Geesthacht. Die Ratsversammlung macht den Weg frei. Geesthacht bekundet offiziell Interesse. Doch zuvor gab es ordentlich Streit.

Dasselbe Ziel zu haben, muss nicht bedeuten, denselben Weg zu nehmen. Die Geesthachter Stadtpolitik befürwortet mehrheitlich eine Schwimmhalle in Geesthacht, ein gemeinsames Vorgehen aller Fraktionen aber wird es nicht geben. Nach einer turbulenten Ratsversammlung am Freitagabend mit einer engagiert geführten Debatte ist klar: Auch Geesthacht wirft fristgerecht den Hut in den Ring der Bewerber und bekundet offiziell sein Interesse als Standort für eine neue Schwimmhalle gegenüber dem Kreis. Aber es bleibt bei zwei Lagern, die sich unversöhnlich gegenüberstehen.

Der interfraktionelle Antrag von CDU, SPD und BfG setzte sich dabei mehrheitlich ohne Enthaltung bei sechs Gegenstimmen durch. Die kamen allesamt von der Fraktion der Grünen, deren eigener Antrag zuvor gescheitert war. Für die einzigen sechs Jastimmen für diesen Antrag wiederum hoben ausschließlich die Grünen-Abgeordneten die Hände.

Geesthacht meldet Interesse für Hallenbad an – zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber

Das war bei der Standort-Konkurrenz in Schwarzenbek wesentlich harmonischer vonstattengegangen. Dort hatten die Fraktionen von CDU und SPD Ende September darauf verzichtet, jeweils einen eigenen Antrag in ihrer Stadtverordnetenversammlung zu stellen. Es war allen Beteiligten letzten Endes wichtiger gewesen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Anders in Geesthacht. Gegen Ende der Debatte am Freitag wurde es zunehmend ruppiger. Bastian Numrich (CDU) warf besonders Ali Demirhan und Jens Kalke von den Grünen vor, den eigenen Weg nur jeweils als „One-Man-Show“ und wegen einer „Profilierung“ eingeschlagen zu haben.

Noch viel Kaffeesatzleserei bei der Kostenbeteiligung, finden die Grünen

Wie konnte es so weit kommen? Schließlich sind sich beide Seiten einig, dass ein Hallenbad Geesthacht gut zu Gesicht stehen würde. Eins, das im Gegensatz zu Schwarzenbek offen wäre für alle Interessierten und nicht nur für Schul-, Vereins- und das Rettungsschwimmen, wie es vom Kreis als Vorgabe schwerpunktmäßig gewünscht wird. Bewilligt sind 1,6 Millionen Euro für die Planungskosten.

Aber wie steht es mit der Beteiligung an weiteren Ausgaben, gerade, wenn das Bad für alle Interessierten offen stehen soll? Da sei noch viel Kaffeesatzleserei dabei, fand Ali Demirhan. Er appellierte, angesichts des „sehr, sehr verführerischen Angebotes, einen klaren Kopf zu behalten“. Die Grünen forderten im Antrag unter anderem, zunächst einmal Landrat Christoph Mager in den Hauptausschuss einzuladen und entsprechend zu befragen, um die Wissenslücken zu schließen.

„Mal machen“ – die anderen Fraktionen scharren mit den Hufen

„Wir sind auch dafür, dass die Stadt ihr Interesse bekundet. Der Unterschied ist: Ihr wollt zigtausend Euro für eine Machbarkeitsstudie ausgeben, die vielleicht im Papierkorb landet. Das ist Geldverschwendung. Deshalb ist unser Ansatz: Klären, was genau das Angebot des Kreises beinhaltet“, argumentierte Ali Demirhan. Vor allem: „Was ist der Kreis bereit, an Kosten zu übernehmen, um das Risiko für die Stadt einzudämmen?“.

Mit dieser Vorsichtshaltung standen die Grünen allerdings allein. Alle anderen scharrten mit den Hufen. „Weniger zerreden, sondern mal machen“, meinte Bastian Numrich. Er habe die „Schnauze voll“ von ertrunkenen Kindern lesen zu müssen, weil die Möglichkeit für Schwimmunterricht fehlen würde und forderte, endlich den Startschuss zu machen. Bastian Numrich ist Lehrer an der Bertha-von-Suttner-Schule. „Ein Schwimmunterricht an der BvS ist nicht machbar. Wir haben keine Zeit mehr“, klagte er.

Kein Bedarf, eine weitere Schleife im Ausschuss zu drehen

Petra Burmeister (SPD) sah eine einmalige Chance – „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“. Auch die SPD sehe keinen Bedarf, noch eine Schleife oder zwei im Ausschuss zu drehen, gab die Fraktionsvorsitzende an. „Wir wollen heute Nägel mit Köpfen machen“, sagte sie.

„Bei den Geldern, die im Raum stehen, wäre es sträflich, es nicht zu tun“, meinte Christoph Hinrichs (BfG) hinsichtlich der Bewerbung ganz pragmatisch. Hintergrund: Für die Planung werden in der Regel zehn Prozent der Gesamtkosten angesetzt. Könnte also sein, dass der Kreis bereit ist, 16 Millionen Euro für eine Umsetzung bereitzustellen.

Weiter Aspekt: Stadt wird attraktiver, um Ärzte zu gewinnen

Auch Christoph Hinrichs räumte ein, dass noch viele Fragen offen seien. Er zog aber eine andere Schlussfolgerung als die Grünen: „Wir werden den gesamten Prozess kritisch betrachten, um zu sehen: Lohnt es sich eigentlich für uns? Wenn wir sagen, ,ja, die Zusatzkosten sind akzeptabel‘, machen wir weiter. Aber lasst uns doch endlich loslegen und das Interesse bekunden.“

Karl Hermann Rosell (CDU) machte noch auf einen weiteren, bislang nicht beachteten Punkt aufmerksam, der für ein öffentliches Bad spräche. Dass die Stadt nämlich durch eine solche Einrichtung generell an Attraktivität gewinnen würde. „Wenn wir Ärzte nach Geesthacht holen wollen, dann brauchen wir so ein Angebot, nicht nur das bisschen Kultur“, sagte er.

Starkes Signal von der Ratsversammlung wurde verfehlt – rächt sich das noch?

Letzter Redner war Michael Fiebig (SPD): Er nutzte die Ansprache für einen Appell: „Wir haben Konkurrenz. Von der Ratsversammlung sollte ein starkes Signal ausgehen. Ein geschlossener Beschluss, dass Geesthacht einheitlich für ein Hallenbad ist“, forderte er.

Das hat nicht geklappt. Die sechs sich einem Konsens verweigernden Stimmen der Grünen entsprechen immerhin 17 Prozent der 35-köpfigen Ratsversammlung. Ob es dem Projekt schadet, dass politisch über das weitere Vorgehen keine Einheit hergestellt werden konnte, wird sich zeigen.

Standortsuche könnte noch in diesem Jahr starten

So geht es nun gemäß des interfraktionellen Siegerantrages weiter: Bürgermeister Olaf Schulze soll zusammen mit den Wirtschaftsbetrieben Geesthacht, Betreiber des Freibades, die Vorbereitungen für das vom Kreis geplante Auswahlverfahren treffen und ein Standort- und Betriebskonzept – soll heißen eine Machbarkeitsstudie, auch mit externer Unterstützung – erstellen.

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Zu untersuchen sind einmal die Varianten „Schul-, Schwimm- und Rettungsschwimmsport“ gemäß der Vorlieben des Kreises als auch eine sogenannte „Add on“-Variante mit zusätzlichen 25-Meter-Schwimmbahnen für die Öffentlichkeit und einem erweiterten Öffnungskonzept. Ein Verfahren zur Standortsuche könnte bereits in diesem Jahr beginnen.