Schwarzenbek. Im Prozess gegen einen 24-Jährigen berichteten Rettungskräfte, wie sie dessen mutmaßliches Opfer vorfanden. Und von einem Beobachter.

Vor dem Amtsgericht Schwarzenbek wurde der Weinfest-Prozess fortgeführt, der vor über zwei Wochen zum Erliegen gekommen war, weil die Entbindung der Notfallsanitäter von ihrer Schweigepflicht fehlte. Angeklagt ist Sven B. (24, alle Namen geändert), ein junger Mann aus dem Amt Schwarzenbek-Land. Ihm wird vorgeworfen, Stefan N. auf dem Schwarzenbeker Weinfest im vergangenen Jahr niedergeschlagen zu haben, wodurch dieser bleibende Schäden erlitten haben soll.

Nun mussten die beiden Notfallsanitäter aussagen, die Stefan N. in der Tatnacht nahe dem Rathaus versorgt hatten. Sie berichteten, dass sie das Opfer nicht an jenem Ort fanden, der über den Notruf gemeldet wurde. Zunächst hieß es, dass N. an der Lauenburger Straße zwischen dem Postillion und dem Kino liege.

Angriff auf Schwarzenbeker Weinfest: Amtsgericht verhandelt gegen 24-Jährigen

„Dort konnten wir das Opfer aber nicht auffinden und haben deshalb gewendet“, berichtete einer der Sanitäter. Schließlich fanden sie Stefan N. in der Nähe des Action-Parkplatzes an einer Fußgängerampel. Einer der Sanitäter habe mit einem Griff an den Brustkorb dafür gesorgt, dass das Opfer zu Bewusstsein gelangte und sich vor Schreck zunächst losreißen wollte.

Beide Sanitäter schilderten, dass Stefan N. stark alkoholisiert gewesen sei, als sie ihn auffanden. Er soll wegen des Alkoholeinflusses Koordinationsschwierigkeiten gehabt haben. „Das Opfer war nicht wirklich kooperativ. Man könnte fast sagen, dass er renitent war“, berichtete einer der Sanitäter. Zwar sei Stefan N. ansprechbar gewesen und habe reagiert, selbst gesprochen habe er aber nicht. Als die Rettungskräfte den Verletzten in den Krankenwagen setzen wollten, habe er sich gewehrt und versucht, wieder auszusteigen. Auch eine Infusion habe er sich nicht legen lassen wollen.

Lag das Opfer etwa in stabiler Seitenlage?

Unklar blieb, ob die Polizei erst nach dem Rettungsdienst am Tatort eintraf oder ob dies gleichzeitig passierte. Zwar sagten die Sanitäter aus, dass sie vor der Polizei am Tatort waren, aus den Polizeiprotokollen geht das anders hervor. Allerdings betonten beide Sanitäter, dass der Vorfall inzwischen auch über ein Jahr zurückliege. Unstrittig ist hingegen, dass sie Stefan N. mit einem Hämatom am Hinterkopf auffanden. Auch ein geschwollenes Auge soll er gehabt haben.

Der Strafverteidiger des Angeklagten wollte von den Sanitätern wissen, in welcher Position sie das Opfer vorgefunden hatten. Speziell fragte er, ob Stefan N. möglicherweise in stabiler Seitenlage gelegen habe. Dies könnte, sofern Sven B. schuldig gesprochen wird, entlastenden Charakter haben, da er sich dann möglicherweise noch um das Opfer gekümmert hätte. Dies konnte einer der Rettungskräfte jedoch ausschließen. „Daran würde ich mich definitiv erinnern“, sagte er. „Aber ob er auf dem Rücken oder Bauch lag, weiß ich nicht mehr.“

Bisher ist unklar, wer den Notruf gewählt hat

Er sagte zudem aus, dass er bei der Anfahrt zum Tatort einen Mann mit weißem T-Shirt gesehen habe, der sich am Ende des Lichtkegels der Scheinwerfer hinter Autos versteckte. Da das Rettungsteam aber noch auf der Suche nach dem Verletzten war, habe man dem Mann keine weitere Beachtung geschenkt. Bisher ist unklar, wer in der Tatnacht den Notruf wählte. Hierüber könnten kommende Zeugenaussagen noch Aufschluss liefern.

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Mittlerweile läuft der Prozess um das Weinfest in Schwarzenbek seit über sechs Wochen. Weitere Verhandlungstage sind noch bis in den November angesetzt. Neben dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung wurde Sven B. bezichtigt, dass er Wertsachen des Opfers geraubt und später mit dessen Kreditkarte online Gutscheincodes gekauft habe. Dieser Vorwurf wurde inzwischen aus Gründen der Verfahrensökonomie fallengelassen. Dennoch soll beim nächsten Prozesstermin eine Bekannte des Angeklagten aussagen. Diese wird verdächtigt, die Wertsachen von Stefan N. aus dem Mülleimer eines Bistros gefischt zu haben, wo sie versteckt gewesen sein sollen.