Lauenburg. Von Januar bis April war das Tier in Lauenburg zu Gast, dann ging es zurück in die Nordsee. Doch am Ende gab es noch eine Überraschung.
Braune Knopfaugen und ein Blick zum Steinerweichen – der kleine Seehund ließ sich zu Beginn des Jahres in der Lauenburger Marina häuslich nieder. Das Tier schien sesshaft geworden zu sein, nachdem es zuvor angeblich immer mal hier oder dort vor Lauenburg gesehen worden war. Hafenmeisterin Yildiz Frühauf gab ihrem possierlichen Untermieter den Namen Fredo.
Dem Charme der kleinen Robbe erlagen auch Journalisten reihenweise. Nicht nur die regionalen Medien berichteten über ihn. Mehrere Fernsehsender bauten in der Marina ihre Kameras auf, und Fotoreporter warteten stundenlang für das eine Bild. Da nutzte es gar nichts, dass Einheimische immer wieder betonten, dass schon öfter vor Lauenburg Seehunde gesichtet worden waren. Fredo wurde ein Medienstar.
Seehund Fredo erobert Lauenburg
An dieser Stelle muss ich leider einräumen, dass ich die Robbe nicht ein einziges Mal selbst zu Gesicht bekommen habe. Doch auf unsere Leser ist Verlass. Fast täglich erhielten wir neue Fotos: Fredo im Wasser, Fredo auf dem Bootssteg, Fredo gut getarnt im Schilf.
Aber auch besorgte Stimmen wurden laut. Ist das nicht zuviel Rummel um das Tier? Würde der Seehund in die Nordsee zurückfinden? Immerhin hatte sich die kleine Robbe offenbar von der Nordsee über den Hamburger Hafen und die Geesthachter Staustufe gut 150 Kilometer stromaufwärts bis Lauenburg durchgeschlagen.
Tierfreunde machten sich Sorgen
Im März sorgte Fredo wieder für Schlagzeilen. „Passanten schlagen Alarm: Seehund sorgt für Aufregung im Norden“ schrieb die Mopo. „Seehund Fredo sorgt für Feuerwehreinsatz“, titelte die Bild. Was war passiert? Unter dem Stichwort „Tier in Not“ war die Lauenburger Feuerwehr von Tierfreunden alarmiert worden. Das war Fredo allerdings keineswegs. „Manchmal liegt er tagelang am Ufer, dann taucht er wieder ab. Mal sehe ich ihn morgens, mal abends“, sagte Hafenmeisterin Yildiz Frühauf gegenüber unserer Zeitung.
Um sicher zu gehen, dass es ihrem Gast gut geht, schickte sie regelmäßig Videos an die Wissenschaftler in Friedrichskoog. „Sie beurteilen seinen Zustand regelmäßig. Demnach findet er hier genügend Futter und ist auch sonst mopsfidel“, erklärte sie besorgten Tierfreunden immer wieder.
Kleiner Seehund wurde immer zutraulicher
Doch die Experten warnten auch: Ein Seehund ist und bleibt ein Wildtier, das kräftig zubeißen kann, besonders wenn es in Bedrängnis gerät. Aber davon hatte Fredo offenbar noch nichts gehört. Er gewöhnte sich sich zu sehr an die Menschen und zeigte keinerlei Scheu mehr. Selbst in Hunden sah er Spielgefährten, was die wohl nicht immer erwiderten. Das hatte ihm wahrscheinlich die Blessur über dem linken Auge eingebracht, was den Wissenschaftlern dann doch Sorgen bereitete.
Am Montag, 24. April, holten Mitarbeiter der Seehundstation Friedrichskoog den kleinen Seehund ab. Der war inzwischen so zutraulich geworden, dass er nicht betäubt werden musste, sondern sich ohne Probleme einfangen ließ.
Große Überraschung: Fredo ist in Wirklichkeit ein Mädchen
In der Seehundstation angekommen, wurde Fredo erstmal gründlich untersucht. Dabei wurde übrigens auch das letzte Geheimnis gelüftet: Fredo ist in Wirklichkeit ein Mädchen – also eine Frieda, wie Yildiz Frühauf kurzerhand beschloss. Für das Tier ging es dann auf direktem Weg in ihren eigentlichen Lebensraum, die Nordsee.
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Damit hätte die Geschichte eigentlich zu Ende sein können, denn unter ihren vielen Artgenossen hätte wohl niemand die kleine Seehunddame aus Lauenburg ausfindig machen können. Doch hier wurde der putzige Gast nicht vergessen. Als Ende Juli wieder Bilder von einem Seehund auf einer Sandbank vor Lauenburg auftauchten, da war sich Hafenmeisterin Yildiz Frühauf ganz sicher: Das konnte nur Frieda sein, die kurz Hallo sagen wollte.