Lüneburg. Übernachtungszahlen in der Hansestadt erreichen neue Spitze. Was gerade junge Touristen an Lüneburg und der Heide schätzen.
So viele Touristen wie noch nie haben im vergangenen Jahr die Hansestadt Lüneburg besucht. Nach zwei Jahren coronabedingter Einbrüche sind die Übernachtungszahlen 2022 nicht nur spürbar gestiegen, die Stadt verzeichnet auch einen neuen Rekord im Tourismusbereich. Mit 372.498 Übernachtungen in Hotels und Pensionen zählte die Lüneburg Marketing GmbH (LMG) deutlich mehr – plus rund vier Prozent – als noch im Jahr 2019. Damals wurden 357.807 Übernachtungen gebucht. Auch in den Jahren zuvor waren die Zahlen stetig gestiegen. Da die durchschnittliche Aufenthaltsdauer seit zehn Jahren konstant bei etwa zwei Tagen liegt, bedeutet der Anstieg der Übernachtungen tatsächlich auch mehr Besucher.
„Wir sind überaus glücklich, die Pandemie ist überwunden“, sagte Melanie-Gitte Lansmann, Geschäftsführerin der LMG, bei der Vorstellung der aktuellen Zahlen am Mittwoch im Lüneburger Rathaus. Dies sei eine sehr gute Nachricht, betonte auch Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch. „Der Tourismus ist für Lüneburg ein echter Wirtschaftsfaktor.“ In die nun vorgestellte Übernachtungsstatistik für Lüneburg fließen nur die 23 Unterkünfte mit mindestens zehn Betten ein, noch hinzu kommen die zahlreichen kleineren Pensionen, Ferienwohnungen und Air B’n’Bs.
Auch die Fans der ARD-Telenovela „Rote Rosen“ kommen zuverlässig in die Stadt
Die meisten Besucher kommen aus Deutschland, gefolgt von Touristen aus Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz, Großbritannien und den USA. Besonders viel Zeit verbrachten Gäste aus China und Kanada in Lüneburg.
Und auch die Fans der ARD-Telenovela „Rote Rosen“ kommen zuverlässig in die Stadt, etwa jeder vierte Besucher nutzt ein Angebot aus diesem Bereich, zum Beispiel eine Themenstadtführung. Die Bekanntheit der Telenovela sorge weiterhin für viele Touristen, sagt Lansmann. „Aber natürlich haben wir auch neue Zielgruppen im Blick, denen wir Lüneburg als riesengroßes Open-Air-Museum nahebringen wollen.“
Auf junge Menschen will sich das Stadtmarketing noch stärker konzentrieren
Für den neuen Besucherrekord gibt es aus Sicht der Marketingchefin gleich mehrere Gründe. Die Stadt profitiere vom Trend zum Deutschlandurlaub, sagte sie. „Lüneburg kann außerdem mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen, hier ist der Urlaub noch erschwinglich.“ Dies könnte dazu beigetragen haben, dass Familien, Radurlauber und Naturliebhaber vermehrt die Stadt für sich entdecken.
Vor allem jüngere Menschen machen zunehmend Urlaub im eigenen Land, auch um den mit der Reise verbundenen CO2-Abdruck möglichst gering zu halten. Auf diese Zielgruppen will sich das Stadtmarketing in Zukunft noch stärker konzentrieren, zum Beispiel mit Angeboten speziell für Kinder. Unterstützung kommt dabei vom neuen Maskottchen, eine plüschige Salzsau namens „Lüsalie“.
Studenten der Leuphana-Universität entwerfen derzeit neue Radrouten
Auch die Fahrradfahrer nehmen mittlerweile einen festen Platz im Marketingkonzept ein. „Da beobachten wir eine starke Nachfrage, alle haben die Bewegung in der Natur für sich entdeckt“, sagt Lansmann. Deshalb soll gemeinsam mit der Stadt und den umliegenden Gemeinden das Radnetz sowie die Fahrradstraßen in und um Lüneburg stetig erweitert werden. Zudem entwerfen Studenten der Leuphana-Universität derzeit neue Radrouten, die in der Saison 2024 umgesetzt werden sollen. Innerhalb der Stadt gibt es bisher zwei geführte Touren für Radfahrer.
Generell werden die Urlaubstypen vielfältiger, darauf stellt sich die Stadt ein. „Wir bemerken eine Zunahme von Gästen, die mit dem Wohnmobil oder der Bahn anreisen“, sagt Judith Peters, Leiterin der Tourist-Information. Um auch Kreuzfahrttouristen auf Lüneburg aufmerksam zu machen, kooperiert die Marketing GmbH mit Reedereien, deren Schiffe im Hamburger Hafen anlegen. Angebot für kulturinteressierte Besucher werden wiederum in Zusammenarbeit mit den Museen und dem Theater der Stadt erarbeitet. In Kooperation mit dem Lüneburger Verein Rolli Event sollen die touristischen Angebot für Menschen mit Behinderungen verbessert werden.
„Wir sind noch weit von Overtourism entfernt“
Ein fester Programmpunkt für viele Besucher der Hansestadt ist eine der ungewöhnlich vielen Stadtführungen, ob kostümiert, historisch, themenbezogen oder klassisch. „An manchen Tagen im Sommer gibt es in Lüneburg mehr als 50 Stadtführungen“, betonte die Marketingchefin. In diesem Jahr kommen neue Themenführungen hinzu, zum Beispiel mit dem „Medicus von Lüneburg“ und über die Verbindung von „Weißem Gold und schwarzer Asche“. Auch die Führungen durchs Rathaus und seine besonderen Säle werden ausgebaut.
Die Gefahr, dass zu viele auswärtige Besucher die 80.000-Einwohner-Stadt überfordern könnten, sieht Lansmann für Lüneburg nicht. „Wir sind noch weit von Overtourism entfernt. Und unsere Angebote richten sich auch immer an die Bürger der Stadt.“ Für die Zukunft sieht sie große Chancen für den Lüneburger Tourismus in Kooperationen mit dem weiteren Umland. „Wir arbeiten in der Metropolregion eng zusammen, um die Destination Norddeutschland weiter zu stärken. Da gibt es noch viel Potenzial.“
Die Lüneburger Heide zählte 2022 erstmals mehr als sechs Millionen Übernachtungen
Ein ähnlich gute Entwicklung wie die Hansestadt verzeichnet die Lüneburger Heide. Die Region zählte im vergangenen Jahr erstmals mehr als sechs Millionen Übernachtungen. „2022 hat sich ausgezahlt, dass wir auch in der Coronazeit unsere Arbeit nicht eingestellt, sondern eher verstärkt haben“, sagt Ulrich von dem Bruch, Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH. Besonders gefragt sind in diesem Jahr Radferien sowie kostengünstige Unterkünfte für Familien.
Das Wanderangebot wurde weiter ausgebaut, so entstanden am Heidschnuckenweg neue Rundwanderwege, die sogenannten Heideschleifen. Für 2023 gibt von dem Bruch nur eine vorsichtige Prognose ab. Zwar buchen sowohl jüngere Familien als auch aktive Senioren, die sogenannten Best Ager, wieder häufiger Urlaub in der Heide. „Das aktuelle Tourismusjahr kann aber niemand voraussagen. Wir liegen derzeit über unser Buchungsportal fast 30 Prozent im Plus, aber große Gästegruppen fehlen noch komplett“, sagt von dem Bruch. „Die große Frage ist, ob es nach dem Erhalt der Nebenkostenabrechnungen noch zu einer Last-Minute-Welle kommt.“