Winsen. Projekt Stadtlandpraxis: 2024 stellt der Kreis Harburg die doppelte Summe bereit. Wie Hausärzte bei Niederlassung unterstützt werden.

Wer neu in eine Gegend zieht oder die Nachricht erhält, dass sein Hausarzt die Praxis schließt, kennt das Problem: Einen neuen Hausarzt oder eine Hausärztin in der Nähe zu finden, ist schwierig. Denn viele Stellen, vor allem auf dem Land, sind angesichts des Ärztemangels unbesetzt, die vorhandenen Praxen häufig überlaufen. Der Landkreis Harburg hat dafür bereits 2012 das Projekt Stadtlandpraxis gestartet.

Das Ziel ist es, die ärztliche Versorgung im Landkreis Harburg langfristig zu sichern. Dafür gibt es mittlerweile auch eine finanzielle Förderung für neue Allgemeinmediziner und Medizinstudenten. Rund 100.000 Euro wurden im vergangenen Jahr ausgezahlt, für 2024 wurde die doppelte Summe im Haushalt eingestellt.

Landkreis Harburg unterstützt neue Hausärzte mit Fördergeld und Netzwerk

Das Projekt gilt als Erfolg. Seit dem Start haben sich 61 Hausärzte im Landkreis Harburg in einer eigenen Praxis niedergelassen oder anstellen lassen. Hinzu kommen 33 Assistenten in Weiterbildung, davon neun in Krankenhäusern und 24 in Hausarztpraxen. Sie erhielten Unterstützung durch ein Netzwerk, das ihnen zum Beispiel passende Stellen oder Partner für eine Niederlassung vermittelt. Zu den Partnern zählen unter anderem die Kreisverwaltung, die Krankenhäuser Buchholz und Winsen, die Waldklinik Jesteburg, niedergelassene Hausärzte, die Kassenärztliche Vereinigung sowie das Ausbildungsnetzwerk Pflege.

Seit 2020 gibt es zudem die Möglichkeit einer finanziellen Förderung. Bis zu 24.000 Euro erhalten Hausärzte, die eine eigene Praxis im Landkreis Harburg eröffnen. 12.000 Euro gibt es für die Anstellung eines Allgemeinmediziners. Seitdem wurden 20 Niederlassungen sowie 15 Anstellungen gefördert.

Medizinstudenten, die im Landkreis arbeiten wollen, erhalten Stipendien

Darüber hinaus gibt es Stipendien für Medizinstudenten, die sich für eine Tätigkeit in der Region interessieren. Vier solcher Stipendien wurden bisher gewährt, das fünfte erhält derzeit die Studentin Claudia Hillebrecht aus Stelle. Die angehenden Mediziner erhalten ab dem fünften Semester 500 Euro pro Monat, die Summe wird über einen Zeitraum von bis zu acht Semestern ausgezahlt.

Kreisrätin Ana Cristina Bröcking (l.) mit Claudia Hillebrecht, die nach ihrem Studium als Hausärztin im Landkreis Harburg tätig sein will. Dafür erhält die Stellerin ein Stipendium des Landkreises.
Kreisrätin Ana Cristina Bröcking (l.) mit Claudia Hillebrecht, die nach ihrem Studium als Hausärztin im Landkreis Harburg tätig sein will. Dafür erhält die Stellerin ein Stipendium des Landkreises. © HA | LK Harburg

Im Gegenzug verpflichten sie sich, nach Abschluss ihrer Facharztausbildung mindestens fünf Jahre als Hausarzt oder Hausärztin im Landkreis Harburg zu arbeiten. Auch wer seine Famulatur oder sein praktisches Jahr in einem hiesigen Krankenhaus oder einer Praxis absolviert, kann von einer Förderung profitieren. Hier gibt es ein Jahr lang 300 Euro monatlich. Insgesamt hat Stadtlandpraxis bisher 365 interessierte Mediziner und Studierende für eine Tätigkeit in der Region gezählt.

Trotz Förderung: 25 freie Stellen für Hausärzte im Landkreis Harburg

„Eine gute Gesundheitsversorgung ist sehr wichtig für die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger und ein wichtiger Standortfaktor, wenn es um die Entscheidung für den Wohnort oder den Unternehmensstandort geht“, sagt Kreisrätin Ana Cristina Bröcking. „Aber der Ärztemangel nimmt gerade in ländlichen Gebieten zu, auch im Landkreis Harburg.“ Trotz der Anwerbung und Unterstützung junger Ärzte ist der Hausärztemangeln noch lange nicht behoben.

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Ein Grund ist der Generationenwechsel. Rund ein Drittel der Hausärzte sind älter als 60 Jahre, sie werden voraussichtlich in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Derzeit gibt es 152,5 Hausarztstellen im Landkreis, weitere 25 könnten hinzukommen – wenn sich die Ärzte dafür finden. Das Fördergeld liegt bereit: Zwar wurde im Zuge der Haushaltskonsolidierung auch die Summe für das Projekt Stadtlandpraxis von ursprünglich 300.000 Euro auf 200.000 Euro gekürzt. Doch angesichts der Erfahrungswerte aus den Vorjahren sieht sich der Landkreis Harburg auch mit diesem Fördertopf gut aufgestellt.