Wentorf. 20,6 Millionen Euro kostet die neue Feuerwehrwache. Nach der Haushaltssperre im Bund könnten Zuschüsse gestrichen werden.
Was könnte man mit 21 Millionen Euro alles machen? Man könnte beispielsweise 333 nigelnagelneue Tesla Y kaufen, 49 Einfamilienhäuser bauen oder den Baubetrieb des Hamburger Elbtowers für einen Monat am Laufen halten, wenn man noch weitere vier Millionen Euro drauflegt.
Die Gemeinde Wentorf will sich von dem Geld eine neue, dringend benötigte und seit Langem geforderte Feuerwehrwache auf dem rund einen Hektar großen Gelände der Hauptschule am Fritz-Specht-Weg bauen. Besonders innovativ soll sie werden, in Holzständerbauweise, ausgestattet mit modernster Technik wie Luftwärmepumpe, PV-Anlage, Speicher und ausreichend Platz für Fahrzeuge und Material. Der Entwurf gilt als Leuchtturmprojekt in Sachen Nachhaltigkeit und Energiebilanz.
Feuerwehr: Müssen Wentorfs Retter noch länger auf neue Wache warten
Auch in Sachen Baukosten wird die Wache ein Vorreiter. Sie wird mit geschätzten 20,6 Millionen Euro das bislang teuerste Bauwerk, das sich die Gemeinde in ihrer Geschichte geleistet hat. Das Feuerwehrgebäude würde noch mal um sechs Millionen Euro teurer werden, als die neue Wache in der Nachbarkommune Reinbek, ebenfalls ein Holzbau mit begrüntem Dach, allerdings noch ohne Solarpanels.
Vor zwei Jahren waren noch elf Millionen Euro weniger für den Bau veranschlagt. Doch durch die enormen Baukostensteigerungen in der jüngsten Zeit von mehr als 30 Prozent und die gestiegenen Kreditzinsen haben fünf Planungsbüros die geschätzten Kosten nun auf 20,6 Millionen Euro nach oben korrigiert. „Ein Mammutprojekt für die Gemeinde“, gibt Bürgermeisterin Kathrin Schöning unumwunden zu. Das Projekt allein würde nahezu die gesamten Einnahmen aus Steuern, Abgaben und Schlüsselzuweisungen für das kommende Jahr von geschätzten 23,3 Millionen Euro auffressen.
20,6 Millionen teure Feuerwache: Wie soll die Gemeinde das stemmen?
Geht es nicht günstiger? Übernimmt sich die Gemeinde mit so einem teuren Bau? Wie soll sie das stemmen? Muss sie zukünftig sparen? Und werden dann andere Großprojekte wie die dringende Sanierung und Erweiterung der Schulen auf Eis gelegt? Fragen über Fragen, die die Wentorfer umtreibt und auch an den SPD-Vorsitzenden Uwe Kraft herangetragen wurden.
„Ich habe keine Antworten darauf“, sagt Kraft. Die soll jetzt eine Einwohnerversammlung liefern, für die sich seine Partei starkgemacht hat und auf der die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung Rede und Antwort stehen. „Transparenz und Mitbestimmung – dafür sind wir angetreten. Die sind wir den Bürgern angesichts der hohen Summe schuldig“, sagt Kraft.
SPD macht sich für Einwohnerversammlung stark
„Auf Einwohnerversammlungen kann abgestimmt werden. Auch wenn das Ergebnis für die Verwaltung nicht bindend ist, wäre es doch interessant zu erfahren, was die Bürger über das neue Gerätehaus denken“, ergänzt der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Warmer. Nur eine Frage sollte dann nicht gestellt werden: Braucht es einen Neubau für die Wehr? Denn das ist unumstritten – auch in der SPD.
Der Termin steht fest: Am Donnerstag, 1. Februar 2024, können die Wentorfer ab 19 Uhr in der Aula der Gemeinschaftsschule Fragen zum Neubau der Wache stellen und werden zugleich über die Planungen am Casinopark und an der Hauptstraße informiert.
Vorschlag sorgt bei den Feuerwehrleuten für große Verunsicherung
„Eine Einwohnerversammlung ist kein Bürgerentscheid“, stellt Schöning klar, die dafür extra in der Gemeindeordnung nachgelesen hat. „Es können Vorschläge gemacht werden, die ich als Bürgermeisterin dann zeitnah in die vorgesehenen Ausschüsse tragen werde“, sagt sie und hofft sehr, dass der bereits laufende und fortgeschrittene Prozess durch die Versammlung nicht aufgehalten und weiter verzögert wird.
Hinter den Kulissen hat der Vorschlag der SPD für sehr viel Unruhe, ein bisschen Unverständnis und noch mehr Verunsicherung gesorgt, sagt Natascha Pätzold, Sprecherin der Wentorfer Wehr. „Die Sorge unter den Feuerwehrleuten ist groß, dass sie nun noch länger auf eine neue Wache warten müssen“, sagt sie.
Seit nunmehr elf Jahren begnügen sich die Retter mit einer viel zu kleinen, viel zu ungenügenden Wache aus den 1970er-Jahren, die die gesetzlichen Anforderungen schon lange nicht mehr erfüllt. Immer mehr musste aus dem Backsteinbau ausgelagert, immer mehr Container auf das Gelände gestellt werden. Nun kommt eine weitere Garage und ein weiterer Container hinzu, der als Umkleide dienen soll. Die insgesamt 60.000 Euro für die Anschaffung haben die Politiker bereits bewilligt.
„Wir wollen uns kein Schloss hinsetzen, haben nur umgesetzt, was das Gesetz vorschreibt und sind beim Raumplan nicht übers Maß hinausgeschossen“, verteidigt Natascha Pätzold den teuren Entwurf. Sie sieht kaum Möglichkeiten, wo der Rotstift angesetzt werden könnte. „Das würde außer weiteren Folgekosten auch in der Summe nichts bringen.“
Haushaltssperre im Bund: Wird der 4,5 Millionen Euro Zuschuss nun gestrichen?
Eine Meinung, die die CDU-Fraktion teilt und mit Unverständnis auf den SPD-Vorstoß reagiert hat, „zumal die SPD in den Ausschüssen alle bisherigen Entscheidungen mitgetragen hat“, sagt CDU-Mann Marco Schmitz und Vorsitzender des Finanzausschusses. Auch er musste bei der Summe erst einmal schlucken, gibt er unumwunden zu.
Als oberster Kenner der Finanzlage sei er aber zuversichtlich, dass Wentorf mit seinem soliden Haushalt das Großprojekt Feuerwehrwache stemmen kann, zumal die Summe ja nicht auf einen Schlag fällig wird. „Die Gemeinde ist bislang gut über die Runden gekommen und wird weiter gut über die Runden kommen“, sagt Schmitz, wenn nicht weitere Unwägbarkeiten der großen Weltlage dazwischen funken.
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Die neuste und nicht ganz unwichtige Unwägbarkeit ist die Haushaltssperre im Bund. Was bedeutet das für Wentorf? Werden die formal in Aussicht gestellten 4,5 Millionen Euro an Zuschüssen nun gestrichen? „Das glaube ich nicht“, sagt Schöning. „Das ist keine Förderung von der Stange, sondern ein zweckgebundener Titel, für den ich per Mail schon eine Zusicherung habe“, sagt die Bürgermeisterin voller Zuversicht.
Verband mit Sitz in Elmenhorst plant seit drei Jahren den Bau einer neuen Zentrale
Im Dezember wird sie dafür offiziell den Antrag einreichen. Mit einem Bescheid rechnet sie frühestens in einem halben Jahr. Erst dann kann ich mit den Ausschreibungen beginnen, erst dann kann der Abriss der Schule im Oktober erfolgen. Geht alles glatt, soll die neue Wache im September 2026 bezogen werden und Wentorf zahlt 16,1 Millionen Euro.
Möglicherweise auch weniger – hoffen alle Beteiligte. Denn angesichts zahlreicher gestoppter und verschobener Bauprojekte könnten die Baupreise nun wieder sinken. Eine Hoffnung, die auch Sven Minge, Geschäftsführer des Kreisfeuerwehrverbandes Herzogtum Lauenburg, hat. Der Verband mit Sitz in Elmenhorst plant seit drei Jahren den Bau einer neuen Zentrale für die 127 Freiwilligen Wehren im Kreis. Nach einer ersten Schätzung sollte der Neubau aus Stein 13 Millionen Euro kosten. „Mittlerweile liegen wir auch schon bei 20 Millionen Euro“, sagt Minge.