Landkreis Harburg. Aktiv sein, anpacken, ins Gespräch kommen: Heidenauerin engagiert sich seit Jahrzehnten vielfältig für Mitbürger. Von ihrer neuen Aufgabe.
Mit Anette Randt hat im Landkreis Harburg erstmalig eine Frau das Zepter in einem Schützenverein in der Hand und regiert 450 Mitglieder. Ende März ist sie auf der Jahreshauptversammlung des Schützenvereins Heidenau einstimmig zur Nachfolgerin von Thorsten Ehlermann gewählt worden. Vorgeschlagen hatte sie Heidenaus Bürgermeister Dierk Beneke. Auch dessen Amt hatte die umtriebige Neu-Präsidentin zehn Jahre lang inne. Wie entwickelt jemand aus einem beschaulichen Ort in der Samtgemeinde Tostedt so viel Energie?
Anette Randt: Aufgewachsen mit drei Geschwistern auf einem Bauernhof
Aufgewachsen ist Anette Randt mit zwei älteren Schwestern und einem jüngeren Bruder auf dem Bauernhof ihrer Eltern Ernst und Ursula Cohrs in Heidenau, wo sie auch die Grundschule besuchte. Wie das in der Landwirtschaft oft so ist, packten die Kinder fleißig mit an. „Als ich zwölf Jahre alt war, hab ich zusammen mit meiner großen Schwester regelmäßig unsere 50 Kühe gemolken, bin Trecker gefahren und hab Stroh gepresst“, erzählt die Landwirtstochter, als sei das für ein junges Mädchen neben den Schularbeiten ganz selbstverständlich.
Da ging sogar noch mehr: Früh begeisterte sie sich für den Schützenverein, wurde 1976 Kinderkönigin. Von 1977 bis 1979 war sie Schülervertreterin im Tostedter Samtgemeinderat. Viele Jahre war Anette Randt auch im Vorstand der Landjugend aktiv. Und sie machte fröhlich mit in einer Volkstanzgruppe. Aktiv sein, anpacken, mit Leuten ins Gespräch kommen: Das war schon immer ihr Ding. Und so besserte sie früh ihr Taschengeld auf, indem sie im „Heidenauer Hof“ kellnerte.
Gastronomie: Aufstieg bis in die Betriebsleitung von Eugen Block
Arbeiten in der Gastronomie, das gefiel der Heidenauerin. Also heuerte sie nach abgeschlossener Hauptschule in Tostedt und nachgeholter Realschulreife in Buchholz plus Ausbildung zur Gymnastiklehrerin in Hannover ohne Aussicht auf eine Anstellung im Sportbereich im Block House in Bergedorf an. Neugierig auf die Welt außerhalb Hamburgs, arbeitete sie schon bald in Berlin, Braunschweig und Stuttgart und stieg in die Betriebsleitung des Konzerns auf. „Zwölf Jahre habe ich für Eugen Block gearbeitet“, berichtet sie. „In Frankfurt habe ich 1986 mal Joschka Fischer bedient, als er noch als Taxifahrer gejobbt hat“, erinnert sich Anette Randt schmunzelnd.
2001 wird sie Bürgermeisterin von Heidenau und bleibt es zehn Jahre
Mitte der 1990er-Jahre zog es sie zurück in ihren Heimatort Heidenau, wo sie sich mit der Schwester, deren Mann tödlich verunglückt war, um deren beide Söhne kümmerte. Etwa zu dieser Zeit entdeckte sie auch ihr Herz für die Politik, wurde 2001 in den Gemeinderat gewählt. Einen Monat später wurde sie Bürgermeisterin von Heidenau – ein Amt, das sie zehn Jahre lang ausfüllte. Seit 2006 bestimmt sie die Geschicke der Samtgemeinde Tostedt mit. Im Landkreis Harburg nimmt sie seit zehn Jahren die Pflichten einer stellvertretenden Landrätin wahr.
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Gradlinig und direkt geht sie ihre Aufgaben an, scheut auch vor Kritik nicht zurück. „Mein Wahlspruch lautet: Jedem Menschen recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann“, betont die selbstbewusste CDU-Politikerin. Dieses Motto bekam sie anlässlich ihrer Wahl zur Bürgermeisterin von ihrem Amtsvorgänger Arndt Dallmann in einem Rahmen geschenkt. Seitdem begleitet und stärkt es sie.
CDU-Ortsverein, Landesvorstand, Gründungsmitglied der Frauen-Union
Seit mehr als 20 Jahren gehört Anette Randt dem CDU-Ortsverein Tostedt an, wo sie sich im Vorstand wie auch im Landesvorstand engagierte. Und sie gehörte vor zwei Jahren zu den Gründungsmitgliedern der Frauen-Union im Landkreis Harburg. Soziales Engagement liegt der Heidenauer Deern am Herzen.
Seit sieben Jahren arbeitet sie in Tostedt ehrenamtlich im „Fundus – Kaufhaus für alle“ des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Sie liebt das Gespräch mit den Kundinnen und Kunden, die aus allen Gesellschaftsschichten in das Sozialkaufhaus kommen. Gern packt sie die gespendeten Sachen aus den Kartons: „Jede Kiste, die reinkommt, fühlt sich ein bisschen wie Weihnachten an“, strahlt Anette Randt.
Mit Ehemann Jörn Randt: Maritimes Müllrecycling ist wichtiges Hobby
Mit Ehemann Jörn, den sie liebevoll als „Kieler Sprotte“ bezeichnet, teilt sie die Leidenschaft für das Segeln. Beide arbeiten aktiv mit in dem von Günther Bonin (einem Segelkameraden) gegründeten Verein „One Earth One Ocean (OEOO)“, der „Maritimes Müllrecycling“ betreibt. Mit Spezialschiffen, wie dem „SeeHamster“ und der „SeeKuh“ werden die Meere von Plastikmüll befreit.
Im Juli 2023 setzte das Paar mit weiteren Mitstreitern mit der „SeeKuh“ von Kiel über zur Insel Rügen. Innerhalb von zwei Wochen befreite die Crew die Ostsee von 380 Kilo „Geisternetzen“ (im Wasser treibende Fischernetze), zehn Kilo Angelködern sowie zehn Kilo Müll und Leinen.
Unterwegs mit dem Wohnmobil, derzeit aber ohne eigenen Hund
Der Schriftzug OEOO ziert auch das Wohnmobil von Anette und Jörn Randt, mit dem sie gern mal für zwei, drei Tage an die See fahren. Im vergangenen Jahr führte sie eine Tour in den Schwarzwald, dessen landschaftliche Schönheit sie begeisterte. Für die langjährige Leiterin der Walking-Gruppe des TSV Heidenau sind lange Wanderungen kein Problem.
Vielleicht ist das Paar irgendwann auch wieder mit eigenem Vierbeiner unterwegs. Nachdem Beagle „Emmy“ mit 18 Jahren verstorben war, hat Anette Randt oft die katalanische Schäferhündin „Tapas“ zur Pflege bei sich zu Hause.
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Gemeinsam mit Geschwistern und Neffen kümmert sich Anette Randt liebevoll um ihren mittlerweile 93 Jahre alten Vater. So kann Ernst Cohrs weiterhin in seinem Haus wohnen und das Leben im Kreis der Familie genießen kann. Von ihm hat sie auch die Liebe zum Schützenverein. War der Papa 1977 Schützenkönig, so wurde die Tochter 22 Jahre später Damenkönigin.
Von Vater Ernst Cohrs die Liebe zum Schützenwesen übernommen
„Das Schützenhaus steht allen das ganze Jahr über offen, nicht nur zum Schützenfest“, gibt sie zu bedenken. „Einer für alle und alle für einen – das ist mein Wahlspruch“, sagt Anette Randt mit fester Stimme und klarem Blick aus blitzenden graublauen Augen. Es fällt nicht schwer, ihr das zu glauben.