Neu Wulmstorf. Nach langem Kampf für Tierrechte: Sabine Brauer von „Lobby pro Tier“ ist tot. Wie sie eine Tierversuchsanstalt zu Fall brachte.
Sie kämpfte erfolgreich gegen das Horror-Tierversuchslabor, jetzt hat ihr großes Herz für Tiere aufgehört zu schlagen: Sabine Brauer, eine der bekanntesten Tierschützerinnen im Hamburger Raum und Gründerin der Initiative „Lobby pro Tier“, lebt nicht mehr. Die Neu Wulmstorferin verstarb unerwartet im Alter von 68 Jahren.
Brauers Recherchen bereiteten Boden für Undercover-Einsätze unter anderem in Neugraben
Mit ihrem jahrelangen Kampf gegen die Tierversuchslabore der LPT (Laboratory of Pharmacology and Toxicology) war Sabine Brauer gemeinsam mit der Soko Tierschutz hauptverantwortlich dafür, dass die bundesweit als „Horror- und Quallabore“ bekannten LPT-Tierversuchsanstalten in Mienenbüttel, Neugraben und und im schleswig-holsteinischen Löhndorf schließen mussten. Damit ging dort ein jahrzehntelanges Kapitel mit umstrittenen Tierversuchen an Hunden, Affen, Katzen, Ratten, Mäusen und Kaninchen zu Ende.
Neben Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz war Sabine Brauer das Gesicht der Proteste gegen Tierversuche. Ihr jahrelanges Engagement gegen die Hamburger Betreiber der Tierversuchslabore der LPT bereitete den Boden für eine der spektakulärsten Enthüllungen der Soko Tierschutz, der es Anfang 2019 gelungen war, einen Mitarbeiter Undercover für vier Monate in Mienenbüttel – einem Ortsteil von Neu Wulmstorf – einzuschleusen. Im gelang es, mit versteckter Kamera die dramatischen Zustände in der seit mehr als 50 Jahren bestehenden Einrichtung zu dokumentieren. Die Aufnahmen von entsetzlichen Tierquälereien, von geschundenen und in ihrem eigenen Blut dahin vegetierenden Hunden, in Mini-Käfige gepferchten Affen und von brutalen Misshandlungen der Tiere durch LPT-Mitarbeiter gingen viral und sorgten bundesweit für Schlagzeilen und einen Aufschrei des Entsetzens.
Machenschaften der Tierversuchsanstalt öffentlich gemacht
Und sie zeigten endlich Folgen: Mit diesen Beweismaterial konnte der Landkreis Harburg, dem Sabine Brauer wegen der Machenschaften der LPT unermüdlich auf die Füße getreten war, das „Horrorlabor“ in Mienenbüttel endlich schließen. Die LPT-Einrichtungen in Hamburg und Schleswig-Holstein wurden 2022 ebenfalls dicht gemacht. „Den Giganten in die Knie gezwungen zu haben, war ein Riesenerfolg, an dem Sabine Brauer einen maßgeblichen Anteil hatte“, schreibt der Bundesverband „Ärzte gegen Tierversuche“ aus Köln in einem Nachruf auf seiner Verbandshomepage. Mit dem Ärzteverband arbeitet Brauer von Anfang an zusammen, holte sich dort Informationen über alternative Methoden zu Tierversuchen ein, nachdem sie die gut versteckte Tierversuchsanstalt in der Nähe ihres Wohnorts entdeckt hatte.
Lautes Jaulen machte die Tierschützerin aufmerksam
Zusammen mit ihrem Mann Gerhard war Sabine Brauer 1994 in den Neu Wulmstorfer Ortsteil Rade gezogen. Bei Spaziergängen in der Feldmark in der Nähe des Tierversuchslabors hörte sie immer wieder das Gebell der Hunde auf dem hermetisch abgeriegelten Gelände. Das laute Gejaule aus den Zwingern ging der Tierfreundin nicht mehr aus dem Kopf. Sie begann zu recherchieren – und bekam Gewissheit: In ihrer Nachbarschaft befand sich eine der größten Tierversuchsanstalten Deutschlands.
Nachdem sie sich selbst über die Einrichtung informiert hatte, wollte sie auch andere Menschen darüber aufklären, was dort hinter Stacheldraht und hohen Mauern vor sich ging. In der Öffentlichkeit war die Tierversuchsanstalt bis dahin weitgehend unbekannt, die Leute sprachen von einer „Hundefarm“.
Tausende Hunde, Affen und Katzen wurden erst gequält und dann getötet
Im Juni 2009 gründete Sabine Brauer die Initiative „Lobby pro Tier“, engagierte sich in der Lokalpolitik und sorgte auch auf Kreisebene dafür, dass das die Leiden der Tiere von Mienenbüttel immer wieder auf die Tagesordnung kamen. So kam ans Licht, dass im LPT Kapazitäten für Tausende Versuchstiere vorhanden waren, welche Art von Versuchen dort ausgeführt wurden und dass alle Versuchstiere getötet wurden - Erkenntnisse, die in Politik und Bevölkerung für Entsetzen sorgte. Dank Brauers Aufklärungsarbeit wurde deutlich, dass Beagle, Affen und Katzen dort zu Tausenden litten und das Labor nur als Kadaver wieder verließen.
Auch die Botox-Tierversuche an Mäusen in Neugraben mussten beendet werden
Brauer nahm zudem an den Dauermahnwachen vor dem Hauptsitz des LPT in Hamburg-Neugraben teil, die bis zum Schluss beharrlich mehrmals wöchentlich stattfanden – ein Format, das auch für den Protest vor dem LPT in Mienenbüttel beispielhaft wurde. Gemeinsam mit „Ärzte gegen Tierversuche hob Brauer über Jahre hinweg auch immer wieder die grausamen Botox-Tierversuche an Mäusen, die beim LPT in Neugraben stattfanden, öffentlich hervor.
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Außerdem sorgte die Neu Wulmstorferin mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit dafür, dass die Diskussion über die grausamen Tierversuche in der Feldmark von Mienenbüttel nicht abebbten. Auch nach dessen Schließung ließ sie nicht locker, kämpfte weiter gegen die noch bestehenden Einrichtungen in Hamburg und Schleswig-Holstein und schaute kritisch darauf, was mit dem ehemaligen Quallabor von Mienenbüttel geschah.
Brauers Tod erschüttert ihre Mitstreiter - und motiviert sie
„Die Nachricht vom Tod von Sabine Brauer hat uns tief erschüttert. Sie war eine unermüdliche Kämpferin für die Tiere und gegen Tierversuche und über 15 Jahre eine Weggefährtin unseres Vereins“, so Dr. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende von „Ärzte gegen Tierversuche“. Auch in den Sozialen Medien gibt es viel Anteilnahme - und ein Versprechen: „Wir werden in deinem Sinne weitermachen“, heißt es dort. Sabine Brauer wird im engsten Familienkreis beigesetzt.