Glinde. Bauarbeiten am Wochenende verderben Glinder Feuerwehrleuten ihre Festfahrt. Warum die Enttäuschung darüber jetzt besonders groß ist.
Diese Nachricht glich einer kleinen Sensation und versetzte nicht nur Eisenbahnfreunde in helle Aufregung: Die historische Dampflok „Karoline“ sollte am Sonnabend von Geesthacht über Bergedorf-Süd und Rothenburgsort enlang der Boberger Niederung nach Glinde fahren. Anlass: das 125-jährige Bestehen der Feuerwehr Glinde.
Nicht nur für die Glinder ist diese Fahrt eine Besonderheit, denn auf den Gleisen von Tiefstack zur Glinder Firma Koops in den Waldweg rollen seit Jahren nur mit Baustoffen beladende Güterzüge, Personenzüge fahren nicht auf der Strecke. Und auch die Geesthachter Eisenbahnfreunde, die die „Karoline“ hegen und pflegen, hatten sich schon sehr auf die Sonderfahrt auf anderen Gleisen als den altbekannten zwischen Geesthacht und Bergedorf Süd gefreut. „Andere Fahrten haben wir seit Jahren nicht gemacht“, sagt Gerhard Rösler, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Geesthachter Eisenbahn.
Gleis am Wochenende gesperrt: Große Enttäuschung bei Feuerwehrmännern und Eisenbahnfreunden
Nun die herbe Enttäuschung auf allen Seiten: Am Mittwoch hat die Hamburger Verkehrsbehörde die Sonderfahrt der „Karoline“ abgesagt. Grund ist ausgerechnet die Dauerbaustelle auf der B5, die viele Autofahrer seit Monaten nervt. Ab diesem Freitag, 29. September, bis Sonntag, 1. Oktober, wird die B5 erneut komplett gesperrt – einschließlich des AKN-Gleises, das unter der Brücke liegt. Denn für die Brücke werden sehr große, 20 Meter lange Träger angeliefert und eingesetzt. Für den Einhub werden zwei große Kräne auf die Fahrbahn gestellt.
„Ausgerechnet an diesem Wochenende“, sagt der Glinder Feuerwehrmann und Bahnliebhaber Wolfgang Marin. Sechs Monate Vorbereitung und Organisation einfach futsch. Ein nicht ganz unberechtigter Einwand, denn schließlich sollte die Brücke an der B5 bereits im Januar fertiggestellt sein. Doch dann machten Lieferengpässe beim Stahl, Personalmangel und der Wechsel einer Zulieferfirma den Plänen des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer und der Glinder Feuerwehr einen Strich durch die Rechnung.
Die Planung der Sonderfahrt hatte im Mai begonnen. Keine leichte Aufgabe, denn schließlich ist die „Karoline“ eigentlich für Fahrten auf den Gleisen der Deutschen Bahn nicht ausgerüstet. Ihr fehlt eine sogenannte Sicherheitsvorrichtung, „die man für viel Geld (rund 100.000 Euro) nachrüsten könnte“, sagt Rösler.
Moderne Lok sollte Karoline einen Streckenabschnitt ziehen
Doch auch für dieses Problem fand Wolfgang Marin, der die Sonderfahrt maßgeblich organisiert hat, eine Lösung: Die Potsdamer Eisenbahngesellschaft erklärte sich bereit, für die Strecke von Bergedorf nach Rothenburgsort eine ihrer moderneren Loks aus dem Hamburger Hafen für den Streckenabschnitt vor die Karoline zu spannen. Auch ein Lokführer war gefunden, und die Kosten für die Sonderfahrt in Höhe von rund 3500 Euro waren beisammen.
Die Glinder hatten also keine Mühe und keine Kosten gescheut, um ihren internationalen und nationalen Gästen aus Frankreich, Großbritannien, Finnland und Bacharach in Rheinland-Pfalz etwas Besonderes bieten. „Und besonders ist die Fahrt mit der ‚Karoline‘ allemal“, sagt Marin, der sich nur an eine weitere Fahrt der „Karoline“ nach Glinde vor 13 Jahren erinnern kann. Damals gab es die Vorschrift für die Sicherheitsvorkehrung und die Notwendigkeit einer zweiten Lok noch nicht.
Dass eine zweite Lok vor eine Dampflok gesetzt wird, sei technisch gar kein Problem: „So eine Lok kann locker 1500 Tonnen ziehen. Die Karoline kommt mit Kohle und Wassertank auf gerade mal 60 Tonnen“, sagt Rösler.
Karoline fährt wieder am ersten Oktoberwochenende
Doch der Traum einer historischen Bahnfahrt von Glinde nach Geesthacht ist nun zerplatzt. Doch ganz verabschieden mag sich Wolfgang Marin davon nicht: „Als kleiner Trost werden unsere Gäste jetzt auf der altbekannten Strecke von Bergedorf nach Krümmel fahren“, sagt Marin. Der Glinder hofft sehr, dass die Sonderfahrt nach Glinde später noch nachgeholt werden kann.
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Ob die „Karoline“ dann bei ihrer Ein- und Ausfahrt am Bergedorfer Bahnhof Süd wieder laut tutet, mag Rösler nicht versprechen. „Wir wollen keine Erwartungen schüren und viele Neugierige zum Bahnhof locken, die dann womöglich enttäuscht werden“, sagt der Eisenbahnfreund. Denn freie Plätze gibt es bei der Sonderfahrt mit geschlossener Gesellschaft am Sonnabend nicht.
Bei den öffentlichen Fahrten am Wochenende 8. und 9. Oktober dafür umso mehr. Die erste Fahrt startet in Bergedorf Süd Richtung Geesthacht um 11.05 Uhr, die letzte um 18.45 Uhr. In Geesthacht startet die erste Bahn Richtung Bergedorf um 10.15 Uhr, die letzte um 17.55 Uhr (in Krümmel um 17.35 Uhr).