Geesthacht. Einmaliges Projekt: Im Oberstadttreff werden Förderschüler der Hachede-Schule und Achtklässler der BvS gemeinsam unterrichtet.

Dass Schüler mit und ohne Behinderung zusammen lernen, ist nichts Neues. Dass aber eine weiterführende und eine Förderschule, die sonst nichts miteinander zu tun haben außer der räumlichen Nachbarschaft, zusammen eine Kunstklasse bilden, dürfte bundesweit ein einmaliger Vorgang sein.

Leiter des Oberstadttreffs, Willi Blum, hatte die Idee, die – soweit bekannt – ohne Vorbild ist. Und nun kommen in dem Mehrgenerationenhaus am Dialogweg jeden Donnerstag zehn Schüler aus den 8. Klassen der Bertha-von-Suttner-Schule und der 5. Klasse der Hachede-Schule jeweils für 90 Minuten für einen gemeinsamen Unterricht zusammen.

Einmalig: Schüler mit Behinderung und ohne aus zwei Schulen bilden zusammen eine Kunstklasse

Die Schüler sitzen im Bühnensaal an zusammengerückten Tischen und arbeiten zum selben Thema an ihren Objekten. Das können Bilder sein oder auch Objekte. Betreut werden sie von den Lehrkräften Svenja Tippner (BvS) und Maike Klein (Hachede). Vorbereitet wird der Unterricht von den Künstlern Jens Buchschmid und Horst Schulz alias „Hoschek“. Die beiden arbeiten bereits seit zwei Jahren im Rahmen des offenen Ateliers im Oberstadttreff mit den Kindern aus der gegenüberliegenden Hachede-Schule zusammen.

Maler und Karikaturist Horst Schulz alias „Hoschek“ ist zusammen mit Jens Buchschmid einer der beiden Künstler, die das Projekt mit Rat und Tat unterstützen.
Maler und Karikaturist Horst Schulz alias „Hoschek“ ist zusammen mit Jens Buchschmid einer der beiden Künstler, die das Projekt mit Rat und Tat unterstützen. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Das Projekt hat sogar einen offiziellen behördlichen Segen: Es gibt eine Finanzierung über Quartiersmittel für Perspektivschulen des Landes, die BvS gehörte bei Einführung zu den ersten 20 von ihnen in Schleswig-Holstein. Die Genehmigung für die Unkosten in Höhe von knapp 2200 Euro für Sachmaterial und Raummiete steht erstmal bis zum 31. Juli, weil die Mittel bei der Beantragung zunächst nur befristet zu bekommen waren. „Eine Verlängerung wird angestrebt“, kündigt BvS-Schulleiterin Karen Osnabrügge bereits an.

An der BvS wurde die Kunstklasse geteilt – nur die eine Hälfte wechselt zum Oberstadttreff

Von der BvS wurde dafür die Kunstklasse geteilt. Die eine Hälfte absolviert ihren Unterricht nun zusammen mit den Hachede-Schülern, die andere Hälfte verbleibt in den Räumen am Dösselbuschberg. Die Auswahl erfolgte nach Freiwilligkeit. Nach einem ersten Kennenlernen funktioniert der Unterricht reibungslos.

Die Schüler der BvS lernen nicht nur, ihre Kreativität zu entdecken, sondern auch den Umgang mit Schülern, die ein bisschen anders sind, als sie es gewohnt sind. So kann ein Junge von der Hachede-Schule nur über seinen Laptop kommunizieren, indem er auf Symbole auf seinem Bildschirm drückt. Andere haben wegen motorischer Einschränkungen Schwierigkeiten, einen Stift zu halten, geschweige denn zu führen. Mittlerweile ist der Kontakt so gut, dass sogar gegenseitige Schulbesuche und ein gemeinsames Frühstück geplant sind.

Stundenplan mit Symbolen: Ein waschechter Künstler hat Palette und Baskenmütze

Die Werke werden nicht nur für zu Hause fabriziert, sondern auch feierlich in der Schule aufgehängt. So ziert nun eine große Kunst-Sonnenblume das Büro von Hachede-Schulleiter Pascal Thomann. Für die Schüler hier ist der Besuch im Oberstadttreff immer etwas ganz Besonderes, der im Stundenplan auf eine eigene Weise hervorgehoben ist. Weil nicht alle Schüler Schriftzeichen verstehen, ist der Donnerstag, 9.40 Uhr, mit einem kleinen, stilisierten Künstler versehen – mit Malpalette und Baskenmütze.

Schon seit 2021 gibt es im Oberstadttreff ein Kunstprojekt zusammen mit den Kindern der Hachede-Schule. Jens Buchschmid zeigte ihnen während der Corona-Zeit Kunst zum Anfassen, die befühlt werden darf.
Schon seit 2021 gibt es im Oberstadttreff ein Kunstprojekt zusammen mit den Kindern der Hachede-Schule. Jens Buchschmid zeigte ihnen während der Corona-Zeit Kunst zum Anfassen, die befühlt werden darf. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

„Es läuft super. Alle helfen sich hier gegenseitig, und die Jüngeren lernen von den Älteren“, hat Willi Blum beobachtet. „Ich bin sehr froh, dass das Projekt mit der Finanzierung nun auf längere Sicht bestehen kann“, freut er sich. Für ihn ist das inklusive Projekt eine Herzensangelegenheit.

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Seit Beginn des offenen Ateliers hatte der Oberstadttreff die Kosten übernommen. „Jetzt geht es einen Schritt weiter, es ist wichtig, dass der Fortbestand gesichert ist. Es ist ein tolles Projekt. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehört. Egal, wie du aussiehst. Jeder kann mitmachen“, sagt Will Blum. Den Schülern im Oberstadttreff muss er das nicht mit auf den Weg geben.