Lüneburg/Harburg. Sinkende gesellschaftliche Akzeptanz, hohe Kosten für Tierärzte und Impfungen. Doch Harburgs Pferdefreunde haben auch gute Nachrichten.
- Weil es schlimme Zwischenfälle in Pferdeställen gegeben haben soll, steht der Reitsport in der Kritik
- Gemeint sind zwei Ereignisse, die sich in den USA und Dänemark zugetragen haben sollen
- Dies bekommt nun auch der Pferdesportverband Lüneburg-Harburg zu spüren
Es könnte alles so schön sein: die Mitgliederzahlen haben sich positiv entwickelt, die Kassenlage stimmt, es gibt viele engagierte Vorstandsmitglieder und mit sportlichen Erfolgen weiß der Pferdesportverband (PSV) Lüneburg-Harburg ebenfalls zu glänzen. So empfingen die beiden 2023 gewonnenen Landesstandarten die Vereinsvertreter zur Mitgliederversammlung im Hotel zur Rennbahn in Stove. Und doch rückte der Vorsitzende ein ernstes Thema in den Mittelpunkt.
„Dem Pferdesport weht einmal mehr ein harscher Wind entgegen“, sagte Dr. Ernst-Dietrich Paulus. Er bezog sich auf die Diskussion zur abnehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz des Pferdesports, die unter der Überschrift „Social License“ geführt werde. Gemeinhin versteht man unter diesem Begriff einen ungeschriebenen Gesellschaftsvertrag zwischen der Öffentlichkeit und einer Organisation. „Leider hat es in letzter Zeit böse Zwischenfälle gegeben“, so Paulus. Damit meinte er zwei Ereignisse in den USA und in Dänemark.
„Social License“: Tierschutz relevante Vorfälle in den USA und Dänemark
In den Sozialen Medien tauchte Videomaterial auf, das tierschutzrelevante Szenen des US-Dressurreiters Cesar Parra zeigt. Der gebürtige Kolumbianer und in Florida lebende Championatsreiter wurde vom Weltreiterverband FEI vorläufig gesperrt. Wie schnell solche Dinge näher an hiesige Pferdesportler heranrücken können, zeigt die Tatsache, dass auf den Videos auch zwei Personen aus Niedersachsen zu sehen sind.
Wenig später veröffentlichte das dänische Fernsehen dann zwei Dokumentationen mit Szenen aus dem Stall Andreas Helgstrand. Eine vermeintliche Pferdepflegerin hatte im Sommer 2023 wochenlang heimlich Aufnahmen gemacht und systematische Verstöße festgestellt. „Bitter: Während das Imperium Helgstrand Millionengewinne im Pferdehandel generiert, diskreditieren solche Bilder Abertausende von redlichen Pferdefreunden und bringen den ganzen Reitsport in Misskredit“, sagte der PSV-Vorsitzende verärgert.
Dr. Paulus: „Diese schwarzen Schafe machen uns gewaltig etwas kaputt“
„Diese schwarzen Schafe machen uns gewaltig etwas kaputt.“ Nichtreiter würden sich intuitiv auf die Seite der Tierschützer stellen, so der Eindruck von Dr. Paulus. Konkret etwas gegen die Vorfälle auf internationaler Ebene unternehmen können die 7725 Mitglieder, die im PSV Lüneburg-Harburg organisiert sind (Zuwachs von vier Prozent gegenüber 2020), unterdessen nicht.
„Für uns an der Basis geht es darum, uns deutlich als Tierfreunde zu positionieren und die Faszination Pferd in die nächste Generation zu tragen. Es geht darum, den Partner Pferd weder zu vermenschlichen noch zum Sportgerät zu degradieren. Wir sollten für die klassische Reitlehrer einstehen, zeigen, wie es in der Praxis läuft und die Faszination Pferdesport verbreiten“, appellierte der Verbandsvorsitzende aus Tespe-Bütlingen.
Reiten ist gut für Kinder, als Therapie oder in der Trauma-Bewältigung
Dr. Paulus zitierte Dr. Katharina Wiegand, Geschäftsführerin der Pferdeland Niedersachsen GmbH: „Der erzieherische Wert des Umgangs mit Pferden für Kinder und Jugendliche, der positive Einfluss der dreidimensionalen Bewegung beim therapeutischen Reiten oder herausragende Erfahrungen in der Arbeit mit Pferden und traumatisierten Menschen sind nur einige positive Beispiele.“
Zwei weitere Themen treiben die Pferdsportler in den zwei Landkreisen im Süden Hamburg um – und nicht nur dort. Zu schaffen machen ihnen die massiv gestiegenen Kosten für tierärztliche Untersuchungen. Festgelegt sind diese in der seit November 2022 geltenden, neuen Version der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT).
GOT: Massiv gestiegene Kosten für tierärztliche Untersuchungen
Zehn Jahre lang hatte es keine Erhöhung gegeben, nun wurden die Kosten annähernd verdoppelt. Bundesweit laufen Online-Petitionen mit dem Ziel, diesen Schritt zu überdenken, am liebsten teilweise rückgängig zu machen.
Einsparpotenzial bei den in Summe massiv gestiegenen Kosten der Pferdehaltung sehen die Vereine auch in den Impfvorschriften der Deutschen Reiterlicher Vereinigung (FN). Hierzulande sind diese sehr viel strenger als in den Nachbarländern.
Deutsche Reiterliche Vereinigung fordert mehr Impfungen als anderswo
Für die Teilnahme an einer Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) benötigen Pferdebesitzer nicht nur den Nachweis einer Impfung gegen das Herpes-Virus, sondern auch zwei Influenza-Impfungen. Zum Vergleich: in allen anderen Nationen ist nur eine Impfung gegen Influenza erforderlich, gegen Herpes gar nicht.
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Da stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solch umfangreichen Impfschutzes, der naturgemäß Kosten verursacht. Der Vorstand des PSV Lüneburg-Harburg möge über seinen Landesverband, den PSV Hannover, Druck auf den Bundesverband ausüben, diese Regelungen abzuschaffen, so die von Stove ausgehende Botschaft.
„Bei der FN laufen wir in vielerlei Hinsicht gegen verschlossene Türen“, sagte Vorstandsmitglied Sven Kiefer. Er sehe wenig Aussicht auf Erfolg, weil mehrere große Landesverbände andere Meinungen verträten.
Neues Förderprogramm in der Region mit dem Schwerpunkt Schulpferde
Erfreulich: Aus der Taufe hob der PSV Lüneburg-Harburg ein Förderprogramm für den Turnier- und Breitensport. Ein Ziel ist, denjenigen Zugang zum Pferdesport zu ermöglichen, die es sich kaum leisten können. „Schulpferde sind die Keimzelle unseres Sports“, sagte Dr. Ernst-Dietrich Paulus.
Ab sofort können Mitgliedsvereine für maximal zwei Schul- oder Voltigierpferde einen allgemeinen Zuschuss von 150 Euro pro Jahr und beim Einsatz dieser Pferde in LPO-Turnieren zusätzlich 100 Euro Impfkostenzuschuss pro Tier erhalten.
Zuschüsse zwischen 500 und 1500 Euro im Rahmen des neuen Förderprogramms erhalten die Ausrichter von Regionsmeisterschaften. Auch der Erwerb von Trainerlizenzen wird fortan unterstützt. Bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen ergaben sich einige personelle Veränderungen.
Die Mitglieder der neuen Vorstands-Equipe des PSV Lüneburg-Harburg:
Den neuen Vorstand des PSV Lüneburg-Harburg bilden Dr. Ernst-Dietrich Paulus (Vorsitzender), Annett Witt (Finanzen), Dr. Thassilo von Loesch (Turniersport), Sven Kiefer (Stellvertreter Turniersport), Corina Fitz (Leistungssport), Marlene Schröder (Stellvertreterin Leistungssport), Kristina Weist (Breitensport), Bernd Bamberger (Vereinsentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit), Felicia von Baath (Jugend), Lisann von Scheffer und Lina Meyer (Stellvertreterinnen Jugend).