Wentorf. Rücktritt knapp abgewendet. Feuerwehr-Chef kritisiert, dass die Wehr für politische Entscheidungen von der Bevölkerung angefeindet wird.
Nächstes Jahr sind zehn Jahre vergangen, seit die Freiwillige FeuerwehrWentorf auf ihre neue Feuerwache wartet. Die Planungen sind jetzt so weit, dass 2024 die einstige Hauptschule für den Bau der neuen Wache abgerissen werden könnte. Jetzt posten die Feuerwehrleute selbst einen öffentlichen „Notruf“ auf Facebook. Die Wehrführung wollte sich beurlauben lassen, weil sie die Vorwürfe aus der Bevölkerung in Hinblick auf Kosten und Standort für die neue Wache extrem belasten. Das Gesuch hat Bürgermeisterin Kathrin Schöning jedoch abgelehnt; sie will die Einsatzbereitschaft der Wehr aufrechterhalten. Wehrführer Nico Hintz und sein Stellvertreter Stephan Petersen haben sich nun dazu durchgerungen, ihre Ämter vorerst zu behalten.
Seit knapp sechs Jahren ist Nico Hintz Chef der Wentorfer Wehr. Wie die übrigen etwa 60 Ehrenamtlichen ist der 57-Jährige rund um die Uhr für die Wentorfer Bevölkerung da, riskiert im Notfall die Gesundheit, wenn nicht das Leben. 2023 waren die Feuerwehrleute rund 140-mal im Einsatz. „Wir sind aber nicht länger bereit, als Sündenbock für Entscheidungen, die auf politischer Ebene getroffen werden, herzuhalten“, sagt Nico Hintz im Namen seiner Kameraden. „Daher fordern wir jetzt ein klares Bekenntnis der Parteien für den Neubau am beschlossenen Standort. Außerdem sollen Verwaltung und Politik den uns gegenüber erhobenen Vorwürfen entgegentreten.“ Die Ehrenamtlichen erwarten mehr Rückhalt und ein klares, öffentliches Signal von den Politikern.
Notruf: Feuerwehr Wentorf will kein Sündenbock sein
Zuletzt gerieten die stark gestiegenen Baukosten in die Schlagzeilen. Aktuell belaufen sie sich auf 20,6 Millionen Euro. „Es ist bemerkenswert, dass sämtliche getroffenen Entscheidungen in diesem Prozess stets durch eine große Mehrheit der Wentorfer Parteien getroffen wurden und keinesfalls durch die Feuerwehr“, betont Nico Hintz. „Dennoch sehen wir uns zunehmend Vorwürfen ausgesetzt: Wir würden uns ein Schloss bauen, würden durch die Standortwahl die Wentorfer Schulen in ihrer baulichen Entwicklung behindern, Kindern und Erwachsenen ihre Sporthalle nehmen und wegen der hohen Baukosten und der damit einhergehenden finanziellen Belastung andere wichtige Projekte in Wentorf verhindern.“
Der Wehrführer erklärt: „Wir als Vorstand verurteilen dies aufs Schärfste: Die Wehrführung steht zwar in engem Kontakt mit den politischen Gremien und berät diese, jedoch trifft die Politik die Entscheidungen und nicht die Feuerwehr.“ Mit dem neuen Feuerwehrhaus würden gesetzliche Vorgaben umgesetzt und den Standort am Fritz-Specht-Weg neben der Grundschule habe nicht die Feuerwehr eingefordert.
Im Gegenteil, stellt er klar: Bereits vor der Erschließung des Neubaugebiets Lange Asper hatte der damalige Feuerwehrvorstand vorgeschlagen, dort ein Grundstück für einen Feuerwehrneubau zu reservieren. „Der Wegfall der Sporthalle am neuen Standort schmerzt auch uns“, sagt Hintz. Schließlich träfen sich dort auch die Jugendfeuerwehrleute regelmäßig zum Sport.
Auch interessant:
- Wentorf: Feuerwehrmann tätlich angegriffen und bespuckt
- Reinbeks Feuerwehr rückt jetzt vom Mühlenredder aus
- Was sich hinter den Kulissen von „Wetten, dass ..?“ abspielt
Die Nerven liegen wegen jahrelanger Diskussionen blank
Durch die jahrelange Belastung wegen des geplanten Neubaus liegen die Nerven mittlerweile blank. Bereits 2014 waren die Unzulänglichkeiten des aktuellen Standorts am Fritz-Specht-Weg 3 aufgezeigt worden, doch allein bis zum Grundsatzbeschluss über die Notwendigkeit eines Neubaus und für die Standortwahl vergingen bis zum Dezember 2019 mehrere Jahre.
„Wir haben regelmäßig darauf hingewiesen, dass wir bei gleicher Leistungsbeschreibung einen entsprechenden Zweckbau zu weitaus geringeren Kosten als ausreichend erachten“, sagt Nico Hintz. „Bei Einhaltung der ursprünglichen Zeitschiene hätten wir schon heute in das neue Gebäude einziehen können.“ Die Planungen für die Feuerwehr seien jedoch durch die Akquise von Bundesfördermitteln im Jahr 2021 deutlich verzögert und durch damit verbundene Anforderungen an das Gebäude auch verteuert worden.
Retter leiden unter den beengten Bedingungen im alten Gebäude
„Die Politik wollte ein Leuchtturmprojekt“, erklärt Nico Hintz. „Das aber kostet Zeit und Geld.“ Derweil leidet sein Team unter den beengten Bedingungen: „Wir haben akuten Platzmangel“, bestätigt er. „Gerade haben wir wieder drei Container für Material erhalten, eines unserer Fahrzeuge muss auf dem Bauhof stehen, unsere Jugendfeuerwehrleute müssen sich in einer Garage umziehen und die gesetzlich vorgeschriebene Schwarz-Weiß-Trennung ist bei uns nicht möglich.“ Damit ist die getrennte Lagerung von verschmutzter Einsatzkleidung und Privatkleidung gemeint. Wie es weitergehen soll, weiß Nico Hintz selbst nicht. Zurzeit hofft er auf Gespräche mit der Politik.