Lauenburg/Büchen/Lübeck. Mehr Güterzüge durch den Kreis wird es zunächst nicht geben. Nah.SH arbeitet derweil an Verbesserungen für den Personenverkehr.
Der Vorstoß der Hansestadt Lübeck für eine bessere Bahnanbindung des eigenen Hafens nach Süden und Osten sorgt weiterhin für viele Fragezeichen. Der Ausbau der Strecke von der Lübecker Bucht über Büchen/Lauenburg bis Lüneburg für Güterverkehr ist aus Sicht mancher Experten frühestens in Jahrzehnten eine Option – wenn überhaupt. Eine Strecke weiter östlich genießt höhere Priorität, um den wachsenden Güterverkehr aus und nach Skandinavien nach Fertigstellung des Fehmarn-Belt-Tunnels 2029 um das Nadelöhr Hamburg herumzuleiten. Für den Personenverkehr in Nord-Süd-Richtung wird wiederum über eine deutliche Verbesserung nachgedacht – zumindest in der landeseigenen Verkehrsgesellschaft Nah.SH.
Nadelöhr Hamburg: Keine Güterzüge auf der Erixx-Trasse?
Lübeck fordert den zweigleisigen Ausbau der Strecke Lübeck – Büchen – Lüneburg für Güterverkehr. Doch dies wirft grundlegende Fragen auf. Mehr noch als eine Komplett-Elektrifizierung der Strecke. Weil hier bislang kaum Güterzüge unterwegs sind und der regionale Personenverkehr auf der Trasse für die Zukunft komplett auf Akku-Zuge setzt, stand eine Elektrifizierung bislang weit hinten auf der Wunschliste.
Sie wäre dennoch ungleich leichter zu realisieren als eine deutliche Erhöhung der Taktfrequenz, um mehr Güterzüge von der Ostsee Richtung Süden auf die Trasse schicken zu können. Die eingleisige Strecke selbst sei nicht das Problem, sagt Jochen Schulz, Bereichsleiter Angebote, Infrastruktur und Bahnhöfe bei Nah.SH. „Mit den Begegnungsbahnhöfen Pogeez, Ratzeburg und Mölln haben wir allein nördlich von Büchen drei Haltepunkte, an denen Züge einander passieren können.“
Die Bahntrasse hat einen Schwachpunkt: Büchen
Auch das mögliche Tempo von 120 Kilometern in der Stunde sei ausreichend, so Schulz. Das Problem sei Büchen, oder genauer die Kreuzung der vielbefahrenen ICE-Strecke von Hamburg über Büchen Richtung Berlin. Wer hier täglich Dutzende Güterzüge in Nord-Süd-Richtung passieren lassen wolle, müsse sich von der vorhandenen, ebenerdigen Lösung verabschieden. „Ohne eine Brücke oder einen Tunnel würde es nicht funktionieren. Die ICE-Strecke ist dafür viel zu stark befahren.“
Abgesehen von den Millionen-Kosten steht ein hoher Planungsaufwand im Raum. Bis die zusätzlichen Güterzüge aus Skandinavien Ende des Jahrzehnts anrollen, ist in Büchen noch keine neue Querung im Bau, geschweige denn fertiggestellt.
Güterzüge über Schwerin und Magdeburg umleiten?
Als bessere Alternative sieht der Bahnexperte eine Lösung weiter östlich von Hamburg, durch Mecklenburg und Sachsen-Anhalt. Und auch sie sei durchaus im Sinne der Hafenanbindung für Lübeck. „Es gibt seit Langem Bestrebungen, den Anschluss Lübecks nach Osten auszubauen.“ Dafür müsse die Anbindung Richtung Bad Kleinen (bei Schwerin) verbessert werden. „Die aktuelle Planung sieht den Mitteldeutschland-Korridor über Bad Kleinen, Wittenberge und Magdeburg Richtung Regensburg als geeignete Umfahrung von Hamburg“, weiß Schulz.
Eines allerdings dürfe nicht passieren: Während der etwa halbjährigen Sperrung der Bahnverbindung Lübeck–Hamburg 2027 dürfe auf der Ausweichstrecke nicht gebaut werden. In der Zeit werde jede Alternativ-Trasse benötigt, um den Güterverkehr um Hamburg herumzuleiten.
Ohne Okay vom Bund plant die Deutsche Bahn nicht
Dass dort in näherer Zukunft überhaupt gebaut wird, ließ sich am Dienstag, 30. Januar, nicht sicher klären. Wenn die Deutsche Bahn AG eine Strecke neu bauen, die Schieneninfrastruktur verbessern wolle, benötige sie einen Planungsauftrag vom Eigentümer, also dem Bund, erläuterte eine Bahnsprecherin. Die Planungen selbst seien ein langwieriger Prozess. Doch das sei es nicht allein.
„Für uns ist es nicht einfacher als etwa für Bund und Länder. Dass die A20 bis heute nicht vollendet ist, Segeberg weiterhin massiv unter dem Verkehr von der Autobahn leidet, ist kein Zufall.“
Regionalbahn kann Autoverkehr ausstechen
Wenn keine Strecken, Brücken oder Tunnel geplant werden müssen, dürfte es demnach leichter sein, Verbesserungen anzugehen. Darauf setzt man auch bei Nah.SH mit Blick auf die Regionalbahntrasse durch den Kreis Herzogtum Lauenburg. Der Personenverkehr zwischen Lübeck und Lüneburg sei gegenüber dem Auto mehr als konkurrenzfähig, ist von Bahn-Fans immer wieder zu hören.
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„Die Züge sind in der Regel mindestens so schnell, als wenn man zwischen Lüneburg und Lübeck das Auto nutzen würde“, bestätigt Jochen Schulz. Obwohl der Start des privaten Bahnunternehmens Erixx Holstein Ende 2022 von diversen Problemen geprägt war, ist die Auslastung so gut, dass Verantwortliche darüber nachdenken, wie das Angebot verbessert werden kann – über die bereits fahrenden Züge mit hoher Passagierkapazität hinaus.
Mehr Züge sind auch ohne Streckenausbau möglich
Weil es in verkehrsreichen Zeiten kaum möglich sei, mehr als einen Zug je Stunde und Richtung die ICE-Strecke in Büchen passieren zu lassen, werde jetzt an einer Alternative gearbeitet, so Schulz. Ein zweites Zugpaar je Stunden könnte von Norden und Süden kommend jeweils in Büchen stoppen und kehrt machen, so die Idee. „Die Fahrgäste, die weiterwollen, können dann in Büchen umsteigen.“