Schwarzenbek. Während der Weltmeisterschaft in London dürfte in Deutschland wieder das Darts-Fieber ausbrechen. Wie für diesen Sport trainiert wird.
Eine Glaskugel haben Thomas Schmidt und Ron Blumentritt nicht. Dennoch wissen sie jetzt schon, was im Januar und Februar an der Turnhalle an der Buschkoppel passieren wird. „Dann stehen die Leute hier wieder Schlange“, sagt Schmidt. Er ist Teil der Darts-Abteilungsleitung beim TSV Schwarzenbek und blickt gespannt auf die Weltmeisterschaft, die am Freitag im Londoner Alexandra Palace beginnt. „Rund um die WM haben wir immer einen riesigen Hype in Deutschland“, sagt er.
Einen Hype erleben auch die Dartsspieler aus Schwarzenbek: Obwohl die Abteilung erst 2016 aus der Taufe gehoben wurde, werfen heute rund 40 Erwachsene und zwölf Jugendliche Pfeile durch den Mehrzweckraum der Sporthalle. An jeder der sechs Scheiben, die vor jedem Training auf- und hinterher wieder abgehängt werden müssen, tummeln sich dann mindestens zwei Spieler.
Darts beim TSV Schwarzenbek: Abteilung erwartet weiteren Andrang
„Das Schöne ist, dass Darts ein Sport ist, bei dem Männer und Frauen gemeinsam spielen“, sagt Ron Blumentritt. Dennoch seien nur vier Frauen in der Abteilung – ein Frauenanteil von zehn Prozent sei aber immerhin durchschnittlich. Mädchen sind der Jugendabteilung bisher allerdings gar nicht beigetreten.
Dabei sind inzwischen auch im Profidarts mit Beau Greaves und Publikumsliebling Fallon Sharrock Frauen in Erscheinung getreten. Ohnehin wird die Sportart dem Kneipenimage, das ihr immer noch anhängt, nicht gerecht. „Darts ist ein richtiger Mentalsport“, sagt Schmidt. Entsprechend professionell sei es in den vergangenen Jahren geworden.
Darts: Beim Training der Jugend steht zunächst Spaß im Vordergrund
Hinter der Tür des Kühlschranks im Mehrzweckraum stehen deswegen auch Wasser und Cola statt Bier und Cider. „Bei Turnieren ist am Board auch nur noch ein Wasserglas erlaubt“, berichtet Ron Blumentritt. Der Deutsche Dartsverband (DDV) hat jüngst angekündigt, Alkoholkontrollen bei Spielen durchzuführen. Spieler sollen nicht durch Alkohol „gedopt“ ihre Nervosität unterdrücken.
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Das sei auch wichtig, da es beim Darts keine Altersgrenze gebe und deshalb Erwachsene und Jugendliche zusammenspielen. Jetzt, kurz vor Beginn der WM, betreuen Schmidt und Blumentritt rund zehn Jugendspieler beim Training. Dabei stehe erst einmal der Spaß im Vordergrund.
Spieler müssen lernen, mit Frustrationsmomenten umzugehen
„Es ist nämlich gar nicht so einfach, die Kinder bei der Stange zu halten“, gibt Schmidt zu. Da es sich um einen Mentalsport handelt, müssen die Spieler auch lernen, mit Frustrationsmomenten umzugehen. Deshalb haben sich die beiden Jugendbetreuer kleine Übungen überlegt, die Abwechslung bringen sollen.
Anfangs versuchen die Spieler, die größeren, sogenannten Single-Felder, also deren Punkte einfach zählen, zu treffen. Anschließend wird auf Doppel und Triple oder auf „Target-Ringe“ geworfen. Erst später in der Trainingseinheit wird der Wettkampf simuliert, bei dem 501 Punkte möglichst schnell eliminiert werden sollen.
Beim Zählen werden die Dartsspieler von Tablets unterstützt
Stichwort Professionalität: Unterstützt werden die Spielerinnen und Spieler beim Zählen von Tablets, die direkt neben den Dartboards hängen. Diese subtrahieren nicht nur die geworfenen Punkte von der Gesamtpunktzahl, sondern ermitteln auch die durchschnittliche 3-Darts-Punktzahl und die Quote auf die Doppelfelder, mit denen man ein „Leg“, also ein Spiel von 501 Punkten, beendet.
Beim Techniktraining behelfen sich Thomas Schmidt und Ron Blumentritt mit recht einfachen Mitteln: Damit die Spieler lernen, das Gleichgewicht halten, werden dem Werfenden kleine Säcke auf den Kopf gelegt, die herunterfallen dürfen. Einen Profi-Spieler, dessen Technik man sich abgucken könnte, wollen die beiden Betreuer nicht nennen. „Bei 50 Spielern gibt es 40 verschiedene Wurftechniken“, sagt Blumentritt. „Einen Goldstandard gibt es da nicht.“
Manche stehen seitlich zum Oche, der Abwurflinie, manche frontal mit dem Fuß. Auch ob man vor dem Gesicht oder am Kopf vorbei ausholt, sei Geschmackssache. „Wichtig ist nur, dass man beim Werfen Routine entwickelt und der Ablauf möglichst immer gleich ist“, so Blumentritt.
Wieder großer Andrang nach deutschen Erfolgen?
Mit Blick auf die Weltmeisterschaft im „Ally Pally“ gehen die Tipps bei den Jugendspielern der Abteilung auseinander. Der zwölfjährige Timon Schmidt sieht dieses Jahr den Niederländer Michael van Gerwen vorn, der sich bereits dreimal zum Weltmeister krönen konnte. Justus Grundt (12) tippt auf den Titelverteidiger Michael Smith oder auch „Snakebite“ Peter Wright, den er „wegen der coolen Frisur“ favorisiert.
Thomas Schmidt und Ron Blumentritt hoffen hingegen auf einen Erfolg der deutschen Spieler. „Wir haben dieses Jahr fünf Starter“, sagt Schmidt. „Die besten Chancen haben sicherlich wieder Gabriel Clemens und Martin Schindler.“ Clemens stand vergangenes Jahr überraschend im Halbfinale. Aber auch der zuletzt starke Ricardo Pietrezcko könnte bei entsprechendem Losglück weit kommen.
Sollte einer der Deutschen Runde um Runde überstehen, könnte der Andrang Anfang kommenden Jahres noch ein bisschen größer als sonst ausfallen. „Dann haben wir gute Argumente, dass wir einen größeren Raum bekommen“, hofft Schmidt.