Lüneburg. Bier-Tastings, Badeklamotten und Babytage bei 90 Grad: Warum ein beliebtes Wellnessparadies jetzt völlig neue Wege geht

Als Kerstin Röttger das erste Mal davon hörte, Säuglinge mit in die Sauna zu nehmen, war ihr das nicht ganz geheuer. Als es darum ging, die Sauna bekleidet zu betreten, schluckte sie zweimal. Aber die dienstälteste Saunameisterin in der Lüneburger Salztherme „Salü“ ist durchaus offen für die neuen Wege, die ihr Arbeitgeber geht.

Und die darf man gern als unkonventionell beschreiben. Denn bekleidet in die Sauna zu gehen ist ebenso wenig üblich wie die Vorstellung, mit Babys zusammen zu schwitzen. Dirk Günther aber fragt: „Warum nicht ausprobieren?“ Der Geschäftsführer des Bade- und Wellness-Komplexes versucht gern Neues. „Wir müssen uns schließlich hervorheben, und das tun wir über unser Angebot.“

Im SaLü Lüneburg: Bier-Tasting mit regionalen Brauereien. Und danach wieder schwitzen

So gibt es seit einiger Zeit die Verbindung von Bier-Tastings mit regionalen Brauereien und Saunieren – und seit kurzem eben auch zwei neue Angebote: Saunieren mit Säuglingen und Kleinkindern sowie die Textilsauna. Beide Angebote sind jeweils auf einen bestimmten Bereich der Saunalandschaft beschränkt, die sogenannte „Kleine Sauna“, sodass die Gäste sich untereinander nicht in die Quere kommen.

Geschäftsführer Dirk Günther und Marketingleiterin Kim Oberlaender finden: „Immer mal was Neues ausprobieren!“
Geschäftsführer Dirk Günther und Marketingleiterin Kim Oberlaender finden: „Immer mal was Neues ausprobieren!“ © HA | Carolin George

Empfohlen wird das Schwitzen mit den Kleinen ab dem vierten Lebensmonat, erklärt Kerstin Röttger. Sie hat eigens eine Fortbildung zum Thema besucht – die anfängliche Skepsis ist damit längst verschwunden. „Es tut dem Immunsystem der Kleinen gut“, sagt die Saunameisterin. Das Salü empfiehlt die Kindersauna nach einer befundfreien Vorsorgeuntersuchung U4 beim Kinderarzt.

Eltern besuchen mit ihren Kindern die 60-Grad-Sauna. Die kalte Dusche danach ist natürlich tabu

Allerdings handelt es sich bei der Baby-Version eher um Schwitzen als echtes Saunieren. „Die Eltern besuchen mit ihren Kindern die 60-Grad-Sauna, wir empfehlen zunächst einen einzelnen dreiminütigen Gang auf der unteren oder mittleren Bank“, erklärt Röttger. „Das können sie dann langsam steigern auf sechs Minuten und zwei Gänge.“

Was in der Sauna ansonsten verpönt ist, ist in der Baby-Sauna erlaubt: Die Kleinen können trinken und krabbeln, auch Stillen wird akzeptiert. Aufgüsse sind für die Kleinen aus gesundheitlichen Gründen allerdings genauso tabu wie eine eiskalte Dusche.

us den Ruheräumen werden Spielzimmer, Krabbeln und Stillen ist erlaubt

Eigens für die Eltern-Kind-Termine baut das Sauna-Team zu den Familienterminen kleine Planschbecken auf und legt Spielzeug bereit. Aus den Ruheräumen werden Spielzimmer, und aus dem Sauna-Team ist stets jemand für Fragen und Tipps da.

Das Angebot kommt super an: Die Termine sind stets weit im Voraus ausgebucht, „wir überlegen daher eine Ausweitung des Angebots“, so Dirk Günther.

Kerstin Röttger, dienstälteste Saunameisterin in der Lüneburger Salztherme Salü.
Kerstin Röttger, dienstälteste Saunameisterin in der Lüneburger Salztherme Salü. © HA | Carolin George

Textilsauna in Lüneburg: Scham, gerade auch bei Jugendlichen und kulturelle Hintergründe

Noch in der Testphase befindet sich dagegen die Textilsauna. Das Marketing-Team rund um Leiterin Kim Oberlaender hatte eine Umfrage über die Social-Media-Kanäle des Salü gemacht und war überrascht, aus wie vielen verschiedenen Gründen Menschen Interesse daran äußerten, nicht nackt in eine Sauna zu gehen. „Wir haben unheimlich viele Rückmeldungen erhalten“, erzählt Kim Oberlaender. Themen wie Scham, gerade auch bei Jugendlichen, kulturelle Hintergründe, selbst keine anderen nackten Menschen sehen zu wollen, nicht in der eigenen Stadt unbekleidet auf andere treffen zu wollen waren darunter.

Gleichzeitig gab es auch viel Kritik, sogar Empörung – wie man auf die Idee kommen könne, Sauna mit Bekleidung auch nur zu denken.

Dirk Günther sagt dazu: „Warum sollen wir bewerten, ob sich jemand schämt oder nicht? Wir machen dieses Angebot für Menschen, die sich nackt unter anderen nicht ganz wohl fühlen. Und wir sollten weg von dem Gedanken, dass wir in Deutschland den einzig wahren Saunaweg gehen.“

In anderen europäischen Ländern ist es üblich, nicht nackt zu saunieren

In Skandinavien zum Beispiel sei es völlig normal, in der Sauna zu kommunizieren. In anderen europäischen Ländern sei es üblich, nicht nackt zu saunieren. An bestimmten Terminen steht nun ein abgetrennter Bereich zur Verfügung für all die, die in Badebekleidung oder sogenannte Sauna-Kilts schwitzen wollen. Badebekleidung ist zwar hitzebeständig bis 190 Grad, eines aber ist dennoch Voraussetzung: Die Schwimmsachen dürfen vorher nicht im Chlorwasser getragen worden sein. Wer also baden und saunieren will, muss sich zwei Outfits einpacken.

Saunameisterin Kerstin Röttger empfiehlt statt Badehose und Bikini lieber etwas, das locker sitzt und aus Baumwolle besteht. „In der 90-Grad-Sauna erhitzt unsere Haut um zehn Grad, die Kerntemperatur des Körpers um ein Grad. Der Schweiß soll fließen, er kühlt uns ab.“

Die Baby-Sauna findet an jedem zweiten Sonnabend von 10 bis 14 Uhr statt, nächster Termin für Badehose & Co. ist am Freitag, 22. Dezember, von 18 bis 22 Uhr.

Beide Angebote gelten für die sogenannte „Kleine Sauna“. Die übrige Saunalandschaft ist davon getrennt und unter den üblichen Bedingungen geöffnet.