Kiel. 2029 sollen Autos und Züge durch den Ostseetunnel rollen. Doch auf deutscher Seite gibt es bis dahin noch reichlich Baustellen.
Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) hat mehr Tempo auf deutscher Seite beim Milliardenprojekt Ostseetunnel angemahnt. „Wir haben noch Zeit, aber wir müssen Gas geben“, sagte der aus Dänemark stammende Madsen. Zeitdruck bestehe beim Bau der sogenannten Hinterlandanbindung, zu der Ertüchtigung und Ersatz der in die Jahre gekommenen Fehmarnsundbrücke zählen. „Das wird sonst eine europaweite Blamage, wenn es uns nicht gelingt, fertig zu sein.“
Dänemark baut bereits an dem 18 Kilometer langen Straßen- und Eisenbahntunnel. Er soll von 2029 an die dänische Insel Lolland und Fehmarn verbinden und die Fahrzeit deutlich verkürzen. „Die Dänen sind sehr schnell unterwegs, haben vieles in die Wege geleitet“, sagte Madsen. Neben einer dauerhaften Fabrik und Gewerbegebieten gebe es auch Pläne für einen Freizeitpark eines deutschen Investors.
Ostseetunnel: "Sind zu lange mit den Problemen beschäftigt"
Im nördlichen Nachbarland sähen die Menschen eher die Chancen eines Projektes, sagte Madsen. „Wir sind hier dagegen zu lange mit den Problemen beschäftigt gewesen und zu wenig mit den Lösungen.“ Stattdessen sollten sich die Norddeutschen intensiver auseinandersetzen mit den Chancen, die eine schnellere Anbindung von Kopenhagen und Malmö mit Schleswig-Holstein und Hamburg bringe.
Auf deutscher Seite sollen bis 2029 die Zugstrecke Lübeck-Puttgarden sowie die Bundesstraße 207 ausgebaut und eine 380-Kilovolt-Stromtrasse verlegt werden. Naturschutzverbände waren mit Klagen gescheitert. Die alte Brücke über den Fehmarnsund wird den Verkehr des Ostseetunnels nicht bewältigen. Die Kosten für einen Tunnel als Ersatz bezifferte die Bahn ursprünglich auf 714 Millionen Euro. Dänemark trägt die geschätzten Kosten für den Ostseetunnel in Höhe von 7,1 Milliarden Euro.
Angesichts der Verzögerungen in den vergangenen Jahren habe er Sorge, „ob das wirklich alles gelingt rechtzeitig bis 2029“, sagte Madsen. Optimistisch sei er zumindest bei der Sanierung der alten Sundbrücke bis 2024 für ursprünglich veranschlagte 30 Millionen Euro. Sie soll für Fußgänger, Radfahrer und langsame Fahrzeuge erhalten bleiben. Im Falle des bis 2029 geplanten Tunnels am Sund sieht Madsen dagegen „eine durchaus realistische Gefährdung. Aber wir sind ja sportlich im Norden und packen das Ganze pragmatisch an.“
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Ostseetunnel – mit die größte Baustelle in Europa
„Als die Fehmarnsundbrücke gebaut wurde, hat man sich quasi mit Mistforken dagegen gewehrt. Und heute ist es genau andersherum“, sagte Madsen. Er habe den Eindruck, dass Menschen mittlerweile pro Forma jedes größere Projekt beklagten. „Das hier ist aber kein schleswig-holsteinisches Projekt, das ist mit die größte Baustelle in Europa.“ Ziel müsse es sein, Flora und Fauna sowie die Anwohner bestmöglich zu schützen. Mit Forderungen nach mehr Lärmschutzwänden könne man umgehen. „Es will ja keiner einfach rücksichtslos bauen.“ Es dürfe knapp 15 Jahre nach dem Staatsvertrag mit Dänemark aber nicht mehr um Grundsätzliches gehen. Diskussionen kämen bei niemandem positiv an, „auch nicht übrigens auf dänischer Seite“.
Seine Berufung ins Kabinett von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Sommer 2022 sei in Dänemark mit Freunde zur Kenntnis genommen worden, sagte Madsen. „Jetzt haben wir endlich einen Dänen auf der anderen Seite, der es vielleicht auch so ein bisschen wie wir pragmatisch sieht“, habe er zu hören bekommen. Dänische Leichtigkeit würde etwas helfen. Fragen nach Kostensteigerungen würden dort mit dem Hinweis beantwortet, dann dauere die Finanzierung halt 32 und nicht 28 Jahre.