Luhmühlen. 7500 Pferdesportler aus zwei Landkreisen bündeln ihre Kräfte und organisieren sich ab sofort gemeinsam im PSV Lüneburg-Harburg.
Seit Jahren versucht der Landessportbund Niedersachsen, mit einer Strukturreform die Hierarchien und Entscheidungswege zu verschlanken. Im Kern soll die klassische Organisation des Sports auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene um eine Ebene verringert werden. Viele Sportarten folgten dem Modell, das der LSB rechtlich verbindlich nicht für das gesamte Spektrum durchdrücken konnte. Folgsam waren etwa Handball, Volleyball und Tennis. Hier gibt es keine Kreis- und Bezirksverbände mehr, an ihre Stelle traten die Handballregion Lüneburger Heide, die Volleyball-Region Hohe Heide und die Tennis-Region Süderelbe. Andere Sportarten wie Fußballer und Leichtathleten haben sich dem Prozess bisher widersetzt. Sie organisieren sich unterhalb der Landesfachverbände weiterhin mit eigenständigen Organisationen auf Kreis- und Bezirksebene.
Abschied vom klassischen Verbandsmodell
Auch die Pferdesportler agierten bislang im klassischen Modell. Zu Beginn des Jahres brachte der Pferdesportverband (PSV) Hannover, der räumlich die ehemaligen politischen Bezirke Hannover und Lüneburg abbildet, dann ebenfalls eine Strukturreform auf den Weg. Mit deutlicher Mehrheit votierten die Mitglieder im Februar 2020 für das Konzept „Organisations- und Entwicklungsprozess (OEP)“ auf Landesebene. Eine Konsequenz war die Selbstauflösung vom Bezirkspferdesportverband Lüneburger Heide am 8. September 2020. Anfang Dezember folgte der nächste Schritt im Strukturprozess. Der Verband der Reit- und Fahrvereine (RuFV) Landkreis Harburg und der Kreispferdesportverband (KPSV) Lüneburg – jeweils seit Jahrzehnten eigenständig – verschmelzen zu einem neuen, gemeinsamen Verband: dem Pferdesportverband (PSV) Lüneburg-Harburg e.V.
Der Bezirksverband hatte sich schon im September aufgelöst
Das ist das Ergebnis außerordentlicher Mitgliederversammlungen beider Kreisverbände, die parallel in Luhmühlen durchgeführt wurden. Die Kurt-Günther-Jagau-Halle mit ihrer großzügigen Tribüne bot den Vorsitzenden zahlreicher Mitgliedsvereine die Möglichkeit, wegweisende Beschlüsse selbst unter Corona-Bedingungen im Rahmen einer Präsenzveranstaltung zu fassen. Mit Abstand, Masken und in warme Daunenjacken und Decken gehüllt, wurden die Tagesordnungspunkte abgearbeitet.
Gemeinsam stellten die alten Vorstände ein Team von elf Vorstandsmitgliedern zusammen, das noch der Bestätigung durch die Mitgliedsvereine bedarf. Ebenfalls gemeinsam entwarfen die beiden Kreisvorstände eine neue Satzung und beauftragten den Notar Florian Römer aus Salzhausen, einen Verschmelzungsvertrag zu erarbeiten. Mit der Verschmelzung wird der neue Pferdesportverband Lüneburg-Harburg Rechtsnachfolger der beiden Ausgangsverbände, die mit der Neugründung formal aufgelöst wurden. Der PSV Lüneburg-Harburg repräsentiert fortan etwa 7500 Pferdesportler in 50 Vereinen.
„Es braucht Mut im Leben, etwas Neues anzupacken“
„Heute endet die 61-jährige Ära des Kreisverbandes Lüneburg, gleichzeitig beginnt eine neue Ära. Manchmal braucht es Mut im Leben, etwas Neues anzupacken. Es geht um unsere gemeinsame Zukunft in einem mitgliederstarken, kompakten und sportlich sehr interessanten Pferdesportverband“, sagte der Vorsitzende Ernst-Dietrich Paulus aus Bütlingen, der bislang auch die Lüneburger Reitvereine geführt hatte. „Wir sollten auch ein wenig stolz sein, diesen neuen Verband zu haben. Wir möchten viele Vereine in das Boot der Gemeinschaft mit hineinbekommen.“
Alexandra Duesmann wird wohl Landesverband-Präsidentin
Die designierte Präsidentin des Landesverbandes, Alexandra Duesmann, der stellvertretende Vorsitzende Klaus Oetjen (Vögelsen) und Geschäftsführerin Erika Putensen waren als Gäste in Luhmühlen dabei. „Ich fände es schön, wenn ich mit Ihrer Mithilfe die neue Struktur des PSV Hannover nach vorn tragen und mit Leben füllen könnte, sodass wir alle gut damit arbeiten und gemeinsam etwas Zukunftsweisendes aufstellen können“, appellierte Duesmann. „Ich freue mich auf eine richtig starke Mannschaft dieses neuen, großen Pferdesportverbandes“, ergänzte Putensen, die die scheidende Geschäftsführerin des KPSV Lüneburg, Christine Ahrens aus Rullstorf, für ihre ehrenamtlichen Verdienste mit der Silberne Ehrennadel des Landesverbandes auszeichnete.
Neben dem Verschmelzungsvertrag und der neuen Satzung gibt es einen Verschmelzungsbericht. Darin heißt es unter anderem: „Insbesondere die Möglichkeiten moderner Kommunikation sowie die immer größer gewordene Mobilität unserer Mitglieder haben dazu geführt, dass sich die klassischen, hierarchischen Strukturen in der Förderung des Pferdesports abgenutzt und verändert haben. Durch immer direktere Verbindungen zwischen dem Landesverband und den Vereinen an der Basis hat sich die Bedeutung sowohl der Kreis- als auch der Bezirksverbände verändert.
Kreisverbänden fehlt häufig die sportliche Basis für Meisterschaften
Besonders für die Bezirksverbände wurde es schwieriger, ein klares Profil aufrecht zu erhalten. In Kreisverbänden fehlt es heutzutage oft an der sportlichen Basis, um noch erfolgreich Meisterschaften oder andere Events durchführen zu können. Auch wird es schwieriger, junge Menschen für das Ehrenamt zu begeistern. Ämter und Posten bleiben zum Teil unbesetzt und erhöhen folglich die Arbeitsbelastung noch aktiver Funktionsträger.“ Mehrere gute Gründe also, auf eine Verbandsebene mit all ihren organisatorischen Aufgaben zu verzichten.