Reinbek. Schwieriges Projekt kommt zu einem guten Abschluss: Ehrenamtliche beziehen nach 15 Jahren ihr neues Feuerwehrgerätehaus.
Ihren Umzug an den neuen Standort am Mühlenredder hat die Freiwillige Feuerwehr Reinbek wörtlich genommen: Eine halbe Stunde vor dem Festakt mit geladenen Gästen setzte sich ein Fahrzeugkonvoi unter Musikbegleitung feierlich von der Klosterbergenstraße zum Mühlenredder in Bewegung. Feuerwehrleute befreundeter Wehren, Vertreter von Vereinen und viele weitere Reinbekerinnen und Reinbeker grüßten die „90er“, wie die Wache intern genannt wird, vom Straßenrand aus. Seit Sonnabend, 1. Juli, um 16.18 Uhr ist die Feuerwehr Reinbek an der neuen Wache am Mühlenredder einsatzbereit.
Die Vorbereitungen für den Umzug in das neue Feuerwehrgerätehaus sind schon vor Wochen angelaufen. Die ersten Möbel, Aktenordner und Geräte wurden sukzessive zum neuen Standort gebracht, nun sind auch Fahrzeuge und Mannschaft an der neuen Adresse eingetroffen. 200 bis 300 Einsätze gibt es pro Jahr, 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr sind die Frauen und Männer für die Bevölkerung da. „Ich habe Gänsehaut, wenn ich das Gebäude betrete“, sagte Gemeindewehrführer Oliver Selke bei der Begrüßung und bedankt sich zugleich beim Rathaus-Team. Rund 400 Gäste hatten in der Fahrzeughalle Platz gefunden.
Reinbek: Freiwillige Feuerwehr rückt jetzt vom Mühlenredder aus
Der Vorschlag, eine Feuerwehrwache aus Holz zu bauen, sei 2018 zuerst belächelt worden, verriet Architekt Ruwen Rimpau-Spichalsky vom Büro Rimpau Bauer Derveaux, das sich unter 260 Bewerbern mit seinem Entwurf durchgesetzt hatte. „Es war für mich ein besonderes Projekt, das ich vom ersten Strich bis zur Fertigstellung begleiten durfte“, sagte Projektleiterin Kathrin Zur-Lage, die den Feuerwehrbau für die Stadt begleitet hatte. Mit viel Applaus zollte das Publikum ihrer Leistung Respekt. 489 E-Mails habe allein Wehrführer Hans-Jörg Haase mit Kathrin Zur-Lage ausgetauscht.
Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer sagte zur Eröffnung: „Ich habe in meiner Neujahrsansprache ein ,endgeiles Haus’ angekündigt, und das ist es geworden“. Und auch er blickte auf die schwierigen Zeiten von der Planung bis zur Fertigstellung zurück: „Es ist so manchem hinter verschlossener Tür der Kragen geplatzt“, verriet er. „Aber wir haben es geschafft.“ Und er ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Ich war verblüfft, wer schon alles ein Feuerwehrhaus gebaut hat.“
Wehrführer: „Ein Bau, den es bundesweit kein zweites Mal gibt“
Stormarns Landrat Hennig Götz lobte: „Mit diesem Bau sind wir wieder ein Stück weiter damit, den Brandschutz noch sicherer zu machen.“ Und Wehrführer Hans-Jörg Haase betonte: „Dies ist ein Bau, den es in Schleswig-Holstein, ich behaupte sogar bundesweit, kein zweites Mal gibt“. Auch sei er stolz auf die Ideen des Teams. So gebe es jetzt beispielsweise einen Co-Working-Space für berufstätige Retter, die dort mobil arbeiten könnten. Die Tagdienste ließen sich so vor Ort einfacher abbilden. Er freue sich auch auf die Nutzung der neuen Räume für Seminare und Weiterbildungen beispielsweise durch die Polizei oder die DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft).
Ohne seinen Stellvertreter Markus Bradtke-Hellthaler hätte er das Projekt Neubau jedoch nicht schaffen können, stellte Haase fest. Und so ist es auch der stellvertretende Wehrführer, der um 16.18 Uhr die Wache in der Leitstelle erstmals einsatzbereit meldet. Sichtlich bewegt übernahmen die beiden schließlich den symbolischen Schlüssel von Architekt Ruwen Rimpau-Spichalsky.
Reinbeks Feuerwehr war 134 Jahre an der Klosterbergenstraße
Von 1889 an war der Standort der 1887 gegründeten Freiwilligen Feuerwehr Reinbek an der Klosterbergenstraße. Lediglich die Straßenseite wurde einmal gewechselt. Das denkmalgeschützte Spritzenhaus von 1892 steht noch heute an der Klosterbergenstraße 4. Nun ist nach jahrelangen Diskussionen und Streitigkeiten um Kosten und Standort und letztendlich auch immensen Kostensteigerungen auf am Ende 14,6 Millionen Euro ein weiteres Großprojekt Reinbeks zum Abschluss gekommen. 3200 Quadratmeter ist die neue Feuerwehr groß. Die Fahrzeughalle verfügt über zwölf Tore zuzüglich Waschanlage und Werkstatt.
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Beim Bau des neuen Feuerwehrhauses wurde Nachhaltigkeit großgeschrieben. So stellt der Holzbau einen wesentlichen Beitrag zum klimagerechten Bauen und dem Umgang mit ressourcenschonenden Materialien dar. 91 Feuerwehrleute sind zur Zeit im aktiven Dienst, dazu kommen 40 Kinder und Jugendliche sowie Ehrenamtliche mit Verwaltungsaufgaben.
Der Neubau für die Feuerwehr hat eine lange Vorgeschichte
Das Gezerre um den Feuerwehrstandort hat in Reinbek schon Tradition: 1967, 75 Jahre nach dem Bau der ersten Feuerwache, entsteht schräg gegenüber an der Klosterbergenstraße 1b das zweite Gerätehaus. Doch intern wird man schon 1978 auf Mängel aufmerksam: Die große Enge birgt viele Unfallgefahren. Erst 1983 kommt es zu einer öffentlichen Diskussion, 1987 gibt ihr ein Schreiben der Feuerwehr-Unfallkasse Feuer, das große Mängel moniert. Schon 1988 wird damals der erste Umbau beschlossen. Doch schon 1989 wird diese Idee wegen vermeintlich hoher Kosten, die durch falsche Berechnungen entstanden waren, wieder verworfen.
1990 kommt zum ersten Mal die Idee eines Neubaus am Mühlenredder (Nummer 10) auf. Doch auch der wird wegen zu hoher Kosten wieder ad acta gelegt. 1993 – nach 17 Jahren beschließt die Politik einen Um- und Anbau an der Klosterbergenstraße 10. Im April 1995 ist Baubeginn. Die Einweihung wird im August 1997 die Einweihung gefeiert.
Der Standort am Mühlenredder war ein heiß diskutiertes Politikum
2008 beginnt das Spiel von vorn: Die Feuerwehr-Unfallkasse bemängelt die Unfallgefahren für die Ehrenamtlichen wegen der Parkplatzsituation, aber auch die Tragfähigkeit des Gebäudes – denn die Feuerwehrfahrzeuge werden immer schwerer. Diesmal brauchen Politik und Verwaltung immerhin nur 15 Jahre bis zur Einweihung des Neubaus.
Der Standort der Feuerwache am Mühlenredder war lange ein Politikum in Reinbek: Zu gefährlich für die benachbarten Grundschulkinder, zu klein, so lauteten die Kritikpunkte, um die sich die Kommunalpolitiker seit 2010 stritten. Nachdem die Politik 2015 den Entwurf von Jan Derveaux und Rimpau & Bauer Architekten ausgewählt hatte, entbrannte plötzlich ein neuer Streit um die Kosten des Projektes. Die waren mittlerweile auf 6,5 Millionen Euro geklettert, wie sie sich entwickelt hatten, war der Politik zu undurchsichtig. Deshalb legte sie das Projekt auf Eis. 2016 bewilligte sie das Geld. Im Sommer 2021 war schließlich Baubeginn.