Bendestorf. Ausstellung im Bendestorfer Filmmuseum: Stars und Filmmotive aus der Sicht von Malschülern und Profis - Uschi Nerke kam zur Eröffnung
Da steht sie: Der Rock des eng anliegenden Lederkleids ultrakurz, ein breiter Gürtel um die Taille, Ketten im Bikerlook im Dekolleté und die langen Beine in hohen Stiefeln. Und dann dieser Blick unter dem dunklen Pony - selbstbewusst, kokett, herausfordernd und irgendwie amüsiert: Uschi Nerke, Moderatorin des Beat Club, der von 1965 bis 72 DIE Kultsendung für Musikfans war.
Männer liebten Uschi wegen ihres Sex-Appeals, Frauen bewunderten sie wegen ihrer Art, sich zu kleiden. Und nun ist sie wieder da: Im Filmmuseum Bendestorf bei der Eröffnung der Ausstellung „Filmreif“ betrachtet Uschi Nerke ihr Portrait. Der amüsierte Blick aus blaugrünen Augen gleitet über die Namen der 415 Bands, die sie damals in der Sendung von Radio Bremen angesagt hat.
Who is Who der Rockgeschichte von Alexis Korner über Jimi Hendrix bis zu Led Zeppelin
Ein Who is Who der Rockgeschichte von Alexis Korner über Jimi Hendrix bis zu Led Zeppelin. „Der Beat Club war die wichtigste Sendung meiner Jugend“, berichtet die 69-jährige Malerin Susanne Dinter, die das Bild geschaffen und die Ausstellung mit dem Titel „Filmreif“ initiiert hat. 23 erwachsene Schüler ihrer Jesteburger Malschule, 13 Kinder und dazu neun Mitglieder des Jesteburger Kunstnetzes zeigen hier, was sie mit dem Thema Film verbinden. Es ist die erste Gemeinschaftsausstellung der beiden Kulturinstitutionen.
An den Wänden: Szenen aus Loriots unvergessen Sketchen wie „Herren im Bad“, der furchterregende weiße Hai, Micky Mouse und die Biene Maja, aber auch Portraits von Schauspielerinnen, die tatsächlich hier in der Heide gedreht haben, damals in den 50er Jahren, in der goldenen Zeit der Filmstudios Bendestorf. Darunter Marlene Dietrich und Hildegard Knef, die im Film „Die Sünderin“ für Sekunden nackt zu sehen und damit Auslöser eines der größten Filmskandale der Nachkriegszeit war.
Anna Bela, eine 26-jährige Jesteburgerin, die vor kurzem in ihrem Heimatort als Illustratorin und Kunstmalerin ein Atelier eröffnet hat und Auftragsarbeiten fertigt, hat sich die Knef zum Motiv genommen. „Eine starke Frau“, findet sie. Eine, die ihr seelenverwandt sei. Immer schon, so sagt Anna Bela, hätten es Frauen in der Kunst schwerer gehabt als Männer.
Emanzipation in Zeiten, in denen das Heimchen am Herd noch weit verbreitet war
Die Knef habe sich davon nicht beeindrucken lassen, sondern ihr Ding durchgezogen. Emanzipation in Zeiten, in denen das Heimchen am Herd noch weit verbreitet war. Über ihre Eltern, beide Knef-Fans, habe sie von der Schauspielerin und späteren Chansonniere erfahren. Und sie in einem Portrait in Szene gesetzt.
Musik des Bendestorfer Gitarristen Uwe Ochsler, der traumschön den Blues zelebriert
Während die Knef kühl und ein wenig unnahbar ins Filmmuseum blickt, wuseln Kinder, Senioren, und ganze Familien durch die Räume, betrachten die insgesamt 40 hier ausgestellten Werke und hören im Produzentenkino die Musik des Bendestorfer Gitarristen Uwe Ochsler, der traumschön den Blues zelebriert.
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Währenddessen hat Uschi Nerke schon wieder Fans um sich geschart. Tommy Smidt, Vorsitzender des Fördervereins Freundeskreis Filmmuseum, und Bendestorfs Bürgermeister Bernd Beierstorf schwärmen von Schülerzeiten, als sie, beide gebürtige Bremer, die schöne Uschi im damals angesagten Club 21 erlebt haben wollen. Und wer hat die Moderatorin selbst damals am meisten beeindruckt? Nicht die Musiker, sondern Mike Leckebusch, der Beat Club-Produzent, verrät die bald 80-Jährige. Statt Moderatorin und Bands mit Regie-Anweisungen zu quälen, habe er ihnen völlig freie Hand gelassen: „Macht einfach das, was ihr wollt. Wir sind für euch da“, soll er den Akteuren vom Regie-Pult zugerufen haben. Die mitreißend-ungekünstelten Live-Aufnahmen von Weltklasse-Bands aus der Beat Club Zeit ziehen Fans noch heute in ihren Bann.
Nur beim Outfit seiner Star-Ansagerin, die von Rudi Carell entdeckt wurde, verstand Leckebusch keinen Spaß. „Damals gab es in Deutschland wirklich keine schicken Klamotten zu kaufen“, erinnert sich Uschi. Also holte sie sich Tipps von einer Freundin, die zuvor in swinging London gelebt hatte. Als Leckebusch erfuhr, dass Uschi schneidern konnte, schickte er sie vor jeder Sendung an die Nähmaschine. Manchmal wurden die Kleider nicht rechtzeitig fertig. Egal, dann wurden offene Nähte eben geklebt. Hauptsache: kurz und sexy.
Die Ausstellung ist bis zum 12. November geöffnet. www.film-bendestorf.de