Gräpel/Drochtersen. 18 Schafe gerissen, 37 eingeschläfert: Die Bilanz eines Wolfsangriffs im Landkreis Stade ist verheerend. Was bislang bekannt ist.
Durch einen mutmaßlichen Wolfsangriff auf eine Schafherde in Gräpel im Landkreis Stade sind laut Informationen der Jägerschaft des Landkreises 55 von insgesamt 112 Tieren getötet worden. Das gab die Jägerschaft am Sonntag in einer Mitteilung bekannt. 18 Schafe seien beim Angriff selbst gestorben, 37 weitere vom Tierarzt eingeschläfert worden. 30 Schafe trugen Verletzungen davon, zwei werden vermisst.
„Der Angriff von einem oder mehreren Wölfen auf eine Schafherde in Gräpel hat wieder einmal gezeigt, dass in den küstennahen Grünlandgebieten die Anwesenheit von territorialen Rudeln dem politischen Ziel ,Weidehaltung’ entgegensteht“, heißt es in der Mitteilung der Jägerschaft, der mehrere mitunter drastische Aufnahmen beigefügt sind.
Wolfsangriff im Landkreis Stade: „Bei uns ist das Maß überschritten!“
Welchem Schäfer die Tiere gehörten, ist nicht bekannt. In ihrer Mitteilung fordert die Jägerschaft für den Betroffenen „eine unbürokratische Hilfe“ und verweist auf die „Auricher Erklärung“, die ein Zusammenschluss mehrerer Jägerschaften gemeinsam im April 2023 veröffentlicht hat.
Darin fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner unter anderem „wolfsrudelfreie Zonen in den küstennahen Landkreisen zum Schutz der für den Deich‐ und Küstenschutz notwendigen und naturverträglichen Nutztierhaltung“.
Des Weiteren fordern die Jäger „die Abgeordneten des Bundes‐ und des Landtages dieser Regionen auf, sich der Sorgen und Betroffenheiten der hier lebenden Menschen anzunehmen und dafür einzutreten“.
Funde zerstückelter Wolfskadaver hatten die Debatte zuletzt wieder angeheizt
Auch aus der Pressemitteilung der Stader Jägerschaft ist die angespannte Haltung der Verfasserinnen und Verfasser deutlich herauszulesen. „Bei uns im Landkreis Stade ist das Maß überschritten! Der Vorfall in Gräpel zeigt, dass schnelles Handeln gefordert ist und der Küsten- und Deichschutz schnelle Antworten benötigt“, heißt es darin vom Vorsitzenden der Jägerschaft Peter Hatecke.
Mit dem aktuellen Vorfall dürfe die Debatte um den richtigen Umgang mit dem Wolf neue Nahrung erhalten. Zuletzt sorgten mehrere Funde zerstückelter Wolfskadaver in Niedersachsen für Entsetzen und emotionale Reaktionen. Im Landkreis Uelzen hatte ein Wolf Ende Juli bei einem Schäfer der Lüneburger Heide zehn Schafe gerissen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte am Donnerstag angekündigt, Lösungsvorschläge für eine ausgewogene Balance zwischen dem Schutz des Wolfes und dem Schutz von Nutztieren vor dem Wolf vorzulegen.
Stephan Weil will „ausgewogenes regional differenziertes Wolfsmanagement“
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) erklärte nach einem Treffen mit Lemke in Berlin am Mittwochabend, die Ministerin habe Vorschläge für ein „praktikableres, einfacheres Handeln bei Nutztierrissen in Aussicht gestellt“. Niedersachsen werde daran mitwirken, ein „ausgewogenes regional differenziertes Wolfsmanagement zu erarbeiten“.
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Zu dem Gespräch in Berlin war auch Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) gereist. Er betonte am Donnerstag, er wolle eine flexiblere Regulierung des Wolfsbestands in einigen Regionen.
In Niedersachsen lebt laut Weil etwa ein Drittel der deutschen Wolfspopulation, allerdings nicht gleichmäßig verteilt über das Bundesland. „Wir haben eine besondere Belastung einzelner Regionen. In diesen Regionen machen wir leider immer wieder die Erfahrung, dass das bestehende rechtliche System uns bei wiederholten Nutztierrissen keine ausreichenden Handlungsmöglichkeiten bietet, um den Wolfsbestand zu reduzieren“, sagte der Regierungschef.