Neu Wulmstorf. Zu nass: Kartoffelbauern erwarten ein durchwachsenes Ernteergebnis. Krautfäule bringt Probleme. Was das für die Preise bedeutet.

Mit Spannung sehen die Landwirte in der Region der bald anstehenden Kartoffelernte entgegen – wobei kurz vor dem verspäteten Erntebeginn etwa in der zweiten September-Woche bereits eines feststehen dürfte: Die bei den Deutschen so beliebten Knollen könnten noch teurer werden.

Dabei hatten die Preise für Kartoffeln und andere landwirtschaftliche Produkte nach Zahlen des Statistischen Bundesamt in Wiesbaden bereits im vergangenen Jahr vor allem wegen des Ukraine-Kriegs um rund ein Drittel im Vorjahresvergleich zugelegt.

Kartoffelsaison rund um Hamburg verlief bisher alles andere als optimal

Das war der höchste Anstieg seit 1961. Zwar entsteht der Kartoffelpreis an internationalen und nationalen Börsen und unterliegt oftmals starken Schwankungen. Doch grundsätzlich entscheidend für den Preis der Kartoffeln ist zum einen die angebotene Menge im Verhältnis zur Nachfrage und zum anderen die Qualität des Produkts – und da zeichnen sich Einbußen ab, so die Sorgen der Kartoffelbauern in der Region. Denn ihre Kartoffelsaison verlief bisher alles andere als optimal.

2014 investierte die Familie Hinz aus Wulmstorf in eine neue Kartoffelhalle. Hier hält grünes Licht die Erdäpfel frisch. Foto Lepél
2014 investierte die Familie Hinz aus Wulmstorf in eine neue Kartoffelhalle. Hier hält grünes Licht die Erdäpfel frisch. Foto Lepél © HA | Sabine Lepél

„Im Frühjahr sind wir wegen des Wetters erst spät auf den Acker gekommen, um die Kartoffeln zu pflanzen und jetzt hoffen wir, dass wir uns bei dem vielen Regen keinen Pilzbefall oder Krautfäule eingehandelt haben“, sagt Landwirtschaftsmeisterin Christin Fitschen, die den Hof Hinze im Neu Wulmstorfer Ortsteil Wulmstorf betreibt. Auf dem Bauernhof mit seinen 160 Hektar Ackerfläche und den 430 Schweinen baut die 31-Jährige auf 45 Hektar Kartoffeln an. Sie sind das Hauptgeschäft ihrer Familie.

Die Kartoffeln werden hauptsächlich als Saat-oder Pflanzkartoffeln vermarktet, auf insgesamt rund 15 Hektar kommen Speise- und Stärkekartoffeln für die Herstellung von Kartoffelprodukten hinzu. „Wir haben uns mit unserem Sortiment eher breiter aufgestellt, denn jede Vermarktungsrichtung hat immer wieder ihre Höhen und Tiefen“, sagt die Landwirtschaftsmeisterin. Diese Strategie könnte sich für ihren Familienbetrieb auch in diesem Jahr wieder auszahlen.

Kernprobleme der diesjährigen Kartoffelernte: Zu nass, zu spät, zu heiß, zu nass

Denn der stetiger Niederschlag setzt den Erdäpfeln zu, teilt das Landvolk Niedersachsen mit: „Zu nass, zu spät, zu heiß, zu nass“ – das sind laut Thorsten Riggert die Kernpunkte zur anstehenden Kartoffelernte. Auch der Vorsitzende des Bauernverbands Nordostniedersachsen (BVNON) sieht der Ernte mit Spannung entgegen: „Das Frühjahr war zu feucht und zu kalt, so dass die Auspflanzung vier Wochen zu spät und zudem in nasse Böden erfolgte“, so Riggert.

Und kaum waren die Pflanzkartoffeln im Acker, kam sofort die Hitzewelle. Die Folge: Es wurden weniger Knollen ausgebildet. „Deshalb werden die Pflanzen wahrscheinlich weniger Ertrag bringen“, befürchtet der Kartoffelexperte, zumal der kräftige Niederschlag in den vergangenen Wochen die Krautfäule fördere.

Trotz der nicht optimalen Rahmenbedingungen hofft Christin Fitschen auf einen guten Ausgang der Kartoffelernte, die in diesem Jahr mit etwa zweiwöchiger Verspätung beginnt. 
Trotz der nicht optimalen Rahmenbedingungen hofft Christin Fitschen auf einen guten Ausgang der Kartoffelernte, die in diesem Jahr mit etwa zweiwöchiger Verspätung beginnt.  © HA | Sabine Lepél

Das ist eine Krankheit an Kartoffeln, die durch einen feuchtigkeitsliebenden Pilz verursacht wird. Auch Christin Fitschen fürchtet sie, denn neben den Blättern können auch die Knollen der betroffenen Pflanzen befallen werden. „Diese Fäulnis verbreitet sich rasant und ist manchmal erst im Lager zu erkennen“, sagt die Landwirtin. „Oft fangen die infizierten Knollen erst bei der Lagerung an zu faulen.“

Christin Fitschen ist sicher, dass nicht nur ihre Erträge insgesamt geringer als im vergangenen Jahr ausfallen werden: „So viel kann man voraussagen“, sagt sie. „Aber ich bleibe optimistisch, dass die diesjährige Ernte ein gutes Ende findet wird, denn die Qualität haben wir im Griff. Unsere Kartoffeln sind glatt und gesund. Und das ist das A und O für die Ernte und den Verkauf“, meint die Landwirtin aus Wulmstorf.

Vermarktung der Frühkartoffeln ist als gut zu bewerten, sagt Fitschen

Positiv sei auch die Vermarktung der Frühkartoffeln zu bewerten, die gut laufe, sagt Fitschen. Thorsten Riggert kann diese Aussage unterstreichen: Die Bilanz der Frühkartoffelernte in Norddeutschland falle positiv aus – auch, weil die klassischen Erzeugerländer wie Ägypten und Spanien extrem mit der Trockenheit zu kämpfen hatten und weniger liefern konnten, so der Experte.

Landwirtschaftsmeisterin Fitschen geht davon aus, dass die Verbraucherpreise für die Erdäpfel, die bei ihr aufgrund der Witterung mit einer etwa zweiwöchigen Verspätung ab Mitte September geerntet werden, weiter ansteigen: „Weil die Erträge nicht so gut ausfallen werden und auch noch einiges an Tonnage wegen der Fäulnis wegfallen wird.“ Bei der Direktvermarktung der Knollen in ihrem Hofladen sollen die Preise aber möglichst stabil bleiben, so Fitschen. „Bis jetzt konnte ich sie konstant halten“, sagt die 31-Jährige. Das sei der Vorteil der direkten Vermarktung, die von der Kundschaft auch erwartet werde: „Bei uns ändern sich nicht alle paar Wochen die Verbraucherpreise wie im Supermarkt.“

Landwirtin: „Wir hoffen nun auf einen goldenen September und Oktober“

Trotz der zu erwartenden geringeren Erträge wird es nach Ansicht von Thorsten Riggert keine Versorgungsknappheit geben – auch wenn die Ackerbauern aufgrund der hohen Kosten vor allem für Bewässerung im vergangenen Jahr ihre Kartoffel-Anbaufläche in Niedersachsen um 2000 Hektar auf 122.000 Hektar verkleinert haben. „Wir hoffen nun auf einen goldenen September und Oktober, damit die Kartoffeln gut abtrocknen, aber es wird eine Herausforderung, diese gut aus der Erde herauszuholen“, meint Riggert.