Lauenburg. Im Vergleich zu anderen Werften gibt es hier viel zutun: Derzeit entsteht ein federgelagertes Arbeitsschiff. Was ist der Vorteil?
Der Sturm peitscht das Meer, die Wellen türmen sich meterhoch – doch an Bord des Schiffes merkt man davon so gut wie nichts. Lotsen oder Arbeitern auf Bohrinseln und Offshore-Windkraftanlagen könnte eine solche ruhige Überfahrt bei schwerer See den Arbeitsalltag deutlich erleichtern.
Eine technische Lösung dafür ist bereits konstruiert. Das erste federgelagerte Arbeitsschiff der Welt wird derzeit auf der Hitzler-Werft gebaut. Die Wallaby Boats GmbH aus Kappeln hat sich als Produktionspartner für den Bau ihres Prototypen WB-18 für das Lauenburger Unternehmen entschieden.
In Lauenburg wird das erste federgelagerte Arbeitsschiff der Welt gefertigt
Coronabedingt ohne große Zeremonie wurde jetzt der sogenannte Brennstart für die Produktion des Schiffes begangen. „Brennen“ heißt in der Sprache der Schiffsbauer das Schneiden und Schweißen der Stahlplatten, aus denen ein Schiff entsteht. Läuft alles wie geplant, wird der Prototyp noch in diesem Jahr ausgeliefert.
Das technische Prinzip des Schiffes ist effektiv: Die Rümpfe des Katamarans sind vom Brückendeck, dem sogenannten Chassis, getrennt und über vier Federbeinkonstruktionen mit diesem verbunden. Dadurch wird der Einfluss des Seegangs auf die Personen an Bord um mindestens 40 Prozent reduziert.
Das Schiffbauunternehmen Wallaby Boats GmbH ist Anfang 2021 eigens für die Entwicklung und den Bau der gefederten Schiffe gegründet worden. Die Gründer brauchten zunächst einen langen Atem. Die Idee entstand nämlich schon im Jahr 2015. Einige Jahre hatte Geschäftsführer Harald Hübner versucht, das Projekt mit Industriepartnern zu realisieren. Es gab großes Interesse, aber niemand wollte bereits im Konzeptstadium einsteigen. Schließlich ist es die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein gewesen, mit deren Hilfe aus dem Konzept ein erster Entwurf entstand.
Energie Baden-Württemberg AG suchte nach solchen Lösungen
Von da an ging es aufwärts – wenn auch nicht gleich geradeaus. Der Carbon Trust, eine Stiftung, die sich für erneuerbaren Energien engagiert, wurde auf das Projekt aufmerksam. Es begann eine lange Reihe von Vorstellungsrunden, die insgesamt zwei Jahre dauerte. Doch das nutzte nichts: Die Stiftungspartner fanden keine Einigung über ein gemeinsames Engagement.
- Langer Ölfilm auf dem Elbe-Lübeck-Kanal bei Lauenburg
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Doch wo eine Tür schließt, tut sich manchmal eine andere auf: Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) suchte nämlich nach genau solchen Lösungen für ihre Windparks in der Ost- und Nordsee sowie für geplante Windparks vor Schottland, auf der Doggerbank und vor den Küsten der USA.
Und damit wurde das Projekt auch finanziell interessant. „Ich freue mich, dass ich einen Beitrag dazu leisten kann, dieses innovative Schiffbauprojekt in Schleswig-Holstein umzusetzen und es im internationalen Markt zu platzieren“, sagt Achim Fölster, der als Investor und Mitglied der Baltic Business Angels das Millionenprojekt sowohl finanziell als auch mit Managementerfahrung unterstützt.
Auszeichnung für Prototyp als „best innovation 2021“
Noch gibt es das federgelagerte Schiff nur als Modell, doch die innovative Idee sorgt in der Fachwelt bereits für große Aufmerksamkeit. Im Januar dieses Jahres wurde die Entwicklung des Schiffes von dem technischen Magazin Windpower zu zur „best innovation 2021“ gekürt.
„Diese Auszeichnung, von einem der führenden internationalen Magazine im Offshore Wind, macht uns stolz“, sagt Eike Kristian Höper, zweiter Geschäftsführer der Wallaby Boats GmbH. Noch ein Grund zur Freude: Das Interesse der Fachwelt ist so groß, dass es bereits viele Anfragen zu Probefahrten gibt, obwohl der eigentlich Bau des Schiffes noch gar nicht begonnen hat.
„Die Entwicklung eines so innovativen Schiffes ist eine große Herausforderung“, sagte der Geschäftsführer der Hitzler-Werft bei der Brennstart-Zeremonie. Im Frühjahr vergangenen Jahres hatten er und sein Sohn Kai Klimenko die Lauenburger Werft übernommen. Ihr Ziel machten sie von Anfang an klar: Projekte entwickeln, die die Schifffahrt umweltfreundlicher und den deutschen Schiffbaustandort weltweit attraktiver machen
Nach dem Prototyp soll das zweite Schiff in Produktion gehen
Bei dem Prototyp soll es nicht bleiben. „Wir planen ein zweites Schiff zu bestellen und sind sehr gespannt auf die Leistungsfähigkeit dieser neuen Technik“, kündigte Geschäftsführer Harald Hübner an.
Sei Kollege Eike Kristian Höper hatte schon bei der ersten Vorstellung des Projektes im Juni vergangenen Jahres gesagt: „Der Standort in Lauenburg an der Elbe mit seiner vorhandenen Infrastruktur bietet uns alle Möglichkeiten, diesen innovativen Prototypen zu fertigen, aber auch große Stückzahlen in einer folgenden Serienfertigung zu realisieren.“