Neugraben/Mienenbüttel. Unternehmen mit Sitz in Neugraben und Schleswig-Holstein wird liquidiert. 120 Mitarbeiter haben bereits ihre Kündigung erhalten
„Spätestens Ende 2022 wird das Unternehmen Provivo Biosciences aufgelöst“, bestätigt Geschäftsführer Thomas Wiedermann eine Anfrage des Abendblattes am Freitag. Die letzten Tierversuche seien Mitte bis Ende Januar abgeschlossen. Neue Versuche an Kleintieren seien nicht mehr geplant.
Es gehe dem Geschäftsführer jetzt darum die Firma anständig zu liquidieren und dafür zu sorgen, dass die Tiere bis zum letzten Tag anständig gepflegt und versorgt werden. Dies sei bereits sichergestellt und man arbeite gut mit den zuständigen Behörden zusammen.
Standorte in Hamburg und Schleswig-Holstein werden geschlossen
Die 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Provivo Biosciences hätten bereits ihre Kündigungen erhalten. Die Standorte des ehemaligen LPT-Labores in Neugraben und Gut Löhndorf in Schleswig-Holstein werden geschlossen und aufgelöst. Einige der Betriebsfahrzeuge des Labors wurden laut Abendblatt-Informationen bereits zum Kauf angeboten. Nach der geregelten Abwicklung von Provivo Biosciences wolle man an einem anderen Standort und mit einem neuen Unternehmen mit der Erforschung von tierversuchsfreien Zelltests weiterentwickeln. Die Neuausrichtung in Sachen Forschung hatte Provivo Biosciences bereits im Oktober mitgeteilt. Damals war aber nicht die Rede von einer neuen Firma am neuen Standort.
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Zur Vorgeschichte: Die Soko Tierschutz hatte im Herbst 2019 mit Fotos und Berichten Misshandlungen von Hunden und Affen im damaligen Betriebsteil Mienenbüttel, einem Ortsteil von Neu Wulmstorf, aufgedeckt. Und damit für einen riesigen Skandal um Haltungsbedingungen und Tierversuche gesorgt. Tierschützer demonstrierten zu Tausenden gegen LPT. Bei einer Demo in der Hamburger Innenstadt versammelten sich 15.000 Tierschützer, eine Bauer-Mahnwache wurde vor dem Labor in Mienenbüttel errichtet.
Anfang 2021 erhielt das LPT einen neuen Namen und neuen Chef
Der zuständige Landkreis Harburg entzog dem Laboratory of Pharmacology and Toxicology (LPT), wie das Unternehmen damals noch hieß, die Haltungserlaubnis für Wirbeltiere. 96 Hunde und zahlreiche Katzen, die in der Anstalt lebten, musste das Unternehmen binnen zwei Wochen an Tierschutzorganisationen abgeben. Das Labor wurde geschlossen und die Mitarbeitenden entlassen.
Auch in Neugraben wurden die Tierversuche im LPT durch die zuständige Hamburger Behörde kurzzeitig untersagt. Im August 2020 wurden allerdings, unter strengen Auflagen, wieder Giftigkeitsstudien an Kleintieren und andere Tierversuche zugelassen. Den letzten großen Erfolg vermeldete das Unternehmen im Januar 2021 als bekannt wurde das LPT hätte an der Entwicklung des Biontech-Impfstoffs mitgewirkt. Im Februar 2021 gab man sich einen neuen Namen, aus dem 1965 gegründetem LPT, wurde Provivo Biosciences. Man wolle sich neu erfinden und künftig transparenter werden, versprach der inzwischen eingesetzte Geschäftsführer Thomas Wiedermann. Der Unternehmensgründer Jost Leuschner zog sich aus dem Tagesgeschäft zurück. Das Labor in Mienenbüttel blieb geschlossen, dort soll nun ein Tierheim entstehen.
Geplantes Tierschutzzentrum in Mienenbüttel davon unberührt
Auf die Pläne für ein neues Tierschutzzentrums soll die Schließung laut der Geschäftsführerin und Initiatorin Doris Firlus keinen Einfluss haben. Auf Abendblatt-Anfrage sagte sie: „Der Pachtvertrag bleibt davon unberührt.“ Allerdings ist das Tierschutzzentrum weiterhin nicht eröffnet. Zuletzt hatte Firlus auf September gehofft. Der Bau einer Isolations-, Quarantäne und Krankenstation für Hunde, Katzen und Kleintiere stehe vor dem Abschluss. Laut Firlus müsste nur noch ein Amtsarzt des Landkreises Harburg zur Abnahme kommen. Aufgrund der ausgebrochenen Geflügelpest ist das Veterinäramt jedoch zu stark eingebunden, bestätigte der Kreis.