Lüneburg. Zwei Freunde gründen eine Firma in Evendorf: Heute sitzt sie in Lüneburg und ist Branchenführer. Doch geblieben ist eine ganze Menge.
„Gucken Sie mal“, sagt Matthias Kluczinski und streicht mit dem Finger über die Glasscheibe zwischen Flur und Besprechungsraum. „Da sieht man noch die Kratzer der Squash-Schläger. Und da oben“, fährt er fort und zeigt an die Ecke. „Das sind noch die Originallampen von damals.“
Willkommen bei Eurolaser in der Goseburg im Norden von Lüneburg, willkommen im ehemaligen Tropolis Sportzentrum. Wer das heute geschlossene Sportcenter kennt, wird es noch heute wiedererkennen – auch wenn hier seit mehr als zehn Jahren Lasersysteme hergestellt werden. Die Geschäftsleitung hält nicht viel vom Wegschmeißen.
Eurolaser Lüneburg: Gegründet in einer Garage von Matze und Holgi
Gegründet haben Matze und Holgi, wie sich die beiden Freunde und Geschäftspartner nennen, ihre Firma 1994 in der Garage von Matthias in Evendorf. Kluczinski hatte Maschinenbau in Lübeck studiert, Hasse Feinwerktechnik in Wilhelmshaven.
1997 zogen sie mit ihrem Büro in den Technologiepark Hit in Hamburg-Harburg, wenig später mit der Produktion an die Cuxhavener Straße. Von dort ging es 1999 nach Glüsingen, Gemeinde Seevetal, und von dort zehn Jahre später, mitten in der Weltwirtschaftskrise, in die Goseburg.
In Lüneburg schließlich hat sich Eurolaser zu Deutschlands größtem Hersteller für Laser zum Schneiden und Gravieren von Nichtmetallen entwickelt.
Zwei Spürnasen im Sperrmüll: Die beiden Gründer hatten schlicht kein Geld
Schon vor 29 Jahren setzten sie stärker auf den Bummel durchs Dorf am Vorabend der Sperrmüllabfuhr als auf die Einkaufstour im Baumarkt und Möbelhaus. Zwar spielte damals auch das nicht vorhandene Kapital eine Rolle für ihre Art, an Material und Möbel zu kommen – die beiden Gründer hatten schlicht kein Geld, denn ihr vorheriger Arbeitgeber hatte vor dem Konkurs monatelang kein Gehalt ausgezahlt.
Aber es steckte schon damals mehr hinter der Idee, aus zwei kaputten Bohrmaschinen eine heile zu machen. „Man muss nicht alles wegwerfen“, sagt Holger Hasse, 57. Und beim Rundgang durch die Produktions- und Geschäftsräume der Firma, deren Produkte einen weltweiten Markt finden, wird deutlich, wie ernst die beiden Gründer das meinen.
Auf den einstigen Squash-Plätzen stehen heute die Produktionsmaschinen
Wo früher Bälle und Badeanzüge verkauft wurden, liegt heute ein kleiner Besprechungsraum – hinter leicht zerkratzten Glasscheiben, schließlich sind es noch die alten. Auch die Fliesen noch dieselben, warum hätten sie die auch rausnehmen sollen. Nur, damit es neue sind?
Auf den einstigen Squash-Plätzen stehen heute die Produktionsmaschinen, vom Flur abgetrennt durch die Originalglaswände. „Eine gläserne Manufaktur“, sagt Holger Hasse und lacht. „Ist heute total angesagt.“
Eurolaser in Lüneburg: Mit einer Bar wie früher in der Muckibude
Teils liegt noch der Tropolis-Teppich auf dem Boden, teils der Schwingboden des einstigen Ballettraums. Das Parkett im heutigen Casino mit Küche und Tischen für die Pause stammt von den Squash-Courts. „Den haben wir abschleifen lassen und hier neu verlegt“, erzählt Matthias Kluczinski, 57. „Und dort hinten“, er weist in die Ecke mit der Wendeltreppe, „haben wir die Stufen damit ausgelegt.“
Wo die Trainingsgeräte standen, also in der einstigen „Muckibude“, steht tatsächlich noch die Bar. Mit einem Unterschied: Früher gab es Eiweiß-Shakes, heute Kaffee. Auf den ehemaligen Badminton-Plätzen – Originalboden mit weißen Linien – bekommen gebrauchte Maschinen heute ein zweites Leben, „second life“ in Wirtschaftsdeutsch.
Sicherheitstechnik, Software und Laserstrahlquelle kommen auf den neusten Stand, vom Rest der Maschine verwendet Eurolaser 80 Prozent noch einmal: Metall- und Aluminium-Teile zum Beispiel. „Für Start-ups ist das eine super Lösung, weil der Preis der Second-Life-Maschinen relativ niedrig liegt“, sagt Kluczinski.
Eurolaser: Warum einer der Gründer inzwischen ausgestiegen ist
Holger Hasse stieg vor zehn Jahren aus und eröffnete ein Ingenieurbüro. „Ich muss einfach immer mal wieder etwas Neues machen“, sagt er beinahe entschuldigend. Holgi und Matze aber sind noch immer die besten Kumpels – und Hasse hat noch immer seine alten Schlüssel für den Betrieb.
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Dort schreibt Matthias Kluczinski derweil am nächsten Kapitel der Firma: Weil Eurolaser seit Einzug ins Tropolis bis heute von 45 auf 103 Mitarbeitende gewachsen ist, reichen die Räume nicht mehr aus. Die GmbH hat daher das ehemals von Coca-Cola genutzte Gelände in der Boecklerstraße erworben, der Umzug ist für 2029 geplant.
Tochter Tim und beide Söhne werden das Geschäft übernehmen
Was dort passiert, liegt dann weniger in seinen Händen, sondern in denen seiner Kinder. Tochter Kim Dittmer, 29, sowie die Söhne Tommi-Lee Kluczinski und Nic Kluczinski, 21 und 22 Jahre alt, übernehmen dann das Geschäft.
Kim Dittmer ist bereits heute Betriebsleiterin. Die Firma ihres Vaters zu übernehmen, sei eine große Verantwortung, sagt sie. „Dass es ein Familienunternehmen ist, schwingt bei der Arbeit und bei meinen Entscheidungen immer mit. Das ist ein schönes Gefühl – und es ist eine Ehre.“
Und wer weiß, vielleicht nimmt sie ja den runden Glastisch mit beim Umzug in sechs Jahren. Der stammt nämlich noch aus dem ersten Büro in Harburg.