Lauenburg. Lauenburg war nicht die erste Wahl von Nora Gutdeutsch. Warum sich die 31-Jährige dennoch auf ihre erste Pfarrstelle freut.
Nora Gutdeutsch telefonisch zu erreichen, ist derzeit Glücksache. Kein Wunder: Sie steckt mitten im Umzugsstress. Aus dem spätsommerlichen Lissabon zieht sie ins nasskalte Lauenburg. Die 31-Jährige freut sich trotzdem. Nach eineinhalb Jahren Vikariatstätigkeit in Portugal tritt sie in der Schifferstadt ihre erste Stelle als Pastorin an. Am Sonntag, 29. Oktober, 11 Uhr, stellt sich Nora Gutdeutsch in der Maria-Magdalenen-Kirche ihrer Gemeinde vor.
In den vergangenen zwei Jahren hatte es im Team der Lauenburger Pastoren ordentlich Bewegung gegeben. Im Mai 2021 zog es Sara Burghoff nach Flensburg. Im August vergangenen Jahres verabschiedete sich Philip Graffam aus Lauenburg. Er ist heute Propst im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Einen Monat später trat Hans-Christian Baden-Rühlmann in Lauenburg seine Pastorenstelle an. Dann nahm Ulrich Billet seinen Hut. Seit Jahresbeginn ist er Pastor in der Gemeinde St. Johannis in Buchholz im Landkreis Harburg.
Lauenburg: Junge Pastorin tritt Stelle in der Maria-Magdalenen-Kirche an
Nora Gutdeutsch und Hans-Christian Baden-Rühlmann haben einiges gemeinsam. Für beide ist Lauenburg nach der Ausbildung die erste Station ihrer beruflichen Laufbahn. Sie waren jeweils 31 Jahre alt, als sie in der Lauenburger Kirchengemeinde ihren Dienst antraten. Zuvor hatten sie sich ihre ersten Sporen im Ausland verdient: Nora Gutdeutsch in Portugal und Hans-Christian Baden-Rühlmann in Südkorea. Noch eine Gemeinsamkeit: Beiden war der berufliche Weg nicht vorgezeichnet. Er hatte zunächst Polizist oder Zollbeamter im Sinn.
„Ich wollte eigentlich Lehrerin werden“, sagt Nora Gutdeutsch. Sie ist in Hamburg aufgewachsen und zur Schule gegangen. Anders als bei ihrem neuen Kollegen, dessen Eltern selbst Pastoren sind, spielte der Glaube in ihrer Familie keine große Rolle. „Ich bin als Kind nicht mal getauft worden. Allerdings haben mir meine Eltern viel Freiraum gelassen, meinen Lebensweg zu finden“, erzählt sie. In der evangelischen Jugend habe sie viel Freunde gehabt und sich wohlgefühlt. „Mit 12 habe ich entschieden, mich taufen zu lassen. Für meine Eltern war das in Ordnung“, erinnert sie sich. Dass sie sich schließlich für das Theologiestudium entschieden hat, war anfangs eher ein Experiment. „Ich habe mir gesagt, dass ich ja jederzeit wechseln kann“, sagt die Pastorin. Doch sie hat Spaß daran gefunden, der bis heute anhält.
Unerwartete Situationen als Herausforderung
Lauenburg habe sie sich für ihre erste Pastorenstelle nicht ausgesucht – da ist Nora Gutdeutsch ehrlich. „Nach dem Vikariat bekommt man eine Stelle zugeteilt. Als Hamburgerin hatte ich natürlich ein bisschen mit einer größeren Stadt geliebäugelt“, gibt sie zu. Enttäuscht sei sie trotzdem nicht gewesen, im Gegenteil. „Für mein Auslandsvikariat hatte ich mir die USA gewünscht, dann ist es Portugal geworden. Das erwies sich schließlich als Glücksfall. Ich habe mich ganz offen auf die Situation eingelassen und habe dabei tolle Erfahrungen gemacht“, sagt sie.
So will sie es auch in Lauenburg halten. Immerhin kenne sie die Stadt bereits, wenn bisher auch nur als Touristin. „Von Hamburg aus ist Lauenburg für einen Tagesausflug ja nur einen Katzensprung entfernt. Die Altstadt hat mich schon immer fasziniert und die Maria-Magdalenen-Kirche sowieso“, schwärmt die Pastorin. Jetzt freue sie sich darauf, ihre Gemeinde kennenzulernen. „Ich bin schon immer neugierig auf Menschen gewesen“, sagt sie.
Pastorin mit Theaterleidenschaft
Es gibt noch einen Grund für Nora Gutdeutsch, sich auf die Arbeit in der Lauenburger Gemeinde zu freuen. Schon als Jugendliche spielte sie leidenschaftlich gern Theater und war auch später Ensemblemitglied in mehreren Hamburger Amateurtheatern. „Es ist toll, dass es in Lauenburg ein eigenes Theater der Kirchengemeinde gibt“, freut sie sich.
Pastor Philip Graffam hatte die Theatergruppe der Kirchengemeinde Lauenburg (TheKiLa) im Sommer 2011 gegründet. Die Aufführung „Villa Tollatsch“ war gleich der Durchbruch für das Ensemble aus Laiendarstellern. Zahlreiche Stücke – zum Teil aus der Feder des Pastors – folgten. Nach dem Weggang von Philip Graffam löste sich das Ensemble nicht auf. Im Mai dieses Jahres startete die Gruppe mit dem Stück „Oha, eine Leiche“ neu durch. „Ich würde mich freuen, meine Theatererfahrungen in Lauenburg einbringen zu können“, sagt Nora Gutdeutsch.
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Wohnen in Hamburg ist keine Option
Auch wenn die Entfernung von Hamburg nach Lauenburg nicht gerade weit ist, ist es der neuen Pastorin wichtig, ihren Lebenspunkt auch am Ort ihres Wirkens zu haben. Derzeit ist sie dabei ihre Wohnung in der Oberstadt einzurichten. Eine Weile wird sie zwar noch auf Umzugskartons sitzen, aber wenn sie am 1. November ihren Dienst antritt, soll die Wohnung schon um einiges gemütlicher sein. Das hat sie sich fest vorgenommen.
Wenn zwischen Möbelrücken und Kartons auspacken in den nächsten zwei Wochen ein wenig Zeit bleibt, will sie die Stadt erkunden. Sie hofft, mit den Bewohnern schnell ins Gespräch zu kommen. Aufgeschlossen und offen sein, dies sei immer der Schlüssel gewesen, ob in Hamburg, Lissabon – und jetzt eben auch in Lauenburg.