Lauenburg. 2300 Jugendliche aus 120 Jugendfeuerwehren pumpen Wasser durch einen 66 Kilometer langen Schlauch. Doch es gibt einen Haken.

Sie wussten, heute werden alle Augen auf sie gerichtet sein. Schließlich standen die 24 Mädchen und Jungen der Lauenburger Jugendfeuerwehr am Sonnabendvormittag an der Spitze der Aktion, die in einen Weltrekord münden sollte. Das erklärte Ziel: Über die längste Schlauchverbindung der Welt sollte Wasser aus der Elbe in die Trave bei Lübeck gepumpt werden – los ging es in Lauenburg. Um es vorwegzunehmen: Es ist geglückt. Die jungen Retter aus 120 Jugendwehren haben den neuen Weltrekord nach Norddeutschland geholt.

Petrus hatte die Aufforderung „Wasser marsch!“ wohl falsch verstanden. Es goss während der Aktion auf der gesamten Strecke wie aus Kübeln. Abhalten ließ sich davon allerdings niemand. Immerhin hatten sie wochenlang jeden Handgriff immer wieder geübt. Wie alle der rund 2300 Jungen und Mädchen aus den beteiligten Jugendfeuerwehren wussten sie: Nur wenn jeder an seinem Platz das Beste gibt, würde der Versuch gelingen. Schließlich galt es, einen über 20 Jahre alten Weltrekord zu knacken. Jugendfeuerwehren aus dem ostbayerischen Landkreis Schwandorf hatten damals eine Schlauchverbindung von immerhin 46 Kilometern zustande gebracht.

Feuerwehr-Weltrekord: Nachwuchsretter mussten zweiten Anlauf starten

Der Regen war nicht das einzige Problem, mit dem die jungen Retter aus Lauenburg zu kämpfen hatten. Pünktlich 8.30 Uhr rollten die Mannschaftswagen der Lauenburger Feuerwehr am vereinbarten Treffpunkt an der Schleuse an. Schließlich galt es, keine Zeit zu verlieren. Alle wussten: Liegen die Schläuche schon am Anfang der Kette nicht rechtzeitig, gibt es Verzug auf der ganzen Linie. Zwar war der diensthabende Mitarbeiter an der Schleuse zunächst etwas verdutzt, als die Einsatzfahrzeuge auf das Gelände wollten, öffnete aber das Tor. „So war es seit Langem vereinbart“, sagt Lauenburgs Feuerwehrchef Lars Heuer. Doch der Schleusenmitarbeiter hatte sich wohl dann beim Wasser- und Schifffahrtsamt doch lieber absichern wollen. Dabei stellte sich heraus: Irgendwo hatte wohl der Kommunikationsweg geklemmt. Die Schlauchverbindung lag schon, da kam die Anweisung aus der Behörde, dass die Aktion auf dem Betriebsgelände der Schleuse nicht starten dürfe.

Für lange Diskussionen blieb keine Zeit. Schließlich gilt es auch bei Einsätzen blitzschnell auf eine veränderte Lage zu reagieren. In Windeseile waren die Schläuche wieder eingerollt. Das Löschfahrzeug fuhr 200 Meter weiter am Kanal entlang, und die tausendmal geübte Aktion begann von vorn. Der zehnjährige Paul Böttcher lief die Strecke nochmals ab, um die einzelnen Schläuche zu zählen. „Es sind 30“, war er sich dann sicher. Paul ist seit zwei Jahren bei der Lauenburger Jugendfeuerwehr und weiß daher genau, dass jede Verbindung exakt sitzen muss, damit das Wasser später ungehindert laufen kann. Der nächste Streckenabschnitt wurde von der Geesthachter Jugendfeuerwehr übernommen, die ihre Schläuche bis zum Abschnitt der jungen Retter aus Kollow legte.

Jugendgruppenleiterin Magdalena Fechner (l.) und die 11-jährige Melissa Weinreich fügen die beiden Schlauchenden in Sekundenschnelle zusammen.
Jugendgruppenleiterin Magdalena Fechner (l.) und die 11-jährige Melissa Weinreich fügen die beiden Schlauchenden in Sekundenschnelle zusammen. © Elke Richel | Elke Richel

Punkt 12 Uhr stand fest: Es steht ein neuer Feuerwehr-Weltrekord

Wer sich auf den feierlichen Moment gefreut hatte, an dem in Lauenburg das Kommando „Wasser marsch!“ ertönte, wurde im ersten Moment vielleicht enttäuscht. Sobald eine Jugendfeuerwehr ihren Streckenabschnitt verlegt hatte, befüllten die Mitglieder die Schläuche bis zur nächsten Pumpe schon mit Wasser. Das machte durchaus Sinn, denn das Wasser durch den leeren Schlauch von Lauenburg bis Lübeck zu schicken, hätte einen ganzen Tag lang gedauert. Dies verstieß auch nicht gegen die Regel, denn die amtierenden Weltrekordler hatten damals ihre Schlauchverbindung auch so präpariert.

Als die 66 Kilometer lange Strecke verlegt und die einzelnen Schlauabschnitte prall voll Wasser waren, wurden die anderen 143 Pumpen entlang des Kanals aber wieder eingeholt. Von jetzt an arbeitete nur noch die Pumpe in Lauenburg. Punkt 12 Uhr mittags traf der ersehnte Funkspruch aus Lübeck ein: „Rekordversuch geglückt. Das Wasser fließt auf dem Gelände der Lübecker Firma Dräger wie geplant in die Trave“. Der längste Feuerwehrschlauch der Welt durch die Kreise Herzogtum-Lauenburg, Segeberg, Stormarn, Ostholstein und die Stadt Lübeck hatte gehalten. Ein paar Missgeschicke auf der Stecke konnten schnell behoben werden.

In Lauenburg am  Elbe-Lübeck-Kanal beginnt die 66 Kilometer lange Schlauchverbindung bis nach Lübeck.
In Lauenburg am Elbe-Lübeck-Kanal beginnt die 66 Kilometer lange Schlauchverbindung bis nach Lübeck. © Elke Richel | Elke Richel

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Vor Weltrekord: Jugendfeuerwehren glänzten schon mit anderen Rekorden

Spätestens bei dieser Nachricht löste sich die Spannung auch bei den Mädchen und Jungen, die bisher der Sache eher gelassen entgegengesehen hatten. Immerhin sind sie jetzt alle Weltrekordler. Ihre Leistung wird im dicken Buch des Hamburger Rekord-Instituts für Deutschland (RID) verzeichnet sein – bis irgendwann jemand auf die Idee kommt, die zu überbieten.

Das ist übrigens nicht der erste dort festgehaltene Rekord von Jugendfeuerwehren. Die jungen Retter aus Ellwangen stellte am 3. November 2018 einen im wahrsten Sinne des Wortes brandheißen Rekord auf. Aus mehr 8000 Fackeln erstellte sie das größte Feuerbild der Welt. Die Idee hinter diesen spektakulären Aktionen ist immer dieselbe: Die KInder und Jugendlichen lernen schon von Anfang an, dass es gerade bei der Feuerwehr auf gute Zusammenarbeit ankommt, um erfolgreich zu sein.