Jork. Die Altländer Obstbauern erwarten in diesem Jahr eine hervorragende Ernte – und haben einen neuen Leckerbissen im Repertoire.
- Das Alte Land vor den Toren Hamburgs ist das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet in Deutschland: Jeder dritte deutsche Apfel kommt von hier.
- Zu den frühen Sorten zählen Delbarestivale und Collina – sie sind bereits knackfrisch in den Hofläden zu haben. Ab Mitte September werden dann die beliebten Hauptsorten wie Elstar und Holsteiner Cox geerntet.
- Dank ausgefeilter Lagertechnik gibt es neben den Frühäpfeln und den Herbstäpfel auch Lageräpfel. Die Vorräte aus 2022 sind allerdings inzwischen aufgebraucht – zur Freude der Altländer Obstbauern.
Rolf Hauschildt kribbelt es in den Fingern: „Ich will endlich loslegen“, sagt er. „Die Äpfel wollen vom Baum.“ Der Obstbauer aus Westerladekop im Alten Land steht in einer seiner Obstplantagen, die knackigen Früchte leuchten rot an den Bäumen – und Hauschild schwärmt: „Menge und Qualität stimmen. Die Äpfel konnten genug Zucker einlagern und schmecken hervorragend. Ich erwarte eine gute Ernte und freue mich, dass die Erzeugerpreise wieder in die richtige Richtung gehen,“ sagt er beim offiziellen Ernteauftakt im Alten Land.
Die Erleichterung ist Hauschildt anzumerken: In den vergangenen zwei Jahren mussten die Obstbauern im Alten Land unter hohen Kosten und geringen Verkaufspreisen leiden. „Mit den Erzeugerpreisen konnten wir eigentlich nicht mehr gesund wirtschaften, zumal auch der Absatz einbrach“, so Hauschildt. „Aber jetzt geht es aufwärts. Die Stimmungslage unter den Obstbauern hellt sich wieder etwas auf. Wir sind positiv gestimmt, dass es ein schönes Apfeljahr für uns werden könnte“, so Hauschildt.
Neue Trendsorte bei der Apfelernte 2023: Die Früchte der eigenen Arbeit ernten
Das Alte Land zeigt sich mit den voll tragenden Obstbäumen nicht nur für Hauschildt und seine Kollegen derzeit von seiner schönsten Seite. In den kommenden sechs Wochen dürfen die Altländer Obstbauern endlich die Früchte ihrer Arbeit ernten und auf ein gutes Ergebnis hoffen.
Das wurde am Wochenende gefeiert: Die Erntesaison wurde von der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen auf Hauschildts Hof mit geladenen Gästen aus dem Obstbau, der Politik und dem Ehrenamt offiziell eingeläutet. Dabei wurde ein Gast schmerzlich vermisst: Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte von den Grünen, die im Gegensatz zu ihren Vorgängern nicht nach Jork gekommen war.
„Ich wünschte mir, dass die Politik hinter uns Obstbauern steht“
Wahrscheinlich wusste die Ministerin, dass es für sie ungemütlich werden könnte, denn es gibt dringenden Redebedarf, wie Claus Schliecker, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen sagte: „Ich wünschte mir, dass die Politik hinter uns steht – und zwar hinter der gesamten einheimischen Produktion, egal ob integriert oder biologisch angebaut“, so Schliecker. „Es wäre fahrlässig, auch diesen Teil der Selbstversorgung preiszugeben und die lokale Lebensmittelerzeugung durch politische Entscheidungen weiter zu gefährden.“
Die Politik müsse die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Obstbauern auch in Zukunft noch Früchte produzieren können, so Schliecker: „Wir haben hier einen Schatz, der unter hohen Umwelt- und Sozialstandards entsteht.“ Leider sei der Gesprächsfaden ins Landwirtschaftsministerium zuletzt abgerissen: „Unsere Anfragen blieben unbeantwortet“, sagte Schliecker.
„Der Handel setzt auf Billigfrüchte aus dem Ausland“
Er appellierte auch an den Handel und an die Verbraucher: „Die großen Player im Lebensmittelhandel haben eine Verantwortung für die Bauern von nebenan – und zwar nicht nur auf dem Werbeplakat. Im Moment sieht das aber anders aus. Der Handel setzt auf Billigfrüchte aus dem Ausland.“
Die Obstbauern im Alten Land bräuchten „faire und auskömmliche Preise“ und Verbraucher, die hinter ihnen und ihren Erzeugnissen stehen: „Noch gibt es uns“, sagte Schliecker. „Und damit es so bleibt, kauft bitte nebenan und regional. Das ist ohnehin das Beste fürs Klima.“
Zahl der Obstbaubetriebe nimmt weiterhin ab
Die Zahl der Obstbaubetriebe im Alten Land ist – wie in Niedersachsen insgesamt – rückläufig. In Deutschlands Agrarland Nummer 1 wurde im Jahr 2022 auf insgesamt 9440 Hektar Baumobst kultiviert, davon 8353 Hektar Äpfel. Die Anbaufläche ist in den vergangenen fünf Jahren zwar insgesamt um 2,9 Prozent gestiegen, aber die Zahl der Obstbaubetriebe hat im gleichen Zeitraum abgenommen. Sie sank von 566 Betrieben im Jahr 2017 auf 492 Betriebe im Jahr 2022. Das entspricht einem Rückgang von 13,1 Prozent und spiegelt den Trend zu weniger, aber größeren Betrieben wider.
„Nach einer desaströsen Zeit mit ruinösen Preisen gucken wir jetzt erstmals wieder zuversichtlich in die neue Saison“, sagte Schliecker. Das Ziel angesichts der nun beginnenden Ernte laute 300.000 Tonnen Äpfel mit hervorragender Qualität. „Das turbulente Wetter hatte keine negativen Einflüsse“, erläutert der Fachmann: „Durch die Sonne im Frühjahr gab es reichlich Zuckereinlagerungen, dann kam genügend Wasser vom Himmel.“
Der befürchtete „Juni-Fall“ des Obstes durch Trockenheit sei ausgeblieben. Die Lagerkapazitäten seien aufgebraucht: „Die Bauern ernten in ein Mengen-Vakuum hinein, das sind gute Voraussetzungen für den Start der Ernte. Auch die Vorräte der Fruchtsaft-Industrie sind weg“, so Schliecker.
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Die insgesamt am häufigsten angebauten Apfelsorten sind Elstar, Jonaprince und Braeburn. Aber die Obstbauern versuchen auch immer wieder, mit neuen Sorten den Geschmack ihrer Kundschaft zu treffen. In diesem Jahr liegt die Sommersorte „Swee Tango“ im Trend, die besonders süß und saftig ist.
In den kommenden sechs Wochen steht viel Arbeit an
„Der Apfel kommt sehr gut an“, sagt Rolf Hauschildt. Er baut den „Trendsetter“ ebenfalls an und verkauft ihn im Hofladen der Familie in Westerladekop.
In den kommenden sechs Wochen steht viel Arbeit an, und der Altländer wird auf seinem 22 Hektar großen Obstbaubetrieb wieder stark gefordert sein, um das Erntejahr gut abzuschließen – auch wenn dabei nicht alles in seinen eigenen Händen liegt: „Hoffentlich haben wir noch ein bisschen Sonne und bitte, bitte keinen Hagel“, wünscht sich der Obstbauer.