Lüneburg. Für die Reinigung von Medizinbesteck haben Krankenhäuser spezielle Waschstraßen. Einblick in eine Parallelwelt unterm OP.
Keime im Krankenhaus können lebensbedrohliche Folgen für geschwächte Patienten haben, vor allem die Operationssäle und alle dort verwendeten Instrumente müssen deshalb penibel rein gehalten werden. Die Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von OP-Besteck, Zangen, Klammern und mikroinvasiven Geräten erfordert eine akkurate Abfolge von Schritten aus Waschen, Spülen und Dampfen in speziellen Maschinen. Wie dieser Prozess im Hintergrund des Klinikalltags funktioniert, zeigt ein Besuch im Klinikum Lüneburg.
Der Eingang zur Waschstraße liegt nur wenige Schritte entfernt vom Haupteingang des Krankenhauses. Durch eine breite Glastür mit der Aufschrift „AEMP“ geht es zur Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte. In den vergangenen drei Jahren wurde der Bereich umfassend saniert, drei Millionen Euro waren dafür notwendig. Seit Kurzem ist der Umbau abgeschlossen, alle neuen Geräte sind nun in Betrieb.
Hygiene im Krankenhaus: Reinigung der Medizinprodukte erfolgt in mehreren Schritten
Anders als in vielen anderen Krankenhäusern liegt der Bereich nicht im Keller, sondern im Erdgeschoss, durch die Fenster fällt Tageslicht herein. Dennoch ist die AEMP, die direkt unter dem Operationsbereich liegt, streng getrennt vom Rest des Hauses. Durch einen Fahrstuhl, zu dem Menschen keinen Zutritt haben, gelangen die benutzten OP-Instrumente und weitere Geräte aus dem Klinikbetrieb in die erste Station der Aufbereitungsanlage.
„Oben wurden sie schon vorgereinigt, hier kommen sie dann direkt in ein Reinigungsdesinfektionsgerät“, erklärt Matthias Fahl, der sich als erfahrener Mitarbeiter genau mit den Abläufen auskennt. Vier solcher Geräte stehen in der Endoskopie-Aufbereitung, sie sehen aus wie Spülmaschinen mit jeweils drei Körben. In jeden Korb kommt ein Endoskop, Brontoskop, Protoskop und Gastroskop, mit denen kurz zuvor noch minimalinvasive Eingriffe durchgeführt wurden. Sie werden nicht nur hineingelegt, sondern auch angeschlossen – das Spülwasser muss auch durch die feinen Schläuche hindurch fließen.
Kampf gegen Keime: Geräte und Besteck aus dem OP werden desinfiziert und sterilisiert
Sobald ein Mitarbeiter den Startknopf aktiviert, beginnt die chemothermische Desinfektion, die eine knappe Stunde dauert. Besonders heiß muss das Wasser trotz der hohen Hygieneanforderungen nicht sein. „Bei 36 Grad Celsius wird die Chemie im Desinfektionsmittel aktiviert“, sagt Matthias Fahl. Die Maschinen sind täglich von acht bis 19 Uhr im Einsatz. Kommt nachts Nachschub aus einem der zehn OP-Säle, werden die Endoskope in speziellen Schränken aufgehängt und angeschlossen, sodass Luft durch die Schläuche gepustet wird. Morgens geht es dann direkt in die Waschstraße.
Auf die Desinfektion folgt für einen Teil der Instrumente die Sterilisation. Den Unterschied erklärt Hygienefachkraft Markus Diez. Mit seinen Kollegen aus dem Hygienebereich ist er dafür zuständig, dass die externen Regularien an die Gegebenheiten im Lüneburger Klinikum angepasst werden.
„Bei der Desinfektion bleiben am Ende einige Keime übrig, allerdings keine kritischen. In der zugelassenen Anzahl sind sie für Menschen nicht krankmachend“, sagt Diez. „Bei der Sterilisation dagegen ist das Ziel die Keimfreiheit.“ Für einige gynäkologische Untersuchungsinstrumente reicht die gründliche Desinfektion, OP-Instrumente werden immer sterilisiert.
Neben dem kleinen Raum für die Endoskope liegt ein größerer, er erinnert an eine Großküche: Blitzblanke Oberflächen aus Edelstahl, hohe Regalwagen mit Körben und Containern und weitere Reinigungsgeräte, die wie große Spülmaschinen aussehen. Eine Mitarbeiterin zieht einen Transportwagen aus dem Fahrstuhl und beginnt, die Container – 30 mal 30 mal 60 Zentimeter große Kisten – abzuladen. Früher wurde die Container per Hand gereinigt, jetzt kommen sie in eine mannshohe Waschmaschine.
Hygienefachmann: „Hände sind Übertragungsmedium Nummer 1 von Keimen“
An den Wänden sind auch hier Desinfektionsspender angebracht. Denn, so betont Hygienefachmann Markus Diez: „Die Hände sind das Übertragungsmedium Nummer 1.“ Die OP-Instrumente werden in Körbe sortiert und landen ebenfalls in Reinigungsdesinfektionsgeräten, die zusammen eine gesamte Seite des Raums einnehmen. Diese reinigen so gründlich, dass auch Multiresistente Keime (MRSA) abgetötet werden. Im gesamten Prozess kommt entmineralisiertes Wasser zum Einsatz, das im Klinikum hergestellt wird.
Durch die Glastüren auf beiden Seiten der Geräte ist nicht nur der Inhalt zu sehen, sondern auch die nächste Station. Denn die Maschinen sind sogenannte Durchlader: Sie werden von der einen Seite befüllt und auf der anderen Seite entleert.
Die Bereiche der Aufbereitungseinheit sind durch Hygieneschleusen getrennt
Für Menschen ist dieser Bereich nur über eine Schleuse zu erreichen, das frisch desinfizierte Material darf nicht kontaminiert werden. Wer auf die andere Seite will, muss OP-Kittel, Haube und Füßlinge überziehen. In dem sogenannten reinen Bereich werden die Instrumente noch einmal gründlich kontrolliert – jeder Arbeitsplatz ist mit einer großen Lupe ausgestattet – und wieder für die anstehenden Operationen vorbereitet.
Anhand von detaillierten Listen stellen die Mitarbeiter die Sets zusammen und verpacken sie in spezielle Tüten aus Sterilisationspapier. Was nicht direkt benötigt wird, lagert in großen Schränken mit breiten Schubladen. Fein säuberlich aufgereiht liegen darin zahlreiche Scheren, Pinzetten und andere Instrumente in vielen verschiedenen Größen.
Auslagerung von Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte birgt Risiken
„Die Aufbereitung wird immer aufwendiger“, sagt Bereichsleiterin Lisa-Lore Meyer. Auch deshalb ist sie froh über die Modernisierung der Einheit, die nicht nur technisch auf dem neuesten Stand ist, sondern auch eine angenehme Arbeitsumgebung bietet. 16 Menschen arbeiten in der Aufbereitungseinheit, sie sind als Technische Sterilisationsassistenten ausgebildet und können je nach Grad ihrer Ausbildung bestimmte Aufgaben übernehmen.
Einige andere Häuser hätten diesen Prozess in der Vergangenheit an externe Anbieter ausgelagert, sagt Meyer. „Aber das hat mehr Schaden angerichtet als Nutzen gebracht.“ Durch lange Wege und beim Transport beschädigte Instrumente seien höhere Kosten entstanden als bei der internen Aufbereitung.
Krankenhaushygiene: Sicherheit steht in der Waschstraße an erster Stelle
Im letzten Aufbereitungsschritt kommen die Päckchen in die Sterilisatoren, die sogenannten Autoklaven. Nach sieben Minuten Sterilisationszeit bei 134 Grad sind sie fertig. Für besonders empfindliche Geräte gibt es einen Niederdrucksterilisator, der nur auf 55 Grad aufheizt.
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„Der Dampf wirkt durch das Papier hindurch“, erklärt Markus Diez. Durch Überdruck und Unterdruck wird die verbliebene Luft verdrängt, bis ein Vakuum entsteht. „Dieses Prinzip wird seit Anfang des 20. Jahrhundert genutzt. Schon damals wurden medizinische Instrumente mit heißem Dampf sterilisiert.“
Auf der anderen Seite kontrolliert ein Mitarbeiter anhand verschiedener Indikatoren, ob der Prozess plangemäß verlaufen ist. So verändert zum Beispiel ein Streifen an der Verpackung durch die Dampfeinwirkung seine Farbe. Die Freigabe wird ebenso wie alles vorangegangenen Schritte genau dokumentiert. Um einen sicheren Aufbereitungsprozess zu garantieren, steht zudem einmal im Jahr eine Überprüfung der Geräte an.
„Wenn hier ein Fehler auftritt, kann das unmittelbare Auswirkungen auf die Patienten haben“, betont Matthias Fahl. „Schon eine Kleinigkeit kann oben im OP einen worst case auslösen. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir sehr genau arbeiten und hier unten 100 Prozent geben.“ Ist alles in Ordnung, treten die gereinigten Instrumente treten wieder den Weg nach oben an – für einen erneuten Einsatz im Krankenhausalltag.