Geesthacht. 50 Jahre in der SPD, seit 1978 in der Ratsversammlung: Samuel Walter Bauer machte auch nach verlorener Bürgermeisterwahl weiter.
Als Samuel Walter Bauer anfing, sich für Politik zu begeistern, waren die Männer in der Geesthachter Ratsversammlung fast unter sich, wie ein Foto beweist, das die Mitglieder im Jahr 1986 zeigt. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Bauer dem Gremium bereits seit acht Jahren an. Das Bemerkenswerte: Sam Bauer, wie er oft gerufen wird, sitzt bis heute ununterbrochen in der Stadtvertretersitzung. Noch länger als der Ratsversammlung (47 Jahre) gehört der Geesthachter allerdings den Sozialdemokraten an. Im Café Koch in Tesperhude wurde der frühere Betriebswirt am Donnerstag für 50-jährige Parteimitgliedschaft in der SPD geehrt.
„Ich bin vom Herzen immer Kommunalpolitiker geblieben“, sagte der 71-Jährige, nachdem er vom früheren schleswig-holsteinischen Innen- und Finanzminister Ralf Stegner die Ehrenurkunde erhalten hatte. Zudem gab es eine Anstecknadel und einen großen Weihnachtsstern. Und in der Tat: In all den Jahren hatte Bauer nie ein Parteiamt im Ortsverband inne oder strebte in den Landtag. „Weil ich nie Berufspolitiker werden wollte. Es gab auch in Geesthacht gute Möglichkeiten, etwas zu bewegen, und ich war immer abends immer zu Hause“, sagt Bauer.
Samuel Bauer: Seit 50 Jahren in der SPD
Bauer war von 2013 bis 2023 Bürgervorsteher, ist seitdem dessen Stellvertreter. Der Vater dreier Kinder stand 1983/84 sowie von 2003 bis 2013 auch an der Spitze der SPD-Fraktion in der Ratsversammlung und leitete unter anderem den Sozialausschuss (1986–89) und den Hauptausschuss (2003-2013). Während der bis 2000 geltenden Magistratsverfassung war Bauer von 1989 bis 1998 Stadtrat mit verschiedenen Aufgaben (Kultur, Stadtwerke, Soziales). Darüber hinaus saß er von 2013 bis 2023 im Ratzeburger Kreistag.
Bürgermeister von Geesthacht, das wäre er allerdings gerne geworden. Bei der ersten Direktwahl des Verwaltungschefs kandierte er 1999/2000 und verlor überraschend gegen den auswärtigen Ingo Fokken (parteilos). Doch auch nach seiner größten persönlichen Niederlage, die in eine für die Sozialdemokraten schwere Zeit fiel (Stichwort: Hartz IV-Gesetze), machte er weiter. „In der Nachbetrachtung war es ein Wink des Schicksals. Und damals habe ich auch nicht lange rumgejammert“, sagt Bauer.
Politisches Talent schnell erkannt
Im Gegenteil. „Er hat den Laden damals zusammengehalten“, erinnert sich Petra Burmeister, die heutige SPD-Fraktionsvorsitzende. Gleichwohl hätte Bauer später eingeräumt, dass es ein Fehler gewesen sei, auf einen Haustürwahlkampf zu verzichten. Die waren damals gerade im Kommen. „Außerdem war er in der Stadt bekannt. Da bleiben manche Äußerungen hängen, die auch nicht jedem gefallen“, sagt Burmeister. „Aber ich habe nie so einfach aufgegeben“, ergänzt Bauer.
Burmeister kennt Sam Bauer schon aus ihrer Jugend. Über die Jugendzentrumsbewegung, die sich für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum einsetzte, war er zur Politik gekommen. „Wir hatten Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre eine starke Gruppe von aktiven Jungsozialisten. Wir waren bestimmt 20 Leute“, erinnert sich Burmeister, die 1982 unter ihrem Geburtsnamen Wollschläger eine von insgesamt nur vier Frauen in der Gemeindevertretung war.
Bauer – Jahrgang 1952, SPD-Mitglied seit 1. Mai 1973 – war schon ab 1974 in der Dassendorfer Ratsversammlung aktiv und wurde dann 1978 erstmals in Geesthacht gewählt. „Dem damaligen SPD-Bürgermeister Siegfried Weiße ist schnell aufgefallen, dass Sam Talent für Politik hat“, berichtet Burmeister. Bauer könne schnell ein Thema erfassen, einordnen und sich rhetorisch ansprechend präsentieren. Und weiter: „Auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren und sind, schätze ich Sam als Ratgeber.“ Bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode im Jahr 2028 will Bauer noch weitermachen – dann hätte er auch in der Ratsversammlung die „50“ voll.
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Im Café Koch wurden derweil weitere langjährige SPD-Mitglieder von Ralf Stegner und Geesthachts SPD-Bürgermeister Olaf Schulze geehrt: Karl-Heinz Franke, der frühere Rektor der Oberstadtschule und Vorsitzende des DRK-Ortsverbands, für 60-jährige Mitgliedschaft. Karsten Wollschläger und der nicht anwesende Wolfgang Brocks sind 40 Jahre in der SPD, Kai Treffan ist seit 25 Jahren dabei. Und der nach der Kommunalwahl im Mai ausgeschiedene Hans-Werner Madaus wurde für seine 41,5 Jahre in der Geesthachter Ratsversammlung gewürdigt.