Winsen. Versiegelung von Flächen an A7 in Hamburg soll an A39 in Niedersachsen ausgeglichen werden. Was die Stadt Winsen nun fordert.

Die Stadt Winsen hat einen dicken Hals. Und sie macht ihrem Unmut unverhohlen Luft. Adressatin der Kritik von Bürgermeister André Wiese ist nicht allein die zuständige Bundesbehörde, die DEGES. Parallel wandte er sich auch an das Bundesverkehrsministerium und die beiden Bundestagsabgeordneten aus dem Landkreis Harburg, Svenja Stadler (SPD) und Michael Grosse-Brömer (CDU). Stein des Anstoßes ist der sofortige Wegfall von Pendlerparkplätzen an der Anschlussstelle Winsen-Ost der Autobahn A39.

Parkplatz sofort weg: Stadt Winsen kritisiert auch mangelnde Kommunikation

Am Montag (15. April) haben die Arbeiten zur Renaturierung der Fläche begonnen, schon einige Tage früher hatte die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH – kurz DEGES – die Sperrung der Parkfläche veranlasst. Die Kritik der Stadt Winsen entspinnt sich zum einen an der Sachentscheidung als solches. Sie macht aber auch die mangelnde Kommunikation der Bundesbehörde in Richtung Kommune zum Thema. Lediglich aus der Presse habe die Stadtverwaltung vom kurzfristigen Wegfall des Pendlerparkplatzes erfahren, heißt es aus dem Winsener Rathaus.

„Sonst wird für jedes Verkehrsschild ein Beteiligungsverfahren durchgeführt“

„Sonst wird für jedes Verkehrsschild, das neu errichtet oder entfernt werden soll, ein Beteiligungsverfahren durchgeführt“, sagt André Wiese. „In diesem Fall hätte ich mir gewünscht, dass man rechtzeitig vorher über das Vorhaben informiert worden wäre und die Möglichkeit gehabt hätte, Winsener Interessen in den Entscheidungsprozess einzubringen.“

André Wiese, Bürgermeister der Stadt Winsen (Luhe) im Landkreis Harburg.
André Wiese, Bürgermeister der Stadt Winsen (Luhe) im Landkreis Harburg. © Stadt Winsen | Gregor Szielasko

Seit den 1990er-Jahren gibt es besagten Pendlerparkplatz an der Autobahn A39, Auffahrt Winsen-Ost. Grob geschätzt, bietet er Platz für bis zu 30 Fahrzeuge. Die Fläche ist nicht gepflastert. Es handelt sich um festgefahrenen Sand und Schotter mit einigen Schlaglöchern. Doch warum soll dieser Parkplatz nach mehr als 30 Jahren nun wegfallen?

Telekommunikationstrasse wird entlang der Autobahnen A7 und A39 gebaut

„Naturschutzmaßnahmen machen Flächenentsiegelung notwendig“, lautet die Überschrift einer Pressemitteilung der DEGES von Ende März. Der Hintergrund: Im Bereich der Autobahnen A7 und A39 entsteht zwischen dem Maschener Kreuz und der Anschlussstelle Heimfeld auf einer Länge von 13 Kilometern eine neue Telekommunikationstrasse. Um die Digitalisierung zu fördern, wird parallel eine neue Breitband- und Mobilfunktrasse mitverlegt. Im Rahmen dieser Baumaßnahmen seien partielle Flächenversiegelungen nicht zu vermeiden, heißt es.

Auf dem Pendlerparkplatz an der Anschlussstelle Winsen-Ost haben Bauarbeiten zur Renaturierung der Fläche begonnen.
Auf dem Pendlerparkplatz an der Anschlussstelle Winsen-Ost haben Bauarbeiten zur Renaturierung der Fläche begonnen. © HA | Markus Steinbrück

Um aber diese Flächenversiegelungen kompensieren zu können, forderte die zuständige Naturschutzbehörde im Genehmigungsverfahren die Entsiegelung vorhandener Bundesflächen. So führte die gemeinsame Suche von DEGES mit Beteiligten der Autobahn GmbH zu der „geeigneten versiegelten Fläche“ in Winsen. Dass Eingriffe in Natur und Landschaft auf Hamburger Gebiet letztlich in Niedersachsen kompensiert werden, spielt in diesem Zusammenhang offensichtlich keine Rolle.

DEGES spricht von Umweltverstößen und illegaler Müllentsorgung in Winsen

„Auf dem bislang geduldeten Pendlerparkplatz der AS Winsen-Ost werden noch häufig Umweltverstöße festgestellt, defekte Fahrzeuge abgestellt, der Boden mit ausgetretenen Betriebsstoffen, Unrat und Müll kontaminiert und teilweise entsorgungspflichtiger Sondermüll hinterlassen“, so die Darstellung in der DEGES-Mitteilung, die ergänzt, den Pendlerparkplatz gern im Interesse der Allgemeinheit für Fahrgemeinschaften erhalten haben zu wollen.

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„Aufgrund der negativen Erfahrungen und kostenintensiven Unterhaltungsmaßnahmen haben die beteiligten Stellen der Autobahn GmbH jedoch entschieden, das Areal aufzugeben und so den Auflagen der zuständigen Naturschutzbehörde nachzukommen“, so die Argumentation. Zusätzlich würden auf dem bisherigen Parkplatz Insektenflächen angelegt. Mit dem Tage dieser Mitteilung (26. März) wurde auf dem Areal eine Halteverbotszone eingerichtet.

André Wiese: Fahrgemeinschaften sparen Kosten und kommen der Umwelt zugute

Die Argumentation der Bundesbehörden und den ersatzlosen Wegfall des Parkplatzes kann man im Rathaus der Stadt Winsen nicht nachvollziehen. „Der Platz wird stark genutzt und ist an der Stelle eine sinnvolle Einrichtung, um Fahrgemeinschaften zu fördern. Die betroffenen Pendlerinnen und Pendler sparen so Kosten, und auch der Umwelt kommt das zugute“, sagte Bürgermeister André Wiese.

Ein kleiner Bagger führt am Montag auf dem Pendlerparkplatz an der Autobahn-Anschlussstelle Winsen-Ost erste Erdarbeiten aus.
Ein kleiner Bagger führt am Montag auf dem Pendlerparkplatz an der Autobahn-Anschlussstelle Winsen-Ost erste Erdarbeiten aus. © HA | Markus Steinbrück

„Mich ärgert, dass diese Aspekte bei der Entscheidung des Bundes, die Fläche zu renaturieren, offensichtlich keine große Rolle gespielt haben.“ Gleichzeitig richtet die Stadt Winsen den Blick nach vorn.

Stadt Winsen fordert einen Ersatzparkplatz in ausreichender Größe in der Nähe

Mit der deutlichen Kritik verbindet sie die Forderung, den wegfallenden Parkplatz zu ersetzen. „Dieser Ersatzparkplatz ist in ausreichender Größe an geeigneter Stelle in der Nähe und so schnell wie möglich vom Bund zu schaffen“, fordert André Wiese.