Geesthacht. Durch das Hochwasser der Elbe stieg auch der Pegel in der Halle der Hitzler-Werft. Jetzt musste eine neue Zuwegung geschaffen werden.
Wenn es fertig gebaut ist, wird sich das neue Hereon-Forschungsschiff nicht von einer rauen See bremsen lassen. Das Hochwasser der Elbe allerdings brachte den Zeitplan für den Innenausbau kurzfristig durcheinander. Im hinteren und tiefsten Hallenteil der Hitzler-Werft in Lauenburg hatte sich bei der Ausfahrt zum Fluss hin ein kleiner See gebildet, der das Schiff komplett umgab. Wie eine Insel ragte es aus der Wasserfläche.
Das sorgte für kuriose Probleme beim Bau des Hightech-Schiffs des Helmholtz-Zentrums Geesthacht. Die Arbeiter kamen nicht mehr zu ihrem Arbeitsplatz unter Deck, der Zugang war abgeschnitten, zumindest ohne Gummistiefel war der Arbeitsplatz nicht mehr erreichbar. Und das Wasser lief nur langsam wieder ab. So musste erst über die Galerie an der Hallenwand zeitaufwendig eine neue Gangway hergestellt werden. Zurzeit laufen Maler- und Isolierungsarbeiten mit Steinwolle im Innenbereich. Sie müssen zum Abschluss kommen, bevor mit dem Einbau zum Beispiel der wissenschaftlichen Geräte begonnen werden kann.
Elbehochwasser versperrt Handwerkerteams Zugang zum Forschungsschiff
Auf einer Fläche von 40 Quadratmetern werden je ein Nass-, Trocken- und ein E-Labor sowie ein Labor für die Wasserstoffforschung untergebracht. Besonders innovativ ist der Wasserstoffantrieb, der während der Fahrt an Bord erprobt wird und das Schiff in diesen Phasen völlig emissionsfrei fahren lässt.
Die „Coriolis“ wird derzeit bei der Hitzler-Werft in Lauenburg gebaut. Als Nachfolgerin der „Ludwig Prantl“ wird das Schiff ein interdisziplinäres Spektrum aus Küsten-, Werkstoff-, Wasserstoff- und Membranforschung abdecken und damit eine Forschungsplattform für die Schifffahrt von Morgen sein. Noch in diesem Jahr soll das Schiff fertiggestellt an das Hereon übergeben werden.
Warmer Regen für das Projekt: Bundesanstalt schießt Fördergelder zu
Außer der kalten Dusche durch das Elbwasser gab es aber auch einen warmen Regen für das „Coriolis“-Projekt. Die Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistung steuerte einen Förderbescheid über 560.000 Euro bei. Die Gesamtkosten belaufen sich für das Schiff auf etwa 18 Millionen Euro. „Eine ganz tolle Sache, das hatten wir nicht erwartet“, freut sich Volker Dzaak, beim Hereon Projektleiter für den Schiffsbau.
Hintergrund für die Zahlung ist eine Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) bezüglich der Beschaffung, Erprobung und des Transfers eines Wasserstoffsystemlabors für die Erzeugung von Bordstrom für die „Coriolis“. Die fachliche Prüfung des Antrags wurde von der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) ausgeführt, die Haushaltsmittel zur Technologieförderung entstammen der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung (MKS).
Lösung gegen explosive Freisetzung von Wasserstoff bei Havarie
Im Fokus des neuen Projektes steht die Beschaffung der Brennstoffzelle, der Bunkerstation, des Metallhydridtanks sowie der Steuerung und Regelung des Wasserstoffsystems zur Speicherung. Der Metallhydridtank zur Wasserstoffspeicherung wurde vom Hereon entwickelt und in seinem Institut für Wasserstofftechnologie erforscht.
Die kompakte, raumsparende Bauweise dieser Tanks hat den Vorteil, dass Wasserstoff bei vergleichsweise moderaten Temperaturbedingungen – Betriebstemperaturen sind gut -30 bis 50 Grad Celsius – und einem Druck von 50 Bar gespeichert werden kann. Zum Vergleich: Gasgrills weisen oft einen Gasdruck von 50 Millibar aus. Darüber hinaus wird der Wasserstoff im Tank chemisch gebunden. Eine gefährliche, weil explosive Freisetzung zum Beispiel im Falle einer Tankhavarie soll so unmöglich gemacht werden.
Ohne Dieselmotor geht es immer noch nicht
Das Wasserstoff-Bordstromsystem soll gleich mehrere Aufgaben erfüllen. Es muss die Versorgung des Schiffes während der täglichen Liegezeiten in den Häfen von Nord- und Ostsee gewährleisten und auch während der Phasen auf See Energie liefern. So sind in die Versorgung einbezogen die Messgeräte, Ankerpfahl, Echolote, der elektrische Lagesteuerungspropeller und, wenngleich im kurzzeitigen Betrieb, der Hauptantriebspropeller.
Für Forschungszwecke wird zudem ein 45 kW Dieselgenerator mit einem Membranmodul kombiniert, der von Hereon entwickelt worden ist. Dadurch können schädliche Emissionen von Stickstoffoxiden des Dieselgenerators nahezu eliminiert werden. Brennstoffzelle, Batterie und Generatoren können untereinander kombiniert werden. Die Ergebnisse des Betriebs sollen genutzt werden, um die Anlagen wie Bunkerstation, Brennstoffzelle, Metallhydrid-Tank und Systemsteuerung zu optimieren und die Nachrüstung von anderen See- und Binnenschiffen zu vereinfachen.
Auch Flüsse lassen sich ansteuern wegen des geringen Tiefgangs
Die wissenschaftlichen Messkampagnen der „Coriolis“ in der Küstenforschung werden in der Nord- und Ostsee umgesetzt, einbezogen werden die Flüsse Ems, Weser und Elbe. Wegen eines Tiefganges von nur 1,6 Metern ist die „Coriolis“ äußerst vielseitig einsetzbar, kann in Flüsse hineinfahren und macht auch auf hoher See eine gute Figur.
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Als sogenanntes Einwachenschiff – hier gibt es keinen Wachwechsel – wird die „Coriolis“ über Nacht immer in einem Hafen liegen. Auch diese Zeit soll genutzt werden für Werbung in eigener Sache. Das schaffe vielfältige Möglichkeiten, die neue und innovative Erzeugung von Bordstrom potenziellen Nutzern vorzustellen und die Akzeptanz zu erhöhen, so die Absichten im Hereon.