Wentorf. Viertklässler und die ersten Lehrer verlassen nach den Sommerferien das Landesförderzentrum Sprache in Wentorf.

Thorge (11) ist stolz – und er hat allen Grund dazu: Denn als er vor drei Jahren ins Landesförderzentrum (Lfz) Sprache nach Wentorf kam, konnte er sich kaum verständigen. „Ich konnte kaum sprechen, niemand konnte mich verstehen“, erinnert er sich an die erste schwere Zeit. „Und jetzt?“, triumphierend blickt er durch seine Brillengläser: „Es war ein Sprachfehler. Aber der ist fast behoben. Nur das ‚r’ ist noch schwierig.“

Denn Thorge hat jeden Nachmittag mit einer Sprachtherapeutin geübt. Jetzt kann er nach den Ferien eine reguläre Förderschule in seiner Heimatstadt Neumünster besuchen. „Ich freue mich schon drauf, weil ich dann Schwimmen habe.“ Seine Freunde werde er aber wohl vermissen: Mehr als zehn enge Freunde habe er gefunden, für ihn und seine Mitschüler alles andere als selbstverständlich.

Für Thorge und seine Klassenkameraden heißt es jetzt Abschied nehmen. Das Lfz konnte ihnen ein Stück unbeschwerte Kindheit bieten, sie auf ein normales Leben vorbereiten.

Doch trotz guter Therapiearbeit wird es nach den Ferien in Wentorf keine neuen ersten Klassen mehr geben. Denn das Bildungsministerium hat entschieden, dass das Lfz schrittweise nach Schleswig zum Lfz Hören verlagert wird. Gegen die Meinung der Eltern und des Kollegiums. Der Landesrechnungshof hatte die Zusammenlegung aus Ersparnisgründen empfohlen.

„Wir Eltern sind von den Politikern nicht gehört worden“, bedauert Claudia Krötsch, deren Sohn Luca die dritte Klasse des Lfz besucht. „Auch im Bildungsausschuss in Kiel haben wir kein Rederecht bekommen. Dabei wissen wir am besten, wie gut sich unsere Kinder in Wentorf entwickeln.“ Sie will gemeinsam mit anderen Eltern eine Volksinitiative starten, 7000 der erforderlichen 20.000 Unterschriften sind beisammen. Sie hoffen, dass der Landtag seine Entscheidung überdenkt – zumindest bis es ein pädagogische Konzept für die Inklusion in den Regelschulen gibt. Das fehle bisher, kritisieren die Eltern. Die Landesregierung will künftig verstärkt auf teilstationäre Angebote der Kreise – etwa in Breitenfelde – und Inklusion in den Regelschulen setzen.

Die Außenstelle in Schwarzenbek soll beispielsweise nicht mehr zum Lfz, sondern zur Compeschule gehören. Beide Lehrer werden versetzt. Zwei Erzieherinnen und eine Lehrerin gehen im neuen Schuljahr mit nach Schleswig. Insgesamt verlassen elf Lehrer das Lfz. Von jetzt 98 Kindern werden etwa 80 bleiben. Jedes Jahr wird eine Klasse nach Schleswig ziehen.

Die Anmeldungen bröckeln, weil die Eltern verunsichert seien: Bisher sind erst acht Kinder für die erste Internatsklasse in Schleswig angemeldet, gewöhnlich waren es bis zu 20. „Auch das Lfz in Schleswig ist eine schöne Schule“, sagt Schulleiterin Heidi Grotzsch. Krötsch ergänzt: „Aber die Schule in Wentorf ist etwas Besonderes.“ Das sehen Thorge und seine Kumpel eines Tages bestimmt genauso .

www.volksinitiative-sprachheilschule-wentorf.de