Lauenburg. Der Schandfleck im Stadtzentrum Lauenburg ist gewichen. Doch es tun sich neue Problemfelder auf. Was das für die Anwohner bedeutet.
„Noch 2023 wird die Brandruine verschwunden sein“, hatte Bürgermeister Thorben Brackmann bei seinem Amtsantritt im April vergangenen Jahres in Aussicht gestellt. Er sollte recht behalten. Am 8. Dezember rückte der Bagger des Abrissunternehmens Seidel aus Hohenhorn an. Lauenburgs Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, selbst die Baggerschaufel in das Abrisshaus zu rammen. Mittlerweile ist von dem Schandfleck an der Hamburger Straße nichts mehr zu sehen. Da wo das historische Vorwerkhaus einst stand, gibt es jetzt eine Brachfläche aus Sand, Geröll und Steinen.
Fast könnte man aber meinen, dass sich die verschwundene Ruine kurz vor Jahresende doch noch einmal in Erinnerung bringen wollte. Am Sonnabend, 30. Dezember, bemerkten Anwohner plötzlich deutliche Risse im Mauerwerk des Nachbargebäudes, die ihnen vor den Abrissarbeiten nicht aufgefallen waren. Die Sorge war nicht übertrieben. Feuerwehr und THW rückten an, die Polizei verfügte umgehend ein teilweises Betretungsverbot für das betreffende Hauses.
Polizei untersagt Betreten des Balkons
„Es meldet sich die Polizei aus Lauenburg. Ihr Gebäude ist aufgrund des Abrisses der Brandruine einsturzgefährdet“, steht auf dem Zettel an der Haustür des Gebäudes am Weingarten 1. „Wir hatten die Bewohner nicht angetroffen und mussten sie deshalb auf diesem Wege informieren“, sagt Polizeichef Daniel Stephan am Neujahrstag. Die Verfügung verbietet das Betreten des hinteren Teils der Wohnung, insbesondere des Balkons über dem gerissenen Mauerwerk.
Schon in der Brandnacht zum 8. Januar 2019 galt das Nachbarhaus als besonders gefährdet. Nur mit Mühe konnte die Feuerwehr damals verhindern, dass die Flammen darauf übergriffen. Das Grundstück, das einer Eigentümerfamilie aus Hamburg gehört, ist mit mehreren Gebäuden eng bebaut. Für das erfahrene Abrissunternehmen war die Beseitigung der Brandruine trotzdem keine außergewöhnliche Herausforderung. „Hier ist doch eine Menge Platz. Da kennen wir ganz andere Sachen“, sagte Inhaber Felix Seidel bei Beginn der Arbeiten gegenüber unserer Redaktion.
Statiker untersucht Gebäudezustand
Welche Sicherheitsmaßnahmen das Gebäude nun retten sollen, wird in den nächsten Tagen ein Statiker klären. Der gefährdete Bereich ist weiträumig mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Juwelier und Uhrmachermeister Jens Siemon, der im Erdgeschoss des Gebäudes ein Ladengeschäft führt, wurde noch am späten Samstagabend von der Polizei über die eingetretene Situation informiert. Auch die Eigentümerfamilie aus Hamburg weiß mittlerweile Bescheid.
Noch am Sonnabend hatte ein Experte des Technischen Hilfswerkes an der betroffenen Mauer des Hauses mehrere Gipsplomben angebracht. Die angebrachten Flecken werden dann einige Zeit beobachtet – sind sie danach unbeschädigt, handelt es sich um ruhende Risse. Sind sie zerbrochen oder gespalten, sind die Risse in Bewegung. Aber auch dann wäre das Gebäude nicht zwangsläufig verloren. In solchen Fällen können spezielle Stützkonstruktionen einsturzgefährdete Mauern retten.
Fläche könnte noch einige Jahre brach liegen
Auch wenn es in Lauenburg begrüßt wird, dass die Brandruine nach fast fünf Jahren verschwunden ist, einen schönen Anblick bietet die Geröllfläche mit den dahinterliegenden Gebäuden nicht. Allerdings weiß derzeit niemand, wie lange es mitten im Stadtzentrum noch so aussehen wird. Der Stadt jedenfalls sind weitgehend die Hände gebunden. „Wir können die Eigentümer nicht zwingen, dort zu bauen. Auf der anderen Seite müssen zu allen Plänen die zuständigen politischen Gremien der Stadt grünes Licht geben“, sagte Bürgermeister Thorben Brackmann zu Beginn der Abrissarbeiten.
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Vor zwei Jahren hatten die Hamburger Eigentümer der Stadt den Plan eines Wohngebäudes vorgelegt, das sie an dieser Stelle errichten wollten. Doch der massive Baukörper fiel bei der Politik geschlossen durch. Bemühungen der Stadt, das Grundstück selbst zu erwerben, scheiterten an den Preisvorstellungen der Eigentümer. Selbst wenn die jetzt einen zustimmungsreifen Entwurf hätten, würde dann erst das langwierige Genehmigungsverfahren beginnen. „Realistischerweise müssen wir davon ausgehen, dass wir mindestens drei oder vier Jahre mit der Brachfläche leben müssen“, sagt Brackmann.