Geesthacht. Auf dem Wochenmarkt in Geesthacht verteilt eine Frau die Geschenke. Der Gleichstellungsbeauftragten fallen dazu einige Klischees ein.
Der Nikolaus ist blond, hat zwei geflochtene Zöpfe und ein strahlendes Lächeln. Der weiße Rauschebart? „Den habe ich heute Morgen zu dicht an den heißen Auspuff von meinem Schlitten gehalten“, sagt die Frau, die am 6. Dezember mit einem geschulterten Sack auf dem Wochenmarkt Geesthachtkleine Geschenke der Marktbeschicker an die Kunden verteilt. Nur eine Frage treibt sie um: „Wie heiße ich eigentlich?“
Also, natürlich nicht in echt. Hier die Antwort: Renate, Nachname Steffens. Sie stammt vom Kartoffelhof Steffens aus Worth und hat sich freiwillig für die traditionelle Nikolaus-Aktion der Marktgemeinschaft gemeldet. Bruder Christian Steffens greift derweil zum Smartphone. „Wie heißt die Frau vom Nikolaus?“, fragt er über die Sprachfunktion. Doch auch die Suchmaschine spuckt keine Antwort darauf aus.
Wochenmarkt Geesthacht: Nikolausfrau – ist das schon sexistisch?
Zum ersten Mal ist Nikolaus Renate in diese Rolle geschlüpft und hat großen Spaß daran. „Die Aktion kommt richtig gut an“, sagt sie. „Das ist heutzutage ja nicht mehr selbstverständlich und heute mein erstes Geschenk. Bei uns zu Hause hat nur mein Mann etwas bekommen“, freut sich eine Kundin. 750 Tüten mit einer Mandarine sowie Nüssen und Schokolade haben die Marktbetreiber gepackt. Alle bringt Renate Steffens am Mittwoch nicht unters Volk. „Da muss ich wohl am Sonnabend (7 bis 13 Uhr, Nessler-Parkplatz, die Red.) noch mal wiederkommen“, sagt sie.
Am 6. Dezember wird im Christentum das Fest des Heiligen Nikolaus gefeiert und ist mit zahlreichen Bräuchen verbunden. Ursprünglich wird dem heiligen Bischof von Myra gedacht, der um das Jahr 300 in der kleinasiatischen Stadt Patara in der heutigen Türkei geboren wurde. Sein ererbtes Vermögen verteilte er unter den Notleidenden.
Weihnachten ist mit Klischees behaftet
Wenn eine Frau an Weihnachten oder Nikolaus ins Spiel kommt, dann sind andere Klischees in den Köpfen verankert. Darauf verweist Geesthachts Gleichstellungsbeauftragte Anja Nowatzky: „Wenn man Weihnachtsmann googelt, kommen die klassischen Motive. Bei ,Weihnachtsfrau‘ werden einem dagegen Bilder lauter halbnackter, junger Frauen gezeigt. So wie Frauen halt gesehen werden – typisch sexistisch.“
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Frauen hätten es dagegen leichter, wenn sie Passanten ansprechen. Mitarbeiter der Verwaltung verteilten am Nikolaustag in der Innenstadt fair gehandelte Schokolade. Neben mehreren Frauen war auch Volker Leptien dabei. „Er hat deutlich mehr Ablehnungen bekommen. Wenn Männer etwas verteilen, gibt es mehr Vorbehalte“, sagt Nowatzky. Es sei denn, der Mann ist der Nikolaus.