Lauenburg. Die Kirchturmspitze der Maria-Magdalenen-Kirche hat eine wechselvolle Geschichte. Eine Ausstellung in Lauenburg erinnert jetzt daran.
Wer vom Schlossberg auf die Lauenburger Altstadt schaut, hat dieses markante Wahrzeichen sofort im Blick: den Turm der Maria-Magdalenen-Kirche. Fast 60 Meter ragt der von einer goldenen Kugel gekrönte Turm in den Himmel. Doch der Turm in seiner heutigen Form ist gerade einmal 30 Jahre alt. 1945 war der alte, ebenfalls spitze Kirchturm abgerissen worden, um mit seinen Dachziegeln das durch britischen Beschuss zerstörte Kirchendach zu reparieren. Erst 1992 wurde der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt. Eine Ausstellung in der Kirche erinnert derzeit an den Neubau der Kirchturmspitze.
Maria-Magdalenen-Kirche 1945 von Briten beschossen
In der Nacht vom 28. auf den 29. April 1945, wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, begannen britische Truppen vom niedersächsischen Elbufer aus mit einem Trommelfeuer auf die Schifferstadt, um ihr Übersetzen über den Fluss vorzubereiten. Dabei blieb der 1902 aus Backstein im neugotischen Stil erbaute Turm zwar heil, doch nicht das Kirchendach.
Um die Schäden zu flicken, beschloss der Kirchenvorstand am 28. August 1945 den damals noch mit Ziegeln gedeckten Turm abzubauen und mit diesen Ziegeln das Kirchendach zu flicken. 47 Jahre später erhielt der Turm sein spitzes Dach zurück: Der Förderverein des unter Denkmalschutz stehenden Gotteshauses hatte die Rekonstruktion initiiert und fast ein Viertel der Baukosten über Spenden zusammengetragen. Am 25. September 1992 wurde die neue Kirchturmspitze per Teleskopkran auf den Turm gehoben, diesmal jedoch nicht mit Ziegeln gedeckt, sondern mit Kupfer beplankt.
Im Jahr 1230 wird die Kirche erstmals urkundlich erwähnt
Die Geschichte der Maria-Magdalenen-Kirche geht auf das Jahr 1230 zurück: Noch heute besteht das Kirchenschiff bis zur Höhe der Fenster aus Findlingen, die schon im 13. Jahrhundert den Sockel des Kirchenhauses bildeten.
Der ursprüngliche Kirchturm wurde vermutlich um 1700 wegen Baufälligkeit abgetragen und durch einen Aufbau aus Holz ersetzt, auf den ein achteckiger, mit Holzschindeln verkleideter Helm kam, der das Kirchdach nur um wenige Meter überragte. Als im Jahr 1902 die Kirchenorgel erneuert werden sollte, war dies das Ende für den alten und maroden Holzturm. Der war so eng mit der Orgel verbunden, dass bei einem Ausbau des Instruments der Einsturz des Turms befürchtet wurde. 43 Jahre prägte fortan der neue Kirchturm die Silhouette der Schifferstadt – bis zur Nacht auf den 29. April 1945.
Das Trommelfeuer der Briten überstand der mit Biberschwanz-Ziegeln gedeckte Turm ohne einen Schaden, nicht jedoch das Kirchendach. Um das Dach zu schließen, sollte das Material des Turms verwendet werden. Ein Gedankenfehler, denn die Biberschwanz-Schindeln des Turms passten nicht zu den S-Pfannen des Daches – doch die Spitze war weg.
Förderverein der Kirche sammelte Geld für die Turmspitze
Versuche, den Turm wieder aufzubauen, scheiterten am Geldmangel. Erst in den 1980er-Jahren nahm sich der damalige Bürgermeister Hauke Matthießen als Vorsitzender des Fördervereins „Freunde und Förderer der evangelisch-lutherischen Kirche in Lauenburg“ des Themas wieder an, wurde dabei von Bürgern wie Hans-Jürgen Boisen unterstützt.
Die Frage, ob Spitze oder Flachdach, wurde zum Politikum: Man habe sich an den flachen Turm gewöhnt, ein spitzer Kirchturm führe zu einer unerwünschten „Betonung“ der Kirche im Stadtbild, so die Kritiker von SPD und FDP. Doch nicht nur in der Politik, auch im Kirchenvorstand war das Vorhaben umstritten.
Letztlich einigte man sich 1989 auf den Neubau, doch dann drohte die Finanzierung zu scheitern: Nach der Wiedervereinigung fielen die fest eingeplanten Zonenrandfördermittel weg. Gebaut wurde trotzdem: Die Baukosten in Höhe von damals 611.640 D-Mark, doppelt so viel wie geplant, teilten sich Nordelbische Kirche, Kirchenkreis und Kirchengemeinde. Mit 162.529 Euro steuerte der Förderverein ein Viertel aus Spendengeldern bei.