Lauenburg. Der Pegel der Elbe in Lauenburg hat am Mittwoch wohl seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Doch die Gefahr ist längst nicht gebannt

Derzeit kann man fast zuschauen, wie das Wasser der Elbe vor Lauenburg steigt. Mittlerweile sind die Twieten in der Altstadt komplett überspült. Und es flanieren die ersten Hochwassertouristen durch die Elbstraße. Die stehen staunend vor den Wasserstandsanzeigen von 2013, die es überall in der Altstadt gibt: „Was, so hoch stand das Wasser damals?“

Von den damals erreichten 9,64 Meter ist der Wasserstand derzeit tatsächlich weit entfernt, das ist offensichtlich. Verlässliche Pegelangaben oder gar Voraussagen gibt es derzeit aber kaum. Das war schon 2013 einer der Knackpunkte. Noch unter dem Eindruck der Flut hatte die Hochwasserpartnerschaft der Elbanrainer anschließend gefordert, dass die Voraussagen verlässlicher werden müssten. „Von zuständiger Stelle wurden der zeitliche Verlauf, die Fließgeschwindigkeit und das Volumen der Welle unterschätzt“, hieß es damals in einem einstimmig beschlossenen Positionspapier.

Hochwasser Lauenburg: Entspannung nur von kurzer Dauer

Die bekannteste Plattform www.elwis.de zeigte am Mittwoch, 12 Uhr, einen aktuellen Wert von 7,76 Meter an. Die Seite der Wasserstraßen- und Schiffsverwaltung des Bundes meldete zur selben Zeit einen Pegelstand von aktuell 7,82 Meter. Auf der Seite www.hochwasservorhersage.sachsen-anhalt.de wurden 7,80 Meter angezeigt und die Seite www.wetterkontor.de meldete 7,84 Meter.

Bürgermeister Thorben Brackmann informiert sich derzeit stündlich über die telefonische Pegelansage unter der Nummer 04139/19429. Am Mittwoch, 12 Uhr, meldete die automatische Messwertansage einen aktuellen Stand von 7,93 Meter, also einen wesentlich höheren als die Onlineportale. „Ich gehe trotzdem davon aus, dass wir nicht die 8,20-Meter-Marke erreichen werden“, sagte der Verwaltungschef. Ab diesem Wert würde in Lauenburg die Hochwarnwasserstufe 2 gelten. Warnstufe 1 tritt ab einem Pegelstand von 7,60 Meter in Kraft.

Christian Asboe leitet den Lagestab Hochwasser der Stadt Lauenburg
Christian Asboe leitet den Lagestab Hochwasser der Stadt Lauenburg © Bergedorf | Elke Richel

Lauenburg erwartet zweite Hochwasserwelle

Doch unabhängig von Zentimeterangaben – am Freitag, 5. Januar, ist das Schlimmste zumindest vorerst überstanden. Das lässt sich relativ sicher voraussagen, denn alles, was am Elbpegel Dresden passiert, wirkt sich sechs bis acht Tage später in Lauenburg aus. In der sächsischen Landeshauptstadt wurde am Silvestermorgen ein Wasserstand von 4,48 Meter gemessen. Am Vortag waren es noch 5,30 Meter gewesen. Doch anhaltend regnerisches Wetter und Schneeschmelze im Oberlauf der Elbe sorgen dort seit Mittwoch erneut für höhere Pegelstände, in der tschechischen Stadt Usti nad Labem waren es innerhalb von 24 Stunden fast 30 Zentimeter. Für Dresden wird für Donnerstag wieder die Hochwasserwarnstufe 2 erwartet.

Was das genau für Lauenburg bedeutet, ist derzeit noch völlig unklar. Nur soviel: Es rollt eine zweite Hochwasserwelle auf die Stadt zu. „Wir schauen uns natürlich die Entwicklung am Oberlauf der Elbe an. Allerdings sind für uns auch die Wasserstände der Mulde und der Weißen Elster relevant“, sagt Bauamtsleiter Christian Asboe. Er leitet in Lauenburg den Lagestab aus Vertretern der Stadtverwaltung, des Wasser- und Bodenverbandes sowie der Stadtbetriebe. Seine größte Sorge in dieser Situation: Die Auswirkungen einer weiteren Sturmflut der Nordsee, die auf das Hochwasser in Lauenburg trifft. Während der Sturmflut vor zwei Wochen war der Wasserstand der Elbe vor Lauenburg innerhalb einer Stunde um 60 Zentimeter angestiegen.

Treibgut in der Elbe kann zu einer großen Gefahr werden

Entsprechend der derzeit geltenden Warnstufe 1 spricht sich der Lagestab der Stadt täglich über eventuell nötige Maßnahmen ab. „Derzeit macht uns besonders das Treibgut in der Elbe zu schaffen“, sagt Asboe. Der offizielle Begriff dafür ist Geschwemmsel, was ein bisschen darüber hinwegtäuscht, wie gefährlich die Äste und das andere Treibgut werden kann, wenn es sich irgendwo verkanntet. „Wir kontrollieren den Uferbereich daraufhin regelmäßig“, sagt Asboe.

Auch der Deich im Industriegebiet werde jetzt regelmäßig auf eventuelle Schadstellen kontrolliert. Der wurde nach dem Hochwasser 2013 angehoben. Das ist aber auch schon so gut wie die einzige Maßnahme, die im Rahmen des Hochwasserschutzes seitdem umgesetzt wurde.

Bei Warnstufe 2 wird die Information für die Anwohner intensiviert

Sollte mit der zweiten Hochwasserwelle in Lauenburg die Warnstufe 2 in Kraft treten, werden die Schutzmaßnahmen noch einmal deutlich erhöht. In diesem Fall nimmt der Lagestab unter anderem auch die Entwässerung in der Altstadt genauer unter die Lupe. Die Betroffenengemeinschaft Hochwasser fordert seit Langem, dass wenigstens für diesen Fall Zwischenlösungen geschaffen werden, wenn schon der große Wurf des Hochwasserschutzes für absehbare Zeit ausbleibt.

Das Problem: Die Rohrausläufe befinden sich normalerweise unterhalb des Wasserspiegels. Bei Hochwasser und entsprechenden Pegelständen drückt das Wasser aus den Straßenabläufen und Kanaldeckeln in die Elbstraße – so geschehen beim Hochwasser 2013. „Bei Warnstufe 2 würden wir auch die Information der Anwohner intensivieren und die weiteren Maßnahmen erläutern“, sagt Asboe.

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Das Fernsehen berichtet über fehlenden Hochwasserschutz

Vorausgesetzt Lauenburg kommt diesmal mit einem blauen Auge davon, haben die hohen Pegelstände der Elbe vielleicht sogar ihr Gutes. Gleich zwei TV-Sender bauten am Mittwoch in der Altstadt ihre Kameras auf. So mancher Bewohner der Elbstraße fühlte sich an die Zeit des Hochwassers 2013 erinnert. Den Fernsehredakteuren ging es offenbar ähnlich. „Wann wird Lauenburg endlich vor dem Hochwasser geschützt sein?“, wollten sie von Brackmann wissen.

Eine konkrete Antwort musste der Bürgermeister zwar schuldig bleiben, das mediale Interesse freute ihn trotzdem. „Ich hoffe, dass durch die jüngsten Ereignisse eine neue Dynamik in die Planung und Umsetzung des Hochwasserschutzes kommt. Wir sehen ja, dass wir jederzeit mit einem derartigen Naturereignis rechnen müssen“, sagte er den Reportern ins Mikrofon.