Lauenburg. Infotag am 27. Januar: Experten und Politiker machen sich für Energiewende stark. Doch den einen richtigen Weg gibt es nicht.
Aktuell prägen Bauernproteste gegen die volle Besteuerung von Agrardiesel, gegen weitere „Grausamkeiten“ und gegen überbordenden Bürokratie die öffentliche Wahrnehmung. Treckerdemos haben Kritik gegen die Energiewende und das Heizungsgesetz sowie die kommunale Wärmeplanung abgelöst, doch die ist damit nicht aus der Welt. Die Grünen im Kreis wollen mit einer Info-Offensive und einem Expertentag am 27. Januar die Initiative zurückgewinnen. Dafür haben sie neben grünen Fachpolitikern aus Berlin und Kiel auch Experten gewonnen, die die aktuelle Lage beleuchten können.
Von „bedingt gelungen“, über verbesserungswürdig bis verheerend reicht die Selbstkritik grüner Lokalpolitiker mit Blick auf die Informationspolitik zum Heizungsgesetz. Zitiert werden möchte niemand. Doch ist die teilweise Entschärfung der Regelungen noch nicht überall durchgedrungen. So wird hartnäckig weiter das Gerücht kolportiert, Erdgas- und Ölheizungen müssten rasch ausgetauscht werden.
Heizungsgesetz – Lauenburgs Grüne wehren sich gegen Kritik
Tatsächlich dürfen sie weiterlaufen, solang sie funktionieren, auch repariert werden, um ihren weiteren Betrieb zu ermöglichen. Doch 2045 soll endgültig Schluss sein mit fossilen Energieträgern. Ob dies reicht, den Begriff klimaneutrales Wohnen zu rechtfertigen, darüber gegen die Meinungen auseinander.
Auf dem Infotag am Sonnabend, 27. Januar, präsentieren sich von 12 Uhr an im Haus der Begegnung (Fürstengarten 29) fünf Referenten mit Beiträgen zur Frage: „Welche Heizung für mein Haus?“ Wie zu erwarten, finden sich auf dem Podium keine Leugner des Klimawandels oder Gegner der Energiewende. Dennoch ist für Vielfalt gesorgt.
Dr. Ingrid Nestle, Bundestagsabgeordnete der Grünen, referiert zu „Putin dreht den Gashahn zu – wie geht’s weiter mit der Wärmeversorgung?“ Oliver Brandt, Abgeordneter im Kieler Landtag und im Kreistag, will die Unterstützung des Landes für Hausbesitzer und Kommunen würdigen. Der enge Zeitplan, in dem Städte und Gemeinden eine Wärme- und Kälteplanung für ihr Gebiet aufstellen sollen, war auf massive Bedenken gestoßen.
Stadtwerkechef informiert über Wärmeplanung
Mit Joachim Schöttler, Geschäftsführer der Versorgungsbetriebe Elbe der Städte Lauenburg und Boizenburg, ist ein Referent angekündigt, der mit der kommunalen Wärmeplanung betraut ist. Die gemeinsamen Stadtwerke sollen den Prozess in Lauenburg begleiten, zugleich den Ausbau der kommunalen und Wärmeversorgung vorantreiben.
Dabei geht es besonders um Lauenburgs Altstadt. Der Denkmalschutz setzt der Nutzung von Solarkollektoren oder Wärmepumpen enge Grenzen. Für die denkmalgeschützte Bebauung ist die Schaffung eines Nahwärmenetzes im Gespräch, um die teils mehrere Hundert Jahre alten Gebäude ohne fossile Energie zu beheizen.
Mit Flußwärme Lauenburgs Altstadt heizen
„Es ist wichtig, dass wir vorankommen, bald Klarheit erreichen“, sagt Lauenburgs Bauamtsleiter Christian Asboe. Der Bau eines Leitungsnetzes in der Unterstadt bedeutet Investitionen in Millionenhöhe. Asboe: „Es wäre gut, wenn sich dann viele anschließen würden, damit dort kein Flickenteppich entsteht.“
Mit Professor Oliver Opel von der Fachhochschule Heide spricht ein ausgewiesener Experte zum Thema „Flusswärmepumpe: Der Schlüssel zur klimaneutralen Wärmeversorgung in der Altstadt?“
Klimaneutral? Ja, mit 100 Prozent Ökostrom
Grüne wie Sabine Kaufmann, Vorstandsmitglied im Ortsverband Lauenburg/Lütau, gehen davon aus, dass künftig 70 bis 80 Prozent aller bestehenden Wohngebäude über eine Wärmepumpe beheizt werden könnten: „Klimaneutral, weil mit Strom, der bis 2045 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt.“
Zweifel an der technischen Realisierbarkeit wie auch an der Finanzierbarkeit weist sie zurück: „Wenn wir bezweifeln, dass dies funktioniert, sind sofort diejenigen da, die sagen, dann lasst es doch ganz.“ Angesichts von Klimakrise und Erderwärmung sei dies aber keine Option, so Kaufmann.
„Verbot von Ölheizungen geht auf Regierung Merkel zurück“
„Das Verbot von Ölheizungen ist keine grüne Idee, es geht auf die Regierung Merkel zurück, doch viele blenden das aus“, verwahrt sich Thomas Pollfuß gegen Kritik. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen in Lauenburgs Stadtvertretung setzt auch privat auf Wärmepumpentechnik. „Ich wohne selbst in einem alten Haus aus der Jahrhundertwende, beim nächsten Heizungstausch steige ich auch um. Das funktioniert, weil große Heizkörper installiert sind.“
- Lauenburg fehlen 150 Millionen Euro für die Energiewende
- Wärmeplanung: Heizen mit Strom oder Fernwärme
- Heizkosten: Tausende Geesthachter in Sorge
- Wärmepumpen im Neubau: Hamburg weit abgeschlagen
Referent Bernd Elvert, Inhaber einer Sanitär- und Heizungsfirma in Geesthacht, spricht am Info-Tag zum Thema Wärmepumpen. Die Nutzung dieser Technologie sei nicht davon abhängig, dass ein Altbau zuvor von außen gedämmt werde: „Häufig reicht es schon, vorhandene Heizflächen zu vergrößern oder alte Fenster auszutauschen, um die benötigte Vorlauftemperatur zu reduzieren und die Jahresarbeitszahl zu erhöhen.“
Ein Wert von 3,5 oder 4 bedeutet, dass die Wärmepumpe mit dem eingesetzten Strom die dreieinhalb bis vierfache Menge Heizenergie erzeugt. Die im Vergleich sehr hohen Strompreise in Deutschland schlagen jedoch auf die Kosten durch.
„Abschied von fossiler Energie gibt es nicht zum Nulltarif“
„Ich kenne keine Anlage, wo das Heizen per Wärmepumpe teurer wurde als zuvor der Einsatz von Öl- oder Gas“, sagt Elvert. Tatsächlich wisse jedoch niemand, wie sich die Preise entwickeln. Dass sich mit einer Wärmepumpe im Altbau hohe Kosten einsparen ließen, lasse sich umgekehrt auch nicht sagen. Elvert: „Der Abschied von fossilen Brennstoffen und der Kampf gegen die Erderwärmung ist nicht zum Nulltarif zu haben.“