Tostedt. „Genau richtig verhalten!“ – Jugendgruppe am Ufer in Todtglüsingen wählt lieber den Notruf statt auf eigene Faust aktiv zu werden.

Bei den sommerlichen Temperaturen der letzten Tage verbringen wieder mehr Menschen die Sonnenstunden an Bade- und Baggerseen. Die Gefahr in kalten Gewässern wird schnell unterschätzt. Das musste ein 15-Jähriger am Sonnabend in Tostedt erfahren. Er genoss mit seinen Freunden die Abkühlung im Baggersee in Todtglüsingen.

Der Jugendliche schwamm kurz vor Sonnenuntergang allein zu einem Holzponton in der Mitte des Sees. Dort merkte er, dass die Kräfte nachließen und ihm kalt wurde. Er hatte keine Kraft mehr zurückzuschwimmen. Seinen Freunden am etwa 80 Meter entfernten Ufer rief er zu, dass sie Hilfe holen sollten. Die Jugendgruppe wählte den Notruf.

Rettungsleitstelle schickte die Feuerwehren Todtglüsingen und Tostedt

Die Rettungsleitstelle schickte die Feuerwehren Todtglüsingen und Tostedt. Zur Unterstützung riefen die Feuerwehrleute die Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Da die Sanitäter und Rettungsschwimmer im Tostedter Ortskern zur Absicherung einer Veranstaltung waren, trafen sie innerhalb weniger Minuten am Baggersee ein. Ein DLRG-Wasserretter schwamm zum erschöpften Jugendlichen. Auch Margret Holste, Vorsitzende der DLRG Ortsgruppe, schwamm zu dem Ponton. „Wir haben den Jungen mit einer Decke aufgewärmt und beruhigt”, sagte Holste.

„Einer ist vorgeschwommen und hat ihn gezogen. Ich habe mit ihm geredet“

Dann legten die beiden Rettungsschwimmer dem 15-Jährigen eine Auftriebshilfe an und begleiteten ihn ins Wasser. „Einer von uns ist vorgeschwommen und hat ihn gezogen. Ich bin hinterher und habe mit ihm geredet“, erzählte die erfahrene Rettungsschwimmerin. Sicher am Ufer angekommen, bekam der Jugendliche eine wärmende Decke. Feuerwehrleute und Sanitäter kümmerten sich um ihn und trugen ihn in den warmen Rettungswagen. Sanitäter versorgten ihn dort wegen einer Unterkühlung. „Er war kaputt und müde“, sagte Holste.

Wie sich der 15-Jährige und seine Freunde verhalten haben, stößt bei den Rettern auf große Anerkennung. Der Junge habe sich in dieser Situation genau richtig verhalten, indem er nicht versucht habe, alleine zurückzuschwimmen. „Auch seine Freunde haben alles richtig gemacht und nicht versucht, ihn zu überreden, selbst ans Ufer zu schwimmen, sondern Hilfe geholt”, so Margret Holste. Denn die Gefahr eines lautlosen Ertrinkens sei real und kam in den vergangenen Jahren viel zu oft in unbeaufsichtigten Gewässern im Landkreis vor.

Beim Sprung ins kalte Wasser können sich Blutgefäße zusammenziehen

„Wenn man überhitzt ist und ins kalte Wasser springt, ziehen sich die Blutgefäße zusammen. Man kann zum Beispiel Kreislaufprobleme bekommen”, erklärte die DLRG-Retterin. Obwohl die Außentemperaturen in der Sonne schon 30 Grad erreichen, liegt die Wassertemperatur etwas unter der Oberfläche im Todtglüsinger Baggersee bei nur zwölf Grad.

Auch die Folgen der Corona-Pandemie bereiten den Rettern Sorge. In den vergangenen Jahren gab es geschlossene oder nur begrenzt zugängliche Hallen- und Freibäder. Viele Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene hätten nicht mehr die Übung beim Schwimmen. Wenn sie dann an einer unbeaufsichtigten Badestelle ins Wasser gehen, steigt die Gefahr.

Tödliche Unglücke vor allem in Binnengewässern ohne Badeaufsicht

Zwei Drittel aller tödlichen Badeunglücke ereigneten sich 2021 in Binnengewässern ohne Badeaufsicht. Dabei spielten Untiefen und unerwartet kalte Strömungen eine Rolle. „Manchmal überschätzt man auch einfach seine Kräfte. Das passiert den Besten“, so Margret Holste. Dann solle man lieber auf Hilfe warten, damit die Notsituation so glimpflich ende wie in Tostedt.