen. Dafür wird eine wenige Zentimeter dicke Substratschicht ausgebracht. Pro Quadratmeter fallen etwa 60 bis 150 Kilo Gewichtsbelastung an. Verwenden lassen sich niedrigwüchsige Pflanzen, die an extreme Witterungsbedingungen wie Hitze, Trockenheit und Kälte optimal angepasst sind. Denn auf einem Dach gibt es in der Regel wenig Schatten und viel Wind.
Der Fachdienst Umwelt empfiehlt Dickblattgewächse wie Mauerpfeffer, Fetthenne und Hauswurz, „die wahre Insektenmagneten sind“. Als Beispiel wird auf das Dach eines Fahrradunterstandes beim Rathaus verwiesen. Aber: Wer eine Begrünung in Eigenregie durchführen möchte, wird nicht gefördert. Geld von der Stadt fließt nur, wenn ein Fachunternehmen beauftragt wird.
Grüne wollen auch die Dächer von Wartehäuschen begrünen
Die Anträge müssen vor Beginn der Maßnahme bei der Stadt Geesthacht eingereicht werden, nach Fertigstellung sollen die geförderten Maßnahmen für mindestens fünf Jahre in funktionsfähigem Zustand gehalten werden. Die Verwendung invasiver Pflanzenarten ist nicht erwünscht.
Mittlerweile gibt es einen Antrag der Grünen, weiteres Grün höher zu legen – auf Fahrgastunterstände. Zunächst soll auf einer ausgewählten Bushaltestelle – vorgeschlagen wird die bei der Post – ein Gründach installiert werden nebst einem Hinweisschild, das über den Sinn der Maßnahme informiert.
49 Wildbienenarten auf Haltestellendächern nachgewiesen
Antragsteller Max Hansen verweist auf Beispiele aus Hamburg. An den Stationen Stadthausbrücke und Osterstraße hätten Untersuchungen der Deutschen Wildtier Stiftung 49 verschiedene Wildbienenarten nachgewiesen. In der Hansestadt sollen weitere Haltestellen aufgewertet werden.
„Was Hamburg kann, kann Geesthacht erst recht“, meint Max Hansen. Der Antrag hätte im Ausschuss für Stadtplanung verhandelt werden sollen, wurde wegen der prall gefüllten Tagesordnung aber auf eine zeitnahe Sitzung verschoben. „Ich habe in Vorgesprächen positive Rückmeldungen aus anderen Fraktionen bekommen“, sagt Max Hansen.
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So stehen die Chancen gut, dass Geesthacht in diesem Jahr durch die Politik zumindest ein neues Gründach bekommt. Für viele weitere sind die Bürger gefordert.