Schwarzenbek/Geesthacht. Im Prozess vor dem Amtsgericht Schwarzenbek musste sich ein besonders perfider Täter verantworten. Auf das Urteil folgen Tränen.
Er hinterließ eine Spur der Verwüstung in der Wohnung seiner Opfer: eine geknackte Balkontür, Aperol Spritz an den Wänden, Autoschlüssel, die in der Elbe landeten, und das totale Chaos im Büro. Und das alles nur für ein paar hundert Euro Beute.Ein Geesthachter musste sich vor dem Amtsgericht Schwarzenbek für den Einbruch in eine Wohnung im März dieses Jahres verantworten.
Am Ende sei der Angeklagte Jason S. (* alle Namen geändert) sein eigenes Opfer, stellte eine Schöffin fest. Nach vielen Jahren im Heim, im Gefängnis und einer Zeit in der Obdachlosenunterkunft hatte er endlich die Chance, die Wohnung einer Bekannten zu übernehmen und seine eigenen vier Wände zu beziehen. „Ist aber schwer, wenn man wieder aus dem Gefängnis rauskommt“, sagte Jason S. vor Gericht. Er habe die Stromrechnung nicht bezahlen können und daher entschieden, auf Beutezug zu gehen. Mit dem Geld aus den gestohlenen Gegenständen wollte er dann die ausstehende Rechnung bezahlen.
Aperol an den Wänden: Einbrecher verwüstet Wohnung
Die Wahl fiel auf die Wohnung von Stefan K. nahe dem Stadtwald. Da diese nur zeitweise genutzt wird, bestand hier die Möglichkeit, unentdeckt einbrechen zu können. Allerdings hatte der Eigentümer Sicherheitsglas im Erdgeschoss einbauen lassen. An zwei Fenstern sind Gitter installiert. Deshalb scheiterte Jason S. bei dem Versuch, ins Erdgeschoss einzudringen. Mit Terrassenmöbeln hat er laut Anklage dann eine Leiter gebaut, um auf den Balkon im ersten Stockwerk zu gelangen.
Dort hat die Kriminalpolizei Spuren gefunden, die auf 82 Versuche hindeuten, die Balkontür zu öffnen. Im Wohnungsinneren schnappte sich der Angeklagte dann alles, was ihm in die Queere kam: einen Messerblock, eine Kristallvase, afrikanische Kunstfiguren, Spirituosen und einen Laptop. Auch die Autoschlüssel für einen Mercedes und einen Sportwagen landeten in den Taschen des Angeklagten. „Die Schlüssel habe ich eingesteckt und später in die Elbe geworfen“, gab Jason S. zu Protokoll.
Einbruch: Messerblock, Laptop und afrikanische Figuren sind weg
Dabei habe S. die Wohnung nicht nur einmal aufgesucht. „Sie sind nochmal wiedergekommen und habe sich in aller Seelenruhe dort umgesehen“, sagte Richter Suntke Aden. Der Angeklagte erwiderte, dass er sich nicht sicher gewesen sei, ob die Beute reiche, um die Stromrechnung zu bezahlen. Deswegen sei er zurückgekommen. Dabei, so berichtete das Opfer, seien auch persönliche Unterlagen durchwühlt worden. „Die Wände im Büro waren mit Aperol Spritz beschmiert. Später haben wir Sektflaschen im Garten gefunden“, beschreibt Stefan K. den Tatort.
Eben jene Flaschen wurden Jason S. dann später zum Verhängnis: Auf einer konnte die Polizei seine Fingerabdrücke finden, die wegen früherer Taten bereits in der Datenbank waren. Wochen nach der Tat wurde er von den Ermittlern verhaftet.
Psychische Belastung schlimmer als finanzieller Schaden
Der finanzielle Schaden, der ihm durch die gestohlene Sachen entstanden ist, sei gar nicht so dramatisch, sagte Stefan N. Schlimmer wiege, was noch auf ihn zukam: Er habe die Schlösser an seinem Sportwagen austauschen lassen müssen, da dieser sonst nicht gegen Diebstahl versichert gewesen wäre. Bei dem Abtransport des Autos aus der Garage sei das Getriebe zu Schaden gekommen. „Allein das hat schon 5000 Euro gekostet“, sagte das Opfer. Durch die Renovierungsarbeiten und weitere Sicherheitstechnik, die er installieren ließ, seien so rund 10.000 Euro Schaden für ihn zusammengekommen.
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Am schwersten wiege jedoch die psychische Belastung nach dem Einbruch. „Ich habe das eigentlich ganz gut weggesteckt“, sagte er. Seine Frau jedoch würde die Wohnung nur noch kurz betreten. An eine Übernachtung sei nicht mehr zu denken.
Da Jason S. weder eine Arbeit noch einen festen Wohnsitz hat, stellte die Staatsanwältin ihm eine schlechte Sozialprognose. Hinzu kommen diverse Verurteilungen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, Beleidigung und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Sie forderte deshalb eine Haftstrafe von einem Jahr und elf Monaten ohne Bewährung. Dieser Forderung kam Richter Suntke Aden nach. Bei Jason S. flossen nach dem Urteil Tränen. Er betonte, dass es dem Angeklagten nicht nur darum ging, sich zu bereichern, sondern dass er durch die Verwüstung seinen Opfern auch ganz bewusst geschadet habe.