Tostedt. Die Zahl tödlicher Badeunfälle ist dramatisch gestiegen. Unachtsamkeit spielt oft eine Rolle. Wovor die DLRG-Helfer im Kreis Harburg warnen.

Baden und Schwimmen gehören für viele Menschen zum Sommer dazu wie der Besuch der Eisdiele. Allerdings hat die Zahl der Badeunfälle deutlich zugenommen. Immer wieder enden sie tödlich. So sind nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im Vorjahr in Deutschland 355 Menschen ertrunken – 56 mehr als 2021. Von der DLRG ausgebildete Rettungsschwimmer geben ihr Bestes, doch sie können nicht überall sein.

Eltern, die im Freibad lieber auf ihre Handys gucken, statt ihre Kinder im Blick zu behalten, sind Margret Holste, Vorsitzende der DLRG Ortsgruppe Tostedt ein Dorn im Auge. „Ein Nichtschwimmer sollte nicht weiter als eine Armlänge entfernt sein“, mahnt die erfahrene Rettungsschwimmerin. Schwimmhilfen, wie Schwimmflügel und Schwimmringe bieten nur bedingte Sicherheit, können etwa beim Sprung ins Wasser verrutschen.

Mit einem Nichtschwimmer nur dort ins Wasser gehen, wo er noch stehen kann

Wer mit jemandem zum Schwimmen geht, der sich im Wasser unsicher bewegt, ganz gleich ob aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung oder seines jungen oder hohen Alters, sollte diesen gut im Blick behalten und nur dort mit ihm schwimmen gehen, wo er noch stehen kann. Wenn man jemanden schwimmerisch retten muss, ist es sinnvoll, eine Auftriebshilfe, wie zum Beispiel einen Rettungsball oder Gurtretter zu verwenden.

„Bei Gefahr im Verzug sollte unbedingt der Notruf 112 gewählt werden, der dann die Rettungskräfte über die Leitstelle alarmiert“, rät die Tostedter DLRG-Vorsitzende.

Zahl der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, hat sich verdoppelt

Um so wichtiger ist es, beizeiten schwimmen zu lernen. Jedoch hat sich nach Angaben der DLRG die Zahl der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, seit 2017 von zehn auf 20 Prozent verdoppelt. Hat ein Kind sein „Seepferdchen“ gemacht, so ist das ein guter Anfang. Als sicherer Schwimmer gilt man ab Erwerb des Deutschen Schwimmabzeichens Bronze (Freischwimmer).

Ambitionierte Ehrenamtliche der DLRG geben im Sommer in den Freibädern und im Winter in den Hallenbädern entsprechenden Unterricht. Auch zur Erlangung weiterer Schwimmabzeichen und Rettungsschwimmabzeichen. Wer Schwimmer und Rettungsschwimmer ausbilden möchte, der wird zunächst Ausbildungshelfer, dann Ausbildungsassistent und kann später, wenn er einen Lehrschein gemacht hat, Prüfungen abnehmen.

Hanna (links) und Charline sammeln im Freibad Erfahrungen als Ausbildungshelferinnen.
Hanna (links) und Charline sammeln im Freibad Erfahrungen als Ausbildungshelferinnen. © HA | Marion Wenner

Anzahl der Ausbilder hat sich erhöht. Sie alle arbeiten ehrenamtlich

Alle, die diese Angebote in Anspruch nehmen möchten, sollten nach einem Probetraining Mitglied der DLRG werden. In Tostedt etwa ist nicht nur die Zahl der DLRG-Mitglieder von 86 im Jahr 2014 auf 254 in diesem Jahr gestiegen. Auch die Anzahl der Ausbilder hat sich erhöht. Sie alle arbeiten ehrenamtlich. Zwei Lehrscheininhaber, drei Ausbildungsassistenten und sechs Ausbildungshelfer sind den rund hundert Kindern und Erwachsenen bei der Schwimmausbildung behilflich. Zwei Mal wöchentlich findet sie in den frühen Abendstunden im Tostedter Freibad statt.

Ihre Begeisterung für das Schwimmen pflegen die Tostedter Ausbildungshelferinnen Hanna (14) und Charline (15) seit vielen Jahren. Vielleicht werden sie auch mal an einem der rund 70 Küstenabschnitte von Ost- und Nordsee zwei Wochen beim Wasserrettungsdienst mitmachen – Aktiv-Urlaub bei Kost und Logis.

An unbewachten Badestellen hingegen sollte man besondere Vorsicht walten lassen. So sind 87 Prozent der tödlichen Badeunfälle in Binnengewässern passiert, in Seen und Flüssen. „Große Flüsse wie die Elbe eignen sich schon aufgrund der oftmals starken Strömung und des Schiffsverkehrs nicht zum Baden“, erklärt Margret Holste.

DLRG rettete Jugendlichen aus Todtglüsinger Baggersee. Ein Mann starb dort

Seen und Baggerseen sind meist nicht bewacht. So mussten Einsatzkräfte der Tostedter DLRG etwa im Mai vergangenen Jahres einen Jugendlichen aus dem Todtglüsinger Baggersee retten, und drei Monate später konnte ein Mann nach langer Suchaktion nur noch tot daraus geborgen werden.