Wentorf. Rik Reinking zeigt Sammlung nicht nur im Ausstellungshaus, sondern auch im denkmalgeschützten Park von Rudolph Jürgens in Wentorf.
Dass es ein Langzeitprojekt werden würde, das wusste Rik Reinking schon 2017: Vor rund sechs Jahren haben der Kunstsammler und seine Frau Anna-Julia an der Golfstraße in Wentorf die ehemalige Sprachheilschule vom Land Schleswig-Holstein erworben. Auf mehr als 100.000 Quadratmetern gibt es neben dem 2500 Quadratmeter großen Schulkomplex, in dem heute sein Ausstellungshaus entstanden ist, auch Wald, einen denkmalgeschützten Park mit altem Baum- und Rhododendron-Bestand und die Villa Weltevreden samt Remisen, Torhaus und Nebengebäuden.
„Wir haben es nie bereut, es ist fantastisch“, sagt Rik Reinking bei einem Spaziergang durch den weitläufigen Park, den der Bauherr der Villa, der belgische Kaufmann Georges Fester, 1914 vom Gartenarchitekten Rudolph Jürgens entwerfen ließ. Ebenso wie der Galeriekomplex, der durch Führungen durch die Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich ist, soll auch der Skulpturenpark ein Ort der Begegnung sein. Die Restaurierung und Gestaltung des Landsitzes allerdings sei ein ständig weiterlaufender Prozess.
Park im Villengebiet: Ein Abenteuerspielplatz für Kunstfreunde
Wie viele Kunstwerke im Park ihre Heimat gefunden haben? „Lassen Sie mich mal überlegen, ich habe sie nie gezählt“, sagt Reinking beim Rundgang durch seinen Garten. „Es müssen so an die 40 sein.“ Und es ist auch gar nicht so einfach, sie zu zählen. Denn während des Bummels unter den mehr als 100 Jahre alten, hohen Bäumen fällt dem Besucher immer wieder etwas auf: Da unten am Stamm der Eiche, was soll denn die Dreifach-Steckdose dort? Und liegt dort nicht eine Tür mit Klinke und Scharnieren in der Erde?
Der Kunstsammler lacht und wischt die „Backdoor“, eine feuerverzinkte Kellertür mit allem Drum und Dran von Jimmy Durham und eingelassen in den Boden, wieder vom Erdreich frei. „Das ist die Hintertür zur Welt“, erklärt der Kunstfreund grinsend. „Jimmy war ein Engel, ich war mit ihm befreundet.“ Dass sich davor ein Mauseloch öffnet, passt für ihn.
Dreiklang zwischen Architektur, Natur und Kunst
Genauso stellt Reinking sich seinen Park vor: „Als Dreiklang zwischen Architektur, Natur und Kunst.“ Gäste sollen die Werke für sich entdecken und über sie zum Gespräch angeregt werden: ein wahrer Abenteuerspielplatz der Kunst. Wenn dabei ein Rudel Rehe über die Wiese schreitet und schließlich hinab ins Billtal springt, desto besser.
Damit steht Reinking ganz in der Tradition des Gartenkünstlers Rudolph Jürgens. Der Gartenbauingenieur war am Gesamtbild der Landschaft interessiert, dessen Panoramen er für die Betrachter komponierte. Noch heute ist seine Krokuswiese vor dem Husumer Schloss bekannt.
Nicht nur ein Zuhause der Kunst, sondern auch für ein Pfauenpaar
Er integrierte auch eine Obstwiese, ein ovales Schwimmbad samt Pavillon und einen Tennisplatz in den Garten, der im hinteren Teil in mehreren Stufen zur Bille ins Tal abfällt. Die Reinkings haben die Anlagen wieder freilegen lassen. Der Tennisplatz ist heute eine Wiese, das Schwimmbecken wollen sie aber wieder sanieren lassen – als Schauplatz für Kunst, versteht sich.
Zum Charakter des Anwesens passt auch, dass Pollux und Pepsi hier ein Zuhause gefunden haben: ein Pfauenpärchen, das neugierig alle Gäste, Handwerker oder andere Neuigkeiten inspiziert, sich selbstbewusst präsentiert und ab und zu herumkrakeelt. „Pollux klingt ein wenig wie eine Autotröte“, stellt Rik Reinking fest.
Es gibt ständig neue Kunst zu entdecken
Überall auf dem Anwesen sind Kunstwerke zu entdecken, und ständig ist etwas Neues geplant. Die Steckdose im Baum heißt übrigens „Power-Plant“ und ist die Idee des Deutschrappers „Das Bo“. Im vorderen Bereich vor dem Atelierhaus soll eine Leihgabe der Hamburger Kunsthalle installiert werden: Eine blaue, gläserne Sänfte des Hamburger Künstlers Klaus Kumrow, die bereits auf der documenta 8 gezeigt worden ist.
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Ganz neu ist die Leuchtschrift „Doom“ an der Traufe des Ausstellungshauses vom jungen Künstler Merlin Reichart – auf Deutsch: Schicksal oder Verhängnis. Sie strahlt auch von Weitem durch den winterlich grauen Park. „Er ist ein Absolvent der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, kommt aber ursprünglich aus München“, erzählt Rik Reinking. „Das passt so gut zu uns“, stellt er fest. „Es ist genau der Schriftzug des Hamburger Doms, den er dann um ein o ergänzt hat.“
So kann man den Park besuchen
Die weiß leuchtende Schrift setzt einen Kontrapunkt zu einem scheinbar ebenfalls leuchtenden gelben Quader, der auf der gegenüberliegenden Seite des Parks steht: eines von vielen verschiedenen Werken des Niederländers Folkert de Jong. „Der Quader ist aus gelbem Plexiglas und mit Wasser gefüllt“, erläutert der Sammler. „Neulich schrie eine Besucherin, die ihn fotografiert hat, plötzlich auf. Denn plötzlich fiel die Sonne darauf und enthüllte die Figur, die darin sitzt.“ Beim trüben Winterwetter ist die Frauenfigur im Schneidersitz mit einer emporgereckten Hand und wallendem Haar nur schemenhaft zu erkennen, während die Kanten des Quaders neongelb glänzen.
Wer diese und andere Entdeckungen machen will, etwa einen winzigen Hitler aus Bronze, der sich über so viel Kunst die Haare rauft, sollte sich online bis 6. Januar 2024 für eine Führung der Ausstellung Homo Ludens anmelden. In diesem Rahmen kann man sich auch unter Voranmeldung für 18 Euro den Park anschauen. Danach startet das WAI (Golfstraße 5) in die Umbaupause für die neue Ausstellung, die im Mai eröffnet wird. Die Adresse lautet: woodsartinstitute.com/besuch/