Lauenburg. Lauenburger Ingenieur hat eine Geschäftsidee und liefert schon ins europäische Ausland. Es geht dabei auch um Soja und Sinnlichkeit.

Fast jeder erinnert sich doch an Gerüche aus der Kindheit: an das süße Vanillearoma in der Eisdiele oder die frischgemähte Wiese hinter dem Haus. Oder an den Duft, wenn Oma den dampfenden Kuchen aus dem Ofenrohr zog. „Düfte haben ganz viel mit Emotionen und Erinnerungen zu tun“, sagt Teoman Celvik. Er hat Gerüche zu seiner Berufung gemacht. In der Berliner Straße 8 in Lauenburg betreiben er und seine Frau eine kleine Manufaktur, in der sie Kerzen herstellen, die auch umweltbewusste Veganer mögen müssen.

Dabei war alles eigentlich ganz anders geplant. „Meine Großeltern sind als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland gekommen“, erzählt der 33-Jährige. Sie und auch seine Eltern waren sich einig: Der Junge soll es hier zu etwas bringen. Celvik wuchs in Lauenburg auf, aber weil es in seinem Jahrgang noch nicht möglich war, das Abitur in der Stadt zu machen, ging er an ein Hamburger Gymansium. Später studierte er in der Hansestadt Maschinenbau. Doch die Großstadt war es nicht, die den frischgebackenen Ingenieur reizte. „Ich bin ein Lauenburger Jung. Hier kenne ich jede Ecke und hier will ich mir was aufbauen“, stand für ihn fest. Als er die fünf Jahre jüngere Manolya kennenlernt, ist für die beiden schnell klar: Nicht Hamburg, sondern Lauenburg wird ihr Lebensmittelpunkt.

Familienunternehmen setzt auf Nachhaltigkeit

„Wir sind jung, wir sind kreativ und wir wollten was Gemeinsames tun“, erzählt der Familienvater. Von der Idee, mit ökologisch unbedenklichen Duftkerzen Geld zu verdienen, waren sie schließlich beide überzeugt. Inzwischen hat das Paar zwei Mitarbeiter beschäftigt. Über einen Onlineshop vertreiben sie die Kerzen mittlerweile in ganz Europa. Jede ist ein Unikat mit einem unverwechselbaren Aroma, von dem kleinen Team selbst entworfen.

Wie ein international tätiges Unternehmen wirkt die kleine Manufaktur im Hinterhof allerdings nicht. Ein angenehm unaufdringlicher Duft liegt in der Luft, als Teoman Cevik die Tür öffnet. So, als hätte jemand frisch gewaschene Wäsche zum Trocknen aufgehängt. Auf den ersten Blick gibt es nicht viel zu sehen: ein kleiner Lagerraum, die eigentliche Produktionsstätte und ein Büro, in dem außer zwei Arbeitsplätzen eine Spiellandschaft für den 13 Monate alten Sohn des jungen Paares Platz findet. Praktisch: Die junge Familie wohnt in der Wohnung gleich nebenan.

Das hat den Vorteil, dass das Kind praktisch immer in der Nähe der Eltern ist. Allerdings sind Teoman und Cevik deshalb eigentlich auch immer in der Firma. Wenn der Kleine abends schäft, schneiden sie Kerzendochte zurecht oder feilen an den Texten für die Etiketten ihrer Duftkreationen. Nachhaltigkeit ist das, worauf die junge Familie besonderen Wert legt. Nicht nur im Privatleben, sondern vor allem auch bei der Produktion der Kerzen. Deren Trägermasse ist Sojawachs. „Paraffin steht ja im Verdacht, bei der Verbrennung schädliche Substanzen freizusetzen. Viele Menschen reagieren allergisch darauf. Das ist bei unseren Kerzen nicht der Fall“, sagt der junge Unternehmer.

Start-up-Unternehmen als Experimentierfeld

Sojawachs ist eigentlich ein Abfallprodukt aus der Lebensmittelproduktion und seit ein paar Jahren ein Renner bei der nachhaltigen Kerzenherstellung. Anders als das Naturprodukt Bienenwachs sind die Kerzen auch für Menschen geeignet, die auf eine vegane Lebensweise achten. Das gilt auch für die anderen Zusätze. „Unsere Duftöle sind ohne jegliche Zusatzstoffe“, versichert der Firmenchef.

In der Kerzenmanufaktur werden rund 40 verschiedene Duftkerzen hergestellt. Eine brennt etwa 30 Stunden.  
In der Kerzenmanufaktur werden rund 40 verschiedene Duftkerzen hergestellt. Eine brennt etwa 30 Stunden.   © Elke Richel | Elke Richel

An der Herstellung der Trägermasse für die Kerzen und dem Verhältnis, in dem das Öl zugefügt wird, haben er und seine Frau lange getüftelt – und auch so manche Mischung in den Sand gesetzt. Mal war das Wachs zu heiß geworden, mal stimmte die zugesetzte Menge des Öles nicht, und mal mussten sie sich über Luftblasen im Glas ärgern. „Man braucht da schon eine gewisse Erfahrung und vor allem Fingerspitzengefühl“, sagt Teoman Cevik.

Duftkreation ist ein Betriebsgeheimnis

Die Kerzen tragen fantasievolle Namen. Etwa 40 verschiedene Duftkreationen bietet der Lauenburger mittlerweile an. Darunter auch solche, die man im Allgemeinen nicht mit Kerzenduft verbindet. Der winterliche Duft von „Kaffee and Cacao“ ist eine der Lieblingssorten des Firmenchefs. Aber auch „Blooming Lilac“ ist einer seiner Favoriten. „Ich denke bei diesem Geruch immer an den Sommergarten meiner Kindheit“, schwärmt er.

Welcher Duft wirkt eher beruhigend, welcher anregend? Ein besondere Empfehlung will er da nicht aussprechen. „Das ist so individuell wie ein Parfüm. Jeder verbindet mit einem Geruch bestimmte Stimmungen. Die können positiv, aber auch negativ sein“, sagt er. Die Beschreibungen der Duftkreationen lesen sich deshalb auch so wie die teurer Parfüme. Da ist unter anderem von Basis-und Kopfnoten die Rede. Für Teoman Cevik ist die Produktion seiner Duftkerzen eine Wissenschaft, die genaue Zusammensetzung ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis.

Wer die Düfte erst mal testen möchte, kann unter den verschiedenen Teelichtern wählen.
Wer die Düfte erst mal testen möchte, kann unter den verschiedenen Teelichtern wählen. © Elke Richel | Elke Richel

Bisher Verkauf nur im Onlinhandel

Bisher vertreiben die Ceviks ihre Produkte nur im Onlinehandel. Auf der Seite www.heychalky.de gibt es sogar eine Duftbibliothek. Eine Frage drängt sich allerdings trotzdem auf: Wie sollen sich Kunden nur auf der Basis von Beschreibungen für einen Lieblingsduft entscheiden? Zumal die Kerzen, die rund 30 Stunden brennen, mit rund 20 Euro nicht gerade billig sind. Diese Frage hat Teoman Cevik wohl erwartet. „Wir bieten von jeder Sorte auch ein Teelicht an. Wer möchte, kann ein Sortiment bestellen und sich dann entscheiden“, sagt er.

Ein Angebot für besonders kreative Kunden hält der Lauenburger Unternehmer auch bereit: Sie können ihre Lieblingskerze selbst gießen. Im Set gibt es alles, was dazugehört, und natürlich auch einen Anleitung. „Diese Idee kommt gerade besonders gut an“, hat Teoman Cevic festgestellt. Experimente gehören zu seiner Unternehmensphilosophie. In nächster Zeit, so schwebt es ihm vor, werden in der Manufaktur auch Raumdüfte und Seife entwickelt.

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Rohstoffe regional, Verpackung recycelbar

So manches, was ihm und seiner Frau am Familientisch einfällt, wird später wieder verworfen. Es gibt aber ein paar Grundsätze, die sie nicht über Bord werfen werden. Sie verwenden nur natürliche und tierversuchsfreie Produkte. Die Verpackungsmaterialien sind durchweg recycelbar. Und wer mag, kann den Glasbehälter der Kerze später kostengünstiger mit dem Wachs und dem Lieblingsduft nachfüllen lassen.

Jeder Arbeitsschritt in der Kerzenmanufaktur ist Handarbeit. Hier befüllt Teoman Cevik einen Glasbehälte rmit Sojawachs.  
Jeder Arbeitsschritt in der Kerzenmanufaktur ist Handarbeit. Hier befüllt Teoman Cevik einen Glasbehälte rmit Sojawachs.   © Elke Richel | Elke Richel

Neben der Nachhaltigkeit ist Teoman Cevik vor allem auch der lokale Bezug seiner Kerzen wichtig. „Fast alle Produkte für die Herstellung unserer Produkte beziehen wir aus der Region“, sagt er. Das liege ihm auch deshalb am Herzen, weil er sich hier verwurzelt fühlt. „Lauenburg wird oft totgeredet. Ich bin aber davon überzeugt, dass man hier auch als Gründer tolle Geschäftsideen entwickeln kann. Der Austausch der Unternehmer untereinander ist fair und ermutigend “, hat er festgestellt. Die Beitrittserklärung zur Wirtschaftlichen Vereinigung Lauenburg (WVL) hat er bereits ausgefüllt.