Geesthacht. Der Geesthachter Abwasserbetrieb schlägt Alarm: Zu viel Problemstoffe landen in den Becken. Was das für Tiere und Pflanzen bedeutet.

Der Geesthachter Abwasserbetrieb schlägt Alarm: In den vergangenen Tagen und Wochen wurden im Bereich der städtischen Regenrückhaltebecken und Regenabläufe vermehrt Verschmutzungen festgestellt. Da geht es um am Zaun entsorgten Müll, verschmutztes Wasser, das in den Regenablauf am Straßenrand gekippt wird, sogar gechlortes Wasser aus einem Gartenpool wurde schon in den Wasserlauf vor dem Grundstück gepumpt.

Sichtbare Folgen sind Verfärbungen und Schaumbildungen. Das kann schon mal äußerst ungewöhnlich aussehen. So hatte sich ein Rückhaltebecken bei der Plaisirstraße in der Sackgasse komplett rot gefärbt, weil Schlämme vom Klinkerschneiden an Häusern hineingekippt wurden. „Hier hinein darf nur Regen – sonst nichts“, mahnt Ingo Gosch von den Abwasserbetrieben.

Geesthacht: Biotope in Regenrückhaltebecken in Gefahr

Für die Abwasserbetriebe ist das nicht nur ärgerlich, sondern auch teuer. In oben genanntem Fall stand eine Reinigung mit großem Aufwand an, denn der rote Staub setzte sich an den Innenwänden der Rohre ab. Über das Jahr wird das Stadtsäckel so unnötig belastet. Kosten für Labore, die Stundensätze der Mitarbeiter, gegebenenfalls mit viel Arbeit verbundene Reinigungen – „das geht in die Zigtausende“, sagt Gosch.

Ingo Gosch (Abwasserbetrieb), Carsten Gaigalat (Geestra-Bau), Harald Schneider (Nabu-Amphibienexperte) und Ulrike Stüber (FD Umwelt/Stadtverwaltung, v.l.) legten sich für das Regenrückhaltebecken an der Mercatorstraße als Biotop für die seltene Knoblauchkröte ins Zeug.
Ingo Gosch (Abwasserbetrieb), Carsten Gaigalat (Geestra-Bau), Harald Schneider (Nabu-Amphibienexperte) und Ulrike Stüber (FD Umwelt/Stadtverwaltung, v.l.) legten sich für das Regenrückhaltebecken an der Mercatorstraße als Biotop für die seltene Knoblauchkröte ins Zeug. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Manchmal wird der Verursacher von Verunreinigungen ermittelt. Dann muss er zahlen. So wie in Tesperhude, wo ein für Lackierarbeiten benutzter Pinsel ausgewaschen worden war. Hier konnte die Quelle der Verunreinigung bis zu einem Grundstück zurückverfolgt werden. Ein Problem: Oft muss dann noch nachgewiesen werden, welcher Schaden konkret verursacht worden ist. Schwierig, zumal der Selbstreinigungseffekt bei Gewässern hoch sein kann.

Wasser aus Pools, Putz- und Spülwasser nicht in Regenabläufe kippen

Die Abwasserbetriebe rufen in Erinnerung: „Wischwasser vom Fensterputzen, Putzwasser von der Hochdruckwäsche vom Boot oder Motorrad in der Auffahrt, Poolwasser, Spülwasser von der Außenküche und auch das Wasser vom Ausspülen des Farbeimers oder vom Pinselsäubern haben in Regenabläufen und Rückhaltebecken nichts verloren.“

Ein öliger Film bildete sich im Sommer auf einem Graben in der Oberstadt: Spuren eines Geschirrabwaschs nach Einweihung einer Außenküche.
Ein öliger Film bildete sich im Sommer auf einem Graben in der Oberstadt: Spuren eines Geschirrabwaschs nach Einweihung einer Außenküche. © Privat / Richter-Stadt Geesthacht | Privat / Richter-Stadt Geesthacht

„In der Oberstadt hatte sich jemand eine Außenküche gebaut. Nach der Einweihung wurde das fettige Geschirr im Garten abgewaschen. Das ging dann direkt in den Graben“, erzählt Ingo Gosch. Immerhin selten geworden sind die früher klassische Autowäsche in der Grundstückszufahrt oder das Hochdruckreinigen der Fliesen mit Entfernungsmitteln.

Mitarbeiter haben eigene Testkits für Wasseruntersuchungen dabei

„In Sachen Umweltdelikten gibt es einen Kontaktbeamten der Polizeidirektion Ratzeburg, mit dem wir sehr gut zusammenarbeiten“, berichtet Ingo Gosch. Zudem sei man für Hinweise aus der Bevölkerung immer wieder dankbar. Die Beobachtung im Sommer, dass mit dem Teich in Grünhof etwas nicht stimme, kam zum Beispiel von Anwohnern. Hier traten größere Blasen und Schaum auf der Wasseroberfläche auf.

„Man weiß erst einmal gar nicht, was es ist. Man braucht manchmal Tage, um die Ursache herauszukriegen“, erklärt Ingo Gosch. In diesem Fall war der Spuk schneller vorbei, als die Lösung auf dem Tisch lag. „Vielleicht war es eine falsch angeschlossene Waschmaschine“, mutmaßt Ingo Gosch. „Wahrscheinlich hat es jemand dann selbst gemerkt“.

Die Mitarbeiter der Abwasserbetriebe haben Testkits dabei, damit lassen sich Stoffe wie Phosphate und Ammonium feststellen. Die Kläranlage am Schleusenkanal hat ein eigenes Labor, kann aber auch nicht alles analysieren. So werden weitere Proben auch an den LADR-Laborverbund Dr. Kramer & Kollegen in Geesthacht geschickt.

Vom Grünhofer Teich aus kann Wasser direkt in die Elbe fließen

Der Grünhofer Teich ist als Gewässer eine Besonderheit im Stadtgebiet. Er hat eine Schwelle, über die überschüssiges Wasser direkt in die Elbe laufen kann, ohne vorher noch eine Zwischenstation im Klärwerk einzulegen. Alles, was ansonsten in den Regenablauf der Straße fließt, landet früher oder später in einem Regenwasserkanal.

In Geesthacht gibt es insgesamt 26 Rückhaltebecken. Im Gewerbegebiet bei der Mercatorstraße sind es neun, genauso viele entstanden am Zöllnersweg, der die Nordgrenze zum Neubaugebiet Finkenweg Nord bildet. Das Prinzip, Regenwasser abzuleiten, basiert auf einem Mulden-Rigolen-System. Die Becken dienen in technischer Hinsicht dem kontrollierten Regenwassermanagement, sind aber, neben der Bedeutung für Flora und Fauna, auch Naherholung für alle Geesthachter.

Dramatische Veränderungen beginnen oft unsichtbar

Das Regenwasser versickert dabei zunächst in Kuhlen, überschüssiges Wasser landet in den Regenrückhaltebecken. Dort beginnen Veränderungen oft unsichtbar. In den belasteten Gewässern nimmt der Sauerstoff ab, die Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen ändern sich dramatisch. Die Regenrückhaltebecken sind überwiegend naturnah gestaltet – mit einer vielfältigen Vegetation im Wasser und am Ufersaum wie zum Beispiel Igelkolben, Laichkraut und Wasserhahnenfuß.

Im Regenrückhaltebecken am Zöllnersweg gedeiht die Krebsschere besonders gut. Diese Pflanze ist eng verbunden mit dem Vorkommen der seltenen Gebänderten Prachtlibelle. Da natürlich gebildete Seen oder Teiche im Landschaftsbild oberhalb des Geesthangs fast vollständig fehlen, sind die künstlichen Regenrückhaltebecken enorm wichtig für die Wasseraufnahme von Tieren.

Das Regenrückhaltebecken wurde ökologisch aufgewertet und tiefer gebaggert, damit es nicht mehr trockenfällt. Ähnlich wie ein Knick wird der Schilfgürtel regelmäßig gepflegt.
Das Regenrückhaltebecken wurde ökologisch aufgewertet und tiefer gebaggert, damit es nicht mehr trockenfällt. Ähnlich wie ein Knick wird der Schilfgürtel regelmäßig gepflegt. © Bergedorf | Privat

Oder sie bilden als Biotope bedeutende Lebensräume für Amphibien, Libellen, Fische und Wasservögel. Selten zu sehende Vögel wie Rohrammern und der Sumpfrohrsänger brüten hier, die seltene Sumpfdotterblume zeigt ihre Blüten. Geesthachts Regenrückhaltebecken sind zum Teil wichtige Rückzugsgebiete für die durch Bebauung unter Druck geratene Flora und Fauna.

Regenrückhaltebecken als unverzichtbares Refugium für seltene Kröte

So ist das Regenwasserrückhaltebecken beim Kreisel an der Mercatorstraße mittlerweile ein unverzichtbares Refugium für die selten gewordene Knoblauchkröte. Zudem finden sich Laubfrosch, Teichfrosch, Grasfrosch, Moorfrosch, Kamm- und Teichmolch und die ein oder andere Ringelnatter.

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So soll es bleiben. „Entsorgen Sie keine Rückstände über die Regenabläufe und die Kanalisation. Der Abwasserbetrieb, Ihre Nachbarn und die Tiere und Pflanzen der Rückhaltebecken werden es Ihnen danken“, appellieren die Verantwortlichen für Abwasserbetrieb und Grundstücksentwässerung.